The Greatest Ears in Town: The Arif Mardin Story
Unschlagbares Gehör: Von einem der auszog, um die Kunst des Produzierens zu erlernen.
Mag Timbaland gegenwärtig auch als erfolgreichster Studiotüftler auf Erden gelten, es bleibt abzuwarten, ob er dem 2006 verstorbenen Berufskollegen Arif Mardin in punkto Kreativität, Innovation und Erfolg jemals das Wasser reichen kann.Über Jahrzehnte fungierte die amerikanische Produzentenlegende mit türkischen Wurzeln als kongeniale Schaltstelle, die internationale Karrieren erst möglich machte. Den studierten Ökonomen und Sohn einer aristokratischen Familie aus Istanbul faszinierte der radikal unkommerzielle Bebop der Jazz-Ikonen Dizzy Gillespie und Charlie Parker, dank eines Stipendiums der Jazz-Koryphäe Quincy Jones wechselte er von der London School Of Economics ans renommierte Bostoner Berklee College Of Music. Von da ab war der Weg vorgezeichnet.Im Gespann mit Tom Dowd und Jerry Wexler avancierte er zum Produzenten-Genie beim unabhängigen R&B-Label Atlantic, das seit 1947 von den ebenfalls in die USA emigrierten türkischen Landsleuten Ahmet und Nesuhi Ertegun geleitet wurde und sich Mitte der 60er-Jahre in einer stilistischen Umbruchphase befand. Der Rest ist Geschichte, aufbereitet in der 104 Minuten langen Dokumentation THE GREATEST EARS IN TOWN: THE ARIF MARDIN STORY. Er entdeckte und betreute unzählige Talente, so formte er etwa aus dem britischen Pop-Girlie Dusty Springfield die „Queen Of Memphis Soul“ und empfahl den erfolglosen Bee Gees auf den Disco-Zug zu springen.So unterschiedliche Künstler wie Diana Ross, Queen, Carly Simon, Chaka Khan, Daryl Hall, David Sanborn und Dr. John profitierten von seiner Studioarbeit, doch seine letzte große Entdeckung, Norah Jones, schoss letztlich den Vogel ab: Mit dem von Mardin produzierten Debüt COME AWAY WITH ME kassierte sie 2002 auf Anhieb acht Grammy Awards und verkaufte in Zeiten der Absatzkrise 20 Millionen Exemplare.
Mike Köhler – 05.10.2010