The Divine Comedy – München, Kleine Elserhalle


Großpop, Melodrama, Grandezza und alberne Pferdelieder: die göttlichen Irischen beglücken die Irdischen

Wenn man wie dieser verwöhnte Reporter hier das ziemlich unschätzbare Privileg hatte. The Divine Comedy zuletzt zweimal mit großem Orchester in prunkvollen Theatern (aah, Paris!) bzw. auf zauberhaften Open-Air-Bühnen (ooh, Haldern!) zu sehen, muss man sich erst mit der Tatsache arrangieren, dass Neil Hannons Lebensprojekt auch als normale Popband inkarnieren kann. Nun ja, „normal“: Da stehen dann auch gleich mal acht Leute auf der Bühne, aber eine Violine, ein Cello und null Bläser – da liegt der Schwerpunkt naturgemäß eher auf Pop-Kammerspiel als auf der ganz verschwenderischen Geste. Aber Pop und Pomp sind ja nur ein M auseinander und im Verschmelzen der beiden ist Neil Hannon ein, wenn nicht der Meister. Schon perlen sie daher, die Hits, leichtfüßig, charmant, ohrwurmig, dabei immer gern mit einem scharfzungigen Text in der Hinterhand: das (vielleicht etwas über Gebühr) angekitschte „Mother Dear“, „Alfie“, „Generation Sex“. „Something ForThe Weekend“, das meisterhaft melodramige „Lady Of A Certain Age“. Schade nur, dass der Mischer – oder ist es die mangelnde Eingespieltheit der Band? – der Herrlichkeit entgegenwirkt. Der schlechte Sound tut den filigranen Songs gar nicht gut. doch sind sie stark genug, sich im Matsch des Getrümmers zu behaupten.

„Afterthis I need a ziggy“, sagt Hannon nach dem Ausflug in „Your Daddys Car“, ruft gut gelaunt die Horde Enthusiasmierter zur Ordnung, die in einem fort Songwünsche nach vorn plärrt und zelebriert dann zum dramatischen „The Plough“ einen so vollendet stilvollen Zigarettenrauchvorgang, dass man schon mal vorab den Zeiten nachtrauert, als so was auf Bühnen in Clubs noch erlaubt war. Pünktlich zum letzten Beat des Songs kommt: der Stromausfall. Jetzt erweisen sich die penetraten Liedwünscher als nützlich. „My Lovely Horse!“ wird gerufen; Hannon lacht, winkt ab – und spielt dann tatsächlich zur Akustischen das alberne Nonsens-Lied („My lovely horse, you’re a ponyno more /running around with a man on yourbock, like a troin in the night) mit dem schweren Kultstatus, das er einst für die Comedy-Serie „Father Ted“ (Tipp: DVD besorgen, schauen, kugeln] schrieb. Man lacht und blödelt und da will dann auch der Strom nicht länger fern bleiben und weiter geht’s mit mehr tollen Liedern und miesem Sound. Am Ende des Sets – möge diese Tradition nie erlöschen: „Tonight We Fly“, der Song, der einen immer wieder aus den Schuhen hebt. Man möchte den ganzen Saal umarmen, aber keine Zeit: Die Zugaben kommen, „Die A Virgin“ und der unverwüstliche „National Express“. So könnte es noch lange weitergehen. Tut es leider nicht. Oder auch doch, weil man die Melodien ewig nicht mehr aus dem Kopf kriegt. Ah, The Divine Comedy. Was für ein Glück für die Irdischen.