The Singles


Beginnen wir aus Gründen der Dramaturgie diesmal nicht alphabetisch. Sondern mit der - verdammt nochmal - sehr unterschätzten...

Beginnen wir aus Gründen der Dramaturgie diesmal nicht alphabetisch. Sondern mit der – verdammt nochmal – sehr unterschätzten, aber hier sehr geschätzten Band These New Puritans. Der Non-Indie-Art-Rock der MusikerInnen aus Southend-On-Sea kommt auf „Hidden Remixes“ (Domino/Good To Go) da an, wo die Band von Rechts wegen sowieso hingehört. In spinnerte Avant-Elektronik-Advanced-Hip-Hop-Galaxien, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Wir schalten nun um zu Kollege Stephan Rehm, der was über diesen einen Oasis-Typen und seine neue Band zu erzählen hat.

1991 hatte sich Liam Gallagher noch geweigert, in „Live Forever“das Wort „baby“ zu singen, weil es ihm zu amerikanisch war. Er tauschte es gegen das deutlich britischere „maybe“ aus. „Bring The Light“ (Beady Eye Recordings), die Debütsingle seiner neuen Band Beady Eye (Oasis minus Noel) ist uramerikanischer Boogie-Woogie-Rock, samt Soulchor und der Refrainzeile „Baby hold on, baby come on“. Nur die Beteiligung von Bassist Andy Bell (Ex-Ride) an diesem Stuss erschreckt noch mehr als der Nullwert-Song, der sich immerhin angemessen für umsonst von der Band-Homepage herunterladen lässt.

Vielen Dank, Stephan, für diesen Beitrag. Es geht weiter mit FM Belfast, der wahrscheinlich einzigen Band aus Island, die dermaßen herzerfrischend unisländisch ohne Elfen-, Geysir- und Eisprinzessinnen-Getue daherkommt. „Underwear“ (World Champion Records) ist wieder einer dieser semi-ironischen, luftigen Elektro-Popper, die man an FM Belfast so liebt, wenn man FM Belfast kennt. Die beiden Remixe (Hermigervill, Alaska in Winter) machen ein bisschen mehr Gebrauch von der Kickdrum. Plus ein Cover des Songs von Prins Polo als Introspektions-Folker.

Wir wussten ja gar nicht, dass Gavin Russom trotz seiner Tech’n’Acid-housigen Tätigkeiten noch Zeit hat für sein ursprüngliches Projekt Delia Gonzalez & Gavin Russom. Ach so, der „Track 5“ (DFA) der gleichnamigen EP ist ein Outtake aus dem 2005er Album The Days Of Mars und ein schönes, über zehnminütiges Stück psychedelisierter Kraut-Ambient, der lavazäh doch unaufhaltsam auf seinen Klimax zusteuert. Das Produzenten-Duo Âme (Kristian Beyer und Frank Wiedemann) verwandelt den Track auf der B-Seite in einen Techno-Smasher. Kann man machen.

Hübsche Wiederveröffentlichung einer 1979er 12-Inch der französischen (Performance-)Künstlerin Collette aus der New Yorker Downtown-Szene. Hier als Justine & The Victorian Punks. „Beautiful Dreamer“ (DFA) wurde produziert vom großen Peter Gordon (of-Love-Of-Life-Orchestra-fame). Wir hören einen Hybriden aus gebremsten Disco-Beats, freejazzigen Bläsern, Soundgimmicks aus der Avantgarde-Trickkiste und dem Sprechgesang von Justine (Collette).

Nein, ihr habt da was falsch verstanden. Split-Single bedeutet: Auf der A-Seite dieser Künstler, auf der B-Seite jener, der aber ein anderer sein muss als dieser. Wenn wie hier auf „Die Aussicht/Knochen und Fleisch“ (Grand Hotel Van Cleef/Indigo) Nils Koppruch & Gispert zu Knyphausen zwei Songs zusammen spielen, von denen sie einen auch noch gemeinsam komponiert haben, dann könnten wir – vielleicht – von einer Duo-Single reden. „Die Aussicht“: ein gemächlich trabender Sort-of-Country-Song, das Lied auf der B-Seite, „Knochen und Fleisch“, eine Spur bombastischer und Nick-Cave-iger

Die „Blind Night Errand EP“ (Hot Flush Recordings) ist ein weiterer Schritt des Londoner Duos Mount Kimbie auf dem Weg zur Transzendenz des Dubstep auf ein höheres Level. Während der Titeltrack mit seinem dubbigen Unterbau noch eher Genreverwandtschaft zeigt, ist „Before I Move Off“ einer jener Tracks, der in seiner mikrotonalen, unartifiziellen Experimentierfreude schon längst woanders ist. Dazu gibt es das spooky „Maybes“ in einer Liveaufnahme aus dem Berghain in Berlin.

Hat der große Coverartwork-Hersteller Klaus Callas neulich hier eingereicht: „Powers Of Ten“ (Rank Records), eine Seven-Inch der Londoner Band The See See, die auf dem (nicht neuen) Berliner Label Rank Records veröffentlicht wird. Obwohl die vier Typen auf dem Backcover irgendwie spackig Kings-Of-Leon-esk aussehen, ist die Musik gar nicht mal so schlecht. Schöner (laid back sagt man wohl dazu) psychedelisierter, Love-artiger 60s-Rock von Menschen mit musikalischen Vergangenheiten in Bands wie The Soledad Brothers und The Eighteenth Day Of May.