Tom Waits – Hamburg, Onkel Pö
Der einzige BRD-Abstecher des Mannes aus Pomona/USA fand trotz zweier Parallelveranstaltungen vor prall gefülltem Hause statt. Zufallsgäste dürften in der Minderheit gewesen sein, dem langjährigen Insider-Tip lauschten vornehmlich die sogenannten „Eingeweihten“. Und die mußten eigentlich wissen, was sie erwartet, nämlich eine Synthese aus Word-Jazz und Barroom Blues, angereichert mit dichter Waits-Poesie der Handelsklasse A, dezent, beschaulich, leise. Und dennoch: Mini-Grüppchen hier und da, small talk alle drei Meter. Wie kommt das? Es mag am durchgehend langsamen, oft gar zäh-verklebten Tempo der Songs liegen, das kaum einen Fuß in Bewegung setzt. Auch die Räumlichkeit könnte ein Grund sein, ab „Reihe“ fünf besteht höchstens für den Chef vom Dienst (198 cm) Blickverbindung. Und wer die Texte nicht auswendig weiß, hat ohnehin schlechte Karten.
Um Irrtümern vorzubeugen: zweifellos hielt Tom Waits, was man sich versprechen durfte. Wie fast immer in Schwarz, behütet, unrasiert. Mit seinen vorzüglich integrierten Assistenten Teddy Edwards (Sax.) und Greg Cohen (Kontrabaß) bot er ureigene, nur schwerlich kopierbare Musik. Waits röhrte, grunzte, keuchte in der Tonlage des Kettenrauchers, er lebte völlig in den Songs. Die zumeist noch etwas gebremsteren Stücke am Piano bleiben – obwohl vielleicht sogar eine Spur intimer und intensiver hinter Nummern wie „Romeo Is Bleeding“ oder „Heartattack And Vine“ zurück, in deren Verlauf Waits spärlich eine Rhythmusgitarre bediente und stehend Kostproben seiner gesanglichen und mimischen Urwüchsigkeit gab. Das komplette Repertoire machte deutlich, wie eklig die Begeigung diverser LP-Stücke ist, allerdings hätten dort vertretene E-Gitarren, Orgel und Drums an diesem Abend gewiß für mehr Aufmerksamkeit im Publikum gesorgt. Qualität, Beifall, Zugaben? Dreimal, ja, und doch wäre wohl eine Steigerung möglich gewesen.