The Who: The Who – Quadrophenia


London, Earl's Court.

Was ist das: Ein Lockenkopf in den besten Jahren, der sich stimmgewaltig seinen Post-Pubertätsfrust von der Seele singt, ein schwarzgekleideter Gitarrist, der sich die Finger blutig spielt – und 14.000 Leute sind außer Rand und Band und brüllen „Inside, Outside, Leave Me Alone“? Ist das ein Grunge-Himmelfahrtskommando ins Nirvana? Eine Punk-Attacke gegen das Establishment? Nein, das ist eine Oper – und die Auferstehung der größten Rockband aller Zeiten – The Who. Die Oper, zugegeben, ist ziemlich alt. Schon 1973 schrieb Pete Townshend ‚Quadrophenia‘, das Rockdrama über die „Mods“. Aber Alter schützt bekanntlich vor Leistung nicht. Vergessen ist der Auftritt im Sommer im Hyde Park, als Roger Daltrey einen Mikrophonständer ins Auge bekam und die noch nicht eingespielte Band sich mehr schlecht als recht durch die Songs von ‚Quadrophenia‘ quälte. Diesmal ist Daltrey topfit. 15 Musiker stehen auf der Bühne, eine extrascharfe Bläsersection pumpt noch mehr Energie in die hymnischen Songs über den Jüngling „Jimmy“, der vor der Londoner Tristesse flieht – eine Rolle, die Billy Idol wie auf den Leib geschrieben ist. Idol, der sich zuletzt bei seinen eigenen Konzerten kaum auf den Beinen halten konnte, brilliert hier als Jimmy. Dazu zelebriert Ringo Starrs Sohn Zak Starkey, der mit seiner moppartigen Kurzhaarfrisur sogar optisch an den viel zu früh verstorbenen Who-Drummer Keith Moon erinnert, einen mal swingenden, mal monströsen Beat. Bassist John Enwistle, den Blick starr geradeaus gerichtet, zupft, preßt, schiebt und wringt gewaltig knurrende und pochende Töne aus den vier dicken Stahlsaiten, daß einem angst und bange wird. Einleuchtend, daß er von seinen Bandkollegen „der Ochse“ genannt wird. Und Pete Townshend? Er weiß ganz genau, daß er für ‚Quadrophenia‘ seine schönsten Melodien geschrieben hat und brilliert an der akustischen Gitarre. Das Ende vom Lied(erzyklus): Nach anderthalb Stunden „Quadrophenie“ tobt der Saal. Ganz allein, fast folky, intonieren Daltrey und Townshend dann als Zugabe ‚Won’t Get Fooled Again‘, dessen Refrainzeile das Motto dieser Nacht der Auferstehung ist: „Pick up your guitar and play just like yesterday!“ Ein Riesenaufstand herrscht nach dem Konzert hinter der Bühne, als Pete Townshend von einer Horde Journalisten aus aller Herren Länder umringt wird. Nur einen läßt das ganze Spektakel völlig kalt: „Mods hin, Mods her“, knurrt John Entwistle. „In den 6oern war ich ein Rocker!“

The Who kommen im Frühimg mit ‚Quadrophenia nach Deutschland. Die Termine: 28.04. Kiel, 29.04. Berlin, 04.05. München, 05.05. Stuttgart, 06.05. Frankfurt, 09.05. Dortmund.