Tim Renner über seinen Boss


Tim Renner, frischgebackener President Music Group der Universal Music Deutschland, über seinen neuen Chef Edgar Bronfman.

Herr Renner, was war Ihr erster Eindruck von Edgar Bronfman?

„Ich habe ihn kennengelernt als einen sehr smarten, sehr gut ausgebildeten Menschen, der auf jeden Fall einen sehr dezidierten Plan im Kopf hat: In einer Zeit, in der die Musikbranche scheinbar unter Druck ist, steigt er ganz bewußt ein, weil er eine Zukunftsvision hat, die sich gezielt auf die Nutzung von Online-Medien bezieht.“

Bronfman scheint einer der wenigen Musikkonzern-Chefs zu sein, der keine Angst vor dem Internet hat? Er sagt zu Recht, daß sich zwar niemand aus Szenen von „E.T.“, „Star Wars“ und „Titanic“ seinen Lieblingsfilm zusammenstellen mächte, die Musik aber sehr wohl der erste und wichtigste Inhalt der Internet-Entertainment-Verwertung sein wird.

„Das stimmt, er hat null Angst vor den Online-Medien. Im Gegenteil: Was mich sehr beeindruckt hat, war ein Meeting des internationalen Top-Managements in tos Angeles. Die meiste Zeit dieser Präsentation war nicht irgendwelchen Personaleinsparungen oder dem Produkt der einzelnen Länder eingeräumt, sondern vielmehr dem Menschen, der für die gesamten Online-Aktivitäten zuständig ist.“

Dennoch steht Bronfman im Sperrfeuer der Analysten.

„Es ist klar, daß Bronfman bei den Analysts ziemlich umstritten ist. Die schätzen es natürlich eher, wenn eine Firma auf einem vermeintlich sicheren Weg ist – vor allem, wenn sie in Amerika viele Investoren aus Rentenfonds hat. Bei diesen angeblich sicheren Anlagen ist in der Regel aber nicht der ganz große Wurf drin. Und Edgar ist mit dem Kauf der PolyGram auf ebendiesen großen Wurf aus. Gegenüber dem klassischen Konzernchef, der oft sehr herumeiert, um einen sicheren Gewinn zu erzielen, hat Bronfman den Vorteil, daß er sich getraut hat, in dieses gewagtere, spannendere Geschäft einzusteigen. Und wenn es funktioniert, dann sind auch Steigerungsraten drin, die sich eher an dem orientieren, was in der Vergangenheit mit den Internet-Aktien passiert ist.“

Wie hoch muß man in der „Universal Music Group“-Hierarchie stehen, um Edgar Bronfmans Durchwahl zu haben?

„Ich hab‘ es zwar noch nicht versucht, aber ich habe eine Telefonnummer von ihm.“

Sie könnten also anrufen und sagen: „Hi Edgar, wir haben da ein Problem?“

„Auf jeden Fall. Was mich an ihm schon nach dem allerersten kurzen Treffen in London fasziniert hat: Als ich ihn das nächste Mal in Hamburg traf, wußte er ganz genau, wer ich bin und was ich mache. Er erweckt überhaupt nicht den Eindruck, eine Distanz aufbauen zu wollen. Das ist einer, der sich ganz normal an jeden Tisch setzt.“