Top Ten – April 1972
1. The Windows – How Do You Do
Schunkelpop der massentauglichen Sorte: „How Do You Do“, eine niederländische Produktion, gesungen von einem Deutschen und einer Schottin, die sich einen Hit lang The Windows nennen. Dahinter verbergen sich Peter Petrel und Jeannie McKinnley, die natürlich auch eine deutsche Fassung des Songs bereithalten. Das Original, gesungen vom holländischen Hippie-Pärchen Mouth & MacNeal, erreicht indes nur Platz 6 der Singles-Bestenliste.
2. Juliane Werding – Am Tag, als Conny Kramer starb
Platz 2 hält ein Mädchen, das in die Hippie-Ecke gestellt wird, obwohl es ganz harmlos nach christlicher Landjugend klingt: Juliane Werding, deren „Am Tag, als Conny Kramer starb“ die damalige „Drogenwelle“ kritisch kommentiert. Der Song heißt im Original „The Night They Drove Old Dixie Down“ und stammt von The Band.
3. Sweet – Poppa Joe
Echten Kinderkram bieten hingegen Sweet, deren „Poppa Joe“ Bubblegum-Pop der kompromisslosen Sorte ist. Komponiert und produziert haben ihn Mike Chapman und Nicky Chinn, die sich bis Ende der 70er mit Smokie, Suzi Quatro und Mud goldene Naschen verdienen. Aber immerhin tragen Sweet kühne Plateauschuhe und liefern ab 1973 sogar ganz passablen Glampop ab.
4. Middle Of The Road – Samson And Delilah
Was man von Middle Of The Road nicht wirklich behaupten kann, doch immerhin ist die schottische Schlagerband um Sängerin Sally Carr ehrlich genug, schon im Bandnamen anzukündigen, was einen erwartet: sonniger Urlaubspop, der niemandem wehtut. Aber auch niemandem nützt. Außer der Band natürlich, die mit „Sacramento und „Samson And Delilah“ die Plätze 4 und 7 verstopft.
5. Tony Marshall – Komm, gib mir Deine Hand
Aber es kommt noch ärger, denn wir nähern uns Deutschlands erfolgreichster Single des Jahres 1972. Und die stammt von Herbert Anton Hilger alias Tony Marshall, einem Titanen der Heidewitzka-Bumsfallera-Fraktion: „Komm, gib mir Deine Hand“ heißt das Tatwerkzeug, auf Platz 5 liegt es.
6. Mouth & NacNeal – How Do You Do
7. Middle Of The Road – Sacramento
8. T. Rex – Telegram Sam
Schnell weiter zu Rang 8, denn 6 und 7 haben wir ja bereits abgefeiert: T.Rex sorgen mit „Telegram Sam“ wenigstens ansatzweise für Hipness in den Top Ten, auch wenn der Song nicht zu Marc Bolans kreativen Höhepunkten zählt. Ob sich der britische Lockenkopf für Fußball interessiert, ist nirgendwo überliefert. Falls ja, darf er sich über das 3:1 der Deutschen im EM-Viertelfinale gegen England mächtig ärgern. Wir sagen nur: Netzer. Müller, The Cats. Ein Begriff ist falsch.
9. The Cats – One Way Wind
Richtig: The Cats spielen garantiert nicht für Deutschland, sie kommen nämlich aus Holland und feiern mit „One Way Wind“ einen europaweiten Hit: Softpop mit Schmusefaktor zehn, der in Deutschland Platz 2 der Jahrescharts erreicht.
10. Christian Anders – Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
Kommen wir zu einem Mann mit leicht hysterischen Timbre, das an Legehennen kurz vor der Exekution gemahnt. „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“ heißt sein Megaseller, schade nur, dass Christian Anders nicht einfach mitfährt. Stattdessen nennt er sich heute Lanoo, macht uns den Guru und schreibt das Buch „Der Sinn des Lebens – Nirvana“. Kurt Cobain hätte sicher widersprochen. Aber das ist eine andere Geschichte.