The Cure


Schon am frühen Nachmittag lungern bleichgesichtige, schwarzweiß gekleidete Robert Smith-Verschnitte männlichen und weiblichen Geschlechts herum und lauern darauf, ihr Idol zu Gesicht zu bekommen oder wenigstens noch ein zurückgegebenes Ticket für die Show zu ergattern. Viele der Ticketlosen stehen noch Stunden später an derselben Stelle — sichtlich entmutigt. Ein Cure-Fan gibt eben nicht so schnell seine Karten zurück.

In der Halle harren 17000 Glückliehe der Dinge, die da kommen mögen. Ein Donnerschlag ertönt,— und über dem vorderen Bühnenrand entrollt sich eine Leinwand mit der Abbildung eines scharlachroten Mundes — das Motiv des letzten Albumcovers. Der überdimensionale Kußmund dient zur Einstimmung auf „The Kiss“, mit dem Robert und seine Exzentriker ihren Einstand geben.

Schlag auf Schlag folgen brandneue Songs — und The Cure tauchen ihr Publikum in ein Wechselbad der Stile — mal hypnotisch und etwas depressiv mit „Torture“, dann wieder funkig mit „Hot, Hot, Hot“. Zwischendurch immer wieder betagte Knüller, etwa „Love Cats“ oder „Charlotte Sometimes“. die alle, wie auch die ganz alten aus der Prä-Pop Ära der Band, ausnahmslos mitgesungen werden. Kein Wunder, denn nicht nur der Sound ist exzellent — dank der Mega-Anlage. die sich The Cure von Pink Floyd ausgeliehen haben —, die Gruppe klingt jetzt live auch sehr viel frischer, druckvoller und harmonischer als früher.

Robert hält dafür im Gespräch am Tag darauf auch eine plausible Erklärung parat: „Wir verstehen uns jetzt privat besser als je zuvor, und das wirkt sich natürlich auch auf die Zusammenarbeit auf der Bühne aus.“ Hinzu kommt, daß sich die Cure als Konzert-Verstärkung John MacDonald. den Ex-Keyboarder der Psychedelic Fürs, geholt haben. Er entlastet indirekt auch Robert — und der singt neuerdings sogar richtig.

Daß Robert stimmlich so gut durchhält, liegt wohl auch daran, daß er sich mit Bewegungen auf der Bühne extrem zurückhält. Nur ab und zu schlurft er zum Bühnenrand, um sich schwerfällig zum Publikum zu beugen.

Die Lightshow ist sparsam, aber effektiv. Die Bühne ist — passend zur Musik und Kleidung der Musiker — in dunklem Licht gehalten. Giftgrüne, pinkfarbene und blutrote Scheinwerfer hüllen die Sechs in genau abgezirkelte Lichtkegel oder strahlen sie von hinten an.

Als die Zuschauer nach gut zwei Stunden und drei Zugaben-Sets aus dem Madison Square Garden strömen, fällt auf, daß die Zusammensetzung im Unterschied zu früheren Tourneen sehr gemischt ist. Viele der Kids im durchgeistigten Bleich-Look oder in edler Beach Party-Montur hätte man auch am Abend zuvor beim Madonna-Konzert in New Jersey treffen können.