The Pogues


San Isidro, das große Fest, neigt sich dem Ende zu. 14 Tage und Nächte tobte die alljährliche Fiesta durch die Straßen und Paläste der alten und stolzen Hauptstadt Madrid. Und heute, am letzten Tag, soll noch einmal kräftig Öl ins Feuer gegossen werden. Im Auditorium „De La Casa De Campo Recinto Ferial de Madrid“, einer Betonarena in einem parkähnlichen Gelände außerhalb des Zentrums, sind neben einer andalusischen Heavy-Metal Band und UB 40 als Hauptattraktion die Pogues angekündigt. Welche Band könnte das spanische Blut besser in Wallung bringen als diese musikalischen Saufköppe aus Irisch-London? Die Pogues jedenfalls haben auf der iberischen Halbinsel von jeher ein ausverkauftes Heimspiel.

Die spanische Sonne versinkt als roter Feuerball am Horizont, als sich die Tore öffnen. Nachdem man sich stundenlang vor den verstreuten Wohnwagen für die Karten angestellt hatte, verteilt sich die Jugend Madrids schwatzend und lachend über die riesige Fläche vor dem weiten Rund der Arena. Sie haben sich alle schwer in Schale geworfen; Madrilenen sehen halt immer stolz und elegant aus, vor allem wenn sie sich bei einer solchen Festivität in aller Öffentlichkeit produzieren können.

Fünf wilde Hombres feuern verzweifelt spanisches Schwermetall in die fast leere Manege. Oben gibt es Wichtigeres zu tun. In den Begrüßungszeremonien verbringen die Spanier die Hälfte ihrer Freizeit. Außerdem müssen sie sich in den langen Warteschlangen zu den Getränken förmlich durchquatschen.

Plötzlich erfüllen die hellen Klänge einer Flöte die schwüle Luft. Alles klar, die Pogues sind da. Eine Akkordeonmelodie zieht, wie weiland der Rattenfänger von Hameln, die Massen in die Manege. Sieben dünne Londoner Iren verteilen sich über die Bühne, ein verdreckter irischer Folksong schunkelt sich durch die Fiesta-Stimmung. Eine fröhliche Euphorie verbreitet sich. Schwankend wie eine Zeder im Sturm taucht Sänger Shane McGowan in der Mitte auf und hält sich am Mikro fest.

„We are the Pogues. Yeah, yeah, yeah, yeah und Honky Tonk Woman“.

Das Klatschen des Publikums hält ihn für zwei Nummern im Rhythmus, dann verschwindet er erst einmal wieder hinter einem überdimensionalen Turm von Bierkästen. Eine Reihe derber Songs aus dem neuen Pogues-Album LOVE AND PEACE bröckelt von der Bühne. Immer wenn sich ihr musikalisches Gewicht nach Irland verlagert, brennt es im Auditorium von Madrid. Die verschiedenen Kulturen vereinen sich im Rausch. „Fiesta“, ein südamerikanisches Stück aus einem früheren Album, und die Melodien aus dem in Spanien gedrehten Film „Straight To Hell“ (in dem die Pogues mitspielten) kommen als schäumende Zugaben zum Abschied.

Die Zeit danach nutzen die schönen Madrilenen, um sich ebenso angemessen wie ausgiebig voneinander zu verabschieden. Das Vor- und Nachspiel in der Fiesta San Isidro ist nun einmal ebenso wichtig wie der Haupt-Akt.