The Walkabouts
Als die Band am Ende das phantastische ‚Train To Mercy‘ aus dem dritten Album ‚Scavenger‘ spielt, wissen wir, warum vor allem Verliebte viel von Walkabouts-Konzerten haben. Die Bühne ist ein Orangenhain in Alaska, getaucht in orangeblaues Licht. Zwei elektrische Gitarren, ein mächtiges Klavier, ein bauchiger Bass, süßlich schwebende Streicher und eindringlich vorgetragene Lyrics sind verantwortlich für den Soundwall. Die Paare im Publikum halten sich umschlungen und wiegen sich im Takt. Kein Wunder, das aktuelle Album ‚Devil’s Road‘ -— das siebte der fünf Neo-Folker aus Seattle um Sänger, Gitarrist und Songwriter Chris Eckman -— ist ihr bisher melancholischstes. Die Walkabouts präsentieren daraus vor allem jene Stücke, die durch dramatische Streicher- oder Hammondbegleitung wie Balsam auf so manche vom Leben hart gebeutelte Seele im Publikum wirken. Und wer an die Tindersticks denkt, wenn die Band ‚Rebecca Wild‘ oder ‚Stopping-Off Place‘ präsentiert, liegt gar nicht so falsch. Eckmans Mitstreiterin Carla Torgerson gab ein gesangliches Gastspiel auf dem letzten Tindersticks-Album — im Gegenzug gibt sich Tindersticks Violinen-Zerberus Dickon Hinchcliffe nun auf dem neuen Walkabouts-Album die Ehre. Wie aber werden die Walkabouts heute abend den Sound der Warschauer Philharmoniker von ‚Devil’s Road‘ ersetzen? Die Antwort auf diese Frage sitzt links auf der Bühne, trägt einen grasgrünen Spitzenfummel und hat ein Cello zwischen die Beine geklemmt: Christine Gum, vom Seattle-Ethno-Trio Trillien Green ausgeliehen, wuchtet mit kraftvollem Bogeneinsatz das faszinierende Klangvolumen ihres Instruments in die Hallenluft; und mit ihrer vibrierenden Performance wird sie neben den eher ruhig agierenden Kollegen und der kühlen Carla Torgerson, die im kleinen Schwarzen angetreten ist, zum optischen Mittelpunkt des Abends. Zusätzlich begleitet von einer Violinistin strolcht die Band durch die Highlights aus ihrem zwölfjährigen Schaffen: die 92er Single ‚Jack Candy‘, die jetzt im Sixties-Beat-Gewand nebst Klimperklavier daherkommt. Dazu veritable Coverversionen von Patti Smith (‚Free Money‘), Neil Young (‚Like A Hurricane‘) und Nick Cave (‚Loom Of The Land‘). Speziell für die Fans hierzulande intoniert Carla Torgerson dann auch noch ‚Loswerden‘ (Die Regierung)— in makellosem deutsch. Den Höhepunkt aber bildet ‚Blue Head Flame‘ vom aktuellen Album. Der Soundkosmos der Walkabouts verdichtet sich jetzt zur bleischweren Wolke fast hoffnungsloser Verzweiflung. „What I fear is what we all fear“, krächzt Chris Eckman, das Cello stimmt klagend zu, das Publikum auch. Mister Eckman freut sich, aber: „Die beste Reaktion auf unsere Musik ist, wenn die Leute im Publikum die Augen geschlossen haben und einfach nur zuhören.“