Therapy? Der Erfolg lässt sie nicht ruhen. Diesmal verschlug es die Iren in die USA.


Verschwitzt und angetrunken riechen sie, die Herren McKeegan und McCarrick von Therapy? nach ihrem Clubgig im westfälischen Dortmund. Als Rockstar hat man es aber auch schwer, soll man doch auf der Bühne erst alles und dann auch noch Interviews geben. Zentrales Thema des Gespräches ist das neue Therapy?-Album „Shameless“, übrigens das erste, das die Band in Übersee aufnahm. „Es war schon seltsam, nicht zu Hause in unserer gewohnten Umgebung zu sein“, meint Cellist und Gitarrist Martin McCarrick auf den Auslandsaufenthalt angesprochen, „aber andererseits ist Seattle schon ziemlich cool,“ „Wir hatten ein eigenes Appartment und ein eigenes Auto, mit dem wir immer durch die Gegend gefahren sind“, fällt ihm sein milchgesichtiger Kollege, Bassist Michael McKeegan, ins Wort.

Die Iren hatten also offensichtlich einen Mordsspaß in Amiland – muss aber auch sein, denn wer konzentriert arbeitet, braucht auch Zeit fürs Vergnügen. Zwölf neue Songs sind in Seattle zu Stande gekommen, die solch illustre Titel wie „Body Bag Girl“, „Endless Psychology“ oder „Tango Romeo“ tragen. Den kommerziellen Erfolg von Therapy? mit dem 94er-Album „Troublegum“ hatten ihnen Fans der ersten Stunde krumm genommen, weil auf dieser Platte die poppigere Seite der Band zum Tragen gekommen war. „Wir versuchen nicht mit Gewalt, kommerziell zu sein“, beteuert Martin, „aber wir haben auch nichts dagegen, wenn sich unsere Arbeit gut verkauft.“ Michael pflichtet bei:“Wir spielen einfach die Musik, die uns selbst am besten gefällt. Das passiert von ganz alleine, und dazu brauchen wir auch keinen Produzenten, der uns an die Hand nimmt und sagt: ‚Hey Jungs, ich bringe euch ganz groß raus!'“

Das Quartett steht auch privat auf ehrliche, handgemachte Musik. „Bands wie Big Black, Snuff oder Hüsker Du haben uns als Gruppe viel bedeutet“, schwelgt der Bassmann in Erinnerung an vergangene Tage. Auf die Frage, ob es bei dem immensen Altersunterschied zu Bandboss Andy Cairns nicht öfters mal zu Generationskonflikten komme, lacht Martin schallend: „Als ich frisch in die Band gekommen war – damals war ich 19 -, durfte ich mir ständig irgendwelche Sprüche von Andy anhören.“ Mittlerweile hat sich das Blatt jedoch gewendet, denn heutzutage kriegt der Frontmann schon mal ein respektloses „Sieh zu, dass du ins Bett kommst, alter Mann“ von seinen Youngstern zu hören. Das wäre jetzt auch wirklich angebracht, denn Andy Cairns schwankt in augenscheinlicher Feierlaune in die bestehende gemütliche Runde und bläst zum sofortigen Aufbruch in Richtung Theke. Und wenn der Chef etwas sagt, sollte man bekanntlich zusehen, dass er es nicht zweimal sagen muss.

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