The Singles
Bitte gut festhalten. Weil das Bessere bekanntlich ja der Feind des Guten ist, gibt es diesmal einen Singleskasten, dersich mit allen guten Wassern gewaschen hat. Weiter vorne wird ja walls, das neue Album des Berliner Elektronik-Visionärs Apparat gewürdigt. Hier soll es um die 12-lnch gehen. „Hold On“(Shitkatapult/Alive), der fantasiereiche, stolpernde. funkyElectro-Trackfeat RazOhara am Mikrofon, wird im „Mia-mi Bitch Remix“ von Chris De Luca Vs. Phonozu einem HipHop-infizierten Funkfeger. Der „ModeselekterRemix“ macht daraus einen furztrockenen, metallischen HipHopper mit zum Raubtierknurren verlangsamten Vocals. Das Zeug sollte mal jemand in den Paisley Park schicken. Nach Minneapolis. Zu Prince. Echtjetzt.
Eine formschöne 10-lnch haben uns Arctic Monkeys da mit, ,Brianstorm“(Domino/Rough Trade) ins Nest gelegt. Nicht nur, dass da neben dem vom Album bekannten Titelsong gleich drei Non-Album-Tracks mit sehr langen Titeln drauf sind: JfYouFoundThisIt’sProbablyTooLate“,“Temptation GreetsYou LikeYourNaughty Friend“ und „What IfYou Were RightThe First Time“. Die sind alle keinen Deut schlechter als die Liederauf der LP. Keinen Deut schlechter. Mid-und Uptempo Arctic-Monkeys-Zeugs, wie du und ich es gerne haben.
Das schöne künstlerische Ausdruckstool „Splitsingle“ – also: zwei Bands covern je zwei Songs der jeweils anderen Band-wird leider viel zu selten genutzt heutzutage. BelaB. & Balzac tun das aber trotzdem auf „Der Graf vs. Horrorpunks“ (Gan Shin/Universal). Der Arzt covert „Tomorrow“ und „Wall“ der japanischen „Horrorpunks“, wobei Ersteres ein bisschen totenhosig daherkommt, Letzteres aber als stilechtes Gecroone mit Gesang auf Japanisch. Balzac revanchieren sich mit „The Day With Dust Cover“ („Tag mit Schutzumschlag“) und „So Why Not Try Melnstead“ („Versuchs doch mal mit mir“) von Bela B. als messerscharfe Punkrocker.
Dass es durchaus im Bereich des Möglichen liegt. U2-Citarren in einen unekligen Kontext zu setzen, zeigen Bloc Party auf ihrer neuen Single „I Still Remember“(Wich it a A/2/Rough Trade). Das war’s dann aber schon. „Selfish Son“ ist zu Recht ein Non-Album-Song, weil: unentschlossenes ambienties Balladieren. Und „I Still Remember(Music Box And Tears Remix“) stellt dann dem Fass die Krone ins tränenfeuchte Gesicht. Liebliche Streicher sollen wahrscheinlich ausdrücken, dass Bloc Party auch eine „verletztliehe Seite“ haben. Brrrrrrrrrrrrrr.
Die vierte Kurze aus dem unfassbarguten Bonnie „Prince“ Billy-Album the uttinc co, „Strange Form Of Life“ (Domino/Rough Trade), sagt „Kauf mich!“ mittels dreier Songs, die im August 2006 bei einer „Daytrotter Session“ im Futureappletree Studio One in Rock Island, Illinois, entstanden sind: Die alten Songs „New Partner“ und „The Sun Highlights The Lack In Each“ plus „The Seedling“ in Mir-stellt’s-die-Nackenhaareauf-Soloversionen.
Nach der unmaßgeblichen Meinung des Autors können Client zurzeit überhaupt nichts falsch machen. „Zerox Machine“ (Out Of Line/S PV), die dritte Single aus dem Album heartland, bietet neben dem irgendwoher genial geklauten Non-Album-Track“Loose Talking“,dasAdam-Ant-Cover“Zerox Machine“ in fünfVersionen. Die vier Remixe (IDC, Jonny Slut, Robert Görl und Covenant) ziehen aus dem Elektrorocker die unterschiedlichsten, aber folgerichtigen Schlüsse-von dekonstruktivistisch bis tanzflurig. Weder die Tatsache, vier Neubearbeitungen eines Songs am Stück anhören ?u müssen, noch der „Club Mx By Covenant“ fällt auf den Wecker. Und das ist gut so.
Matthew Dear alias Audion aus Detroit ist zurzeit der heißeste Scheiß im Minimaltechno. Die 10-lnch „Deserter“ (Ghostly International/!K7/Rough Trade) bricht ein bisschen aus aus dem Minimal-Schema, denn der Titeltrack und „You Know What I Would Do“ sind eher Minimal-Electro-Funk-Pop als Techno. Dazu gibt’s einen gewohnt frickeligen“FourTet Remix“ von „Deserter“.
Das ist natürlich schon bewusstcheesy. wahrscheinlich teil ironisch gemeinte Disco-House-Pop-Kacke, die The Disco Boys seit zehn Jahren produzieren. Scooter mit ein bisschen mehr Hirn. Die neue Single „WhatYou Want“ (Superstar Recordings/Universal) fällt da nicht groß aus der Reihe. Aber trotzdem sind Situationen vorstellbar, in denen sowas ganz schön rocken kann.
Danke, Mark E.Smith. Nach längerer Zeit wieder einmal eine 12-lnch von The Fall. Die heißt „Reformation! The Single“ (Slogan/Rough Trade), damit man sie vom Album unterscheiden kann, das auch so ähnlich heißt. „Reformation!(Uncut)“ bietet die ganze siebenminütige Pracht des sich in scharfkantiger, stoischer, minimalistischer, beinahe technoiderRepetition gefallenden Albumtracks. Die beiden anderen Stücke .OverOver“ und „My Door Is Never“ unterscheiden sich teilweise dramatisch von den Versionen auf Reformation POSTTLC. Naja, „dramatisch“ zumindest für The-Fall-Auskenner. Trotzdem: Die besten The Fall seit mindestens 2005.
Thees Uhlmann,dersich in temporärem Ruhestand befindliche Sänger der Cruppe Tomte, flippt ja immer total aus, wenn es um die Kiliansgeht. So sehr, dass er die Band aus dem Ruhrgebiet mit auf Tourgenommen hat. Nun ja. Ausflippen muss man nicht direkt wegen „FightThe Start“ (Universal), der Debüt-EP der fünf 19-bis 24-Jährigen. Aber ganz ordentlicher Zitat-Indie-Pop ist das schon. Wir hören ein bisschen Mando Diao heraus, ein bisschen Arctic Monkeys, aber auch ein bisschen Madsen.
Was wäre diese Rubrik ohne einen Beitrag aus Skandinavien? Sagen wir, wie’s ist: Ein rechter Scheißdreck wäre sie wahrscheinlich. Also legen wir schnell noch die 7-Inch „Cavaliers“ (Tapete/Indigo) von Men Among Animals auf und erfreuen uns I an beatleeskem und himmlisch-hymnischem Indie-Gitarrenpop.der von einer leichten Brise Psychedelia durchzogen wird.