The Notwist & Andromeda Mega Express Orchestra im Volkstheater, München
Mark Hollis, kannst du das hören!? Die ewigen Weilheimer lassen uns einen Blick auf ihren beeindruckend weiten Horizont werfen.
Wetten, Markus Acher wusste am Morgen noch nicht, welches T-Shirterauf der Bühne tragen wird – am zweiten Abend des dreitägigen Gastspiels von The Notwist plus Andromeda Mega Express Orchestra im Münchner Volkstheater. Es ist diesem Frontmannverneiner, der seine wortkargen Texte mit dünner, dennoch nachdrücklicher Stimme dem Mikro flüstert, als könnte es ein Geheimnis bewahren, egal. (Es ist ein Shirt des Labels Morr Music. Aber wie gesagt: egal. The Notwist sind live ein Quintett, und zumeist haben sie den Blick nach innen gewandt, in diese höhere Dimension – wo ihre Musik spielt. Und selbst die Sache mit den Bluetooth-Wii-Controllern, mit denen Martin Gretschmann unsichtbare Effektdübel in seine nervösen elektronischen Sounds dreht, geht The Notwist nicht als Showeinlage durch. Sind nur eben so praktisch und irre instinktiv zu handeln, die Dinger. Vielleicht würden The Notwist ja auch lieber in den 70ern als Pink-Floyd-Bruderkapelle ein quasi körperloses Tonstudioweltenleben führen. Aber dies sind die 00er, und da musst du raus: spielen. Aufkrachen. Schon des Geldes wegen. Was The Notwist ja tatsächlich auch gerne tun, Konzerte geben, großartige meistens, um ihre Songs lebendig zu halten. Mit dem Abenteuer, das so individualistisch wie aufgeschlossen an einem breit aufgezogenen und rasant inszenierten Jazz arbeitende Berliner Andromeda Mega Express Orchestra nicht nur für ihr jüngstes Album zu engagieren, sondern auch für die Konzertbühnc, treibt die Band diese Evolution auf eine Art und Weise voran, die man nur atemberaubend nennen kann.
Es gibt dann ja auch etwas mehr zu sehen, ein komplettes Orchester eben, ohne Dirigenten allerdings, zusammengestellt aus jungen Menschen, ähnlich (nicht)gestylt wie die ewigen Weilheimer. Mit Bläsern, Streichern, Percussions, Harfe usw. Und vor allem dem in offenbar allen denkbaren Stilarten und Geräuschpegeln versierten Andi Haber!, den sich The Notwist mit dem Orchestra als Schlagwerker teilen. So spielen sie Notwist-Songs, auch ältere.
Umarrangiert, allerdings nicht so, wie es all die tumben, nur ums Klischee bemühten Rockkapellen in dieser Position tun. Nein, hier fließen tatsächlich Klänge zusammen, es wird mit den ungeheuren Gegensätzen, der ganzen imposanten Farbpalette gespielt. In einer Soundqualität, die sogar Mark Hollis samt Talk Talk noch zu einem Livecomeback überreden könnte. Es lebt. Und lebt. Und lebt. Obwohl Gretschmanns Maschinen immer weiter den Takt vorgeben. Bis The Notwist die Bühne verlassen und das Orchestra eigene Stücke spielen darf. Das reißt einem den Horizont tatsächlich noch ein gutes Stück weiter auf.
www.andromeadameo.com