Traci Lords: Keiner liebt mich
Frau mit Vergangenheit: Mit 15 Hardcore-Lolita, mit 18 Porno-Opfer. Mit 21 kommt Traci Lords in zwei - beinahe - seriösen Filmen.
Marilyn Monroe posierte nackt für den PLAYBOY. Diese Jugendsünde hinderte sie nicht, als Hollywood-Legende unverwüstlich zu werden. Traci Lords posierte nackt für PENTHOUSE und drehte zwischen den Schularbeiten mehrere Dutzend Pornos. Warum sollte sie dies hindern, eine ernstzunehmende Schauspielerin zu werden? Handelt es sich in ihrem Fall doch eindeutig um Jugendsünden.
Filmproduzent Roger Corman stellte diese Überlegung an und gab die Antwort gleich selbst: Er engagierte Traci für ein Remake eines seiner Horror-Klassiker. Nach der Premiere jubelte der „Hollywood Reporter“ über Lords: „Yes, she can act!“ Trotzdem schaffte es „Not Of This World“ nicht bis in die deutschen Kinos. Dafür startete bei uns gerade Tracis zweiter Film, in dem sie „mit männlichen Partnern spielt, die ihre Hosen anbehalten“, wie das „Premiere“-Magazin korrekt anmerkte: „Limba, Limba, Lambada“ lief in den USA unter dem ehrlicheren Titel „Fastfood“. Traci muß darin zur Hack-Fleischbeschau. Sie soll die Geheimformel irgendwelcher Wunder-Hamburger ausbaldowern.
Interessanter klingt da Tracis nächster Film, der im Juli immerhin bei dem Verleih mit dem größten deutschen Marktanteil (UIP) erscheint: „Cry Baby“ von John Waters ist eine in den Fifties angesiedelte Komödie. Traci spielt das Mitglied einer Jugendbande (= die Guten), die gegen den Rest der Gesellschaft (= die Bösen) antritt. Dabei: Iggy Pop, Johnny Depp, Ricki Lake („Hairspray“) und Patty Hearst.
John Waters, der „Cry Baby“ wie alle seine Filme in seiner Heimatstadt Baltimore im amerikanischen Osten dreht, ist nun sicher nicht einer der top-seriösen Filmemacher Amerikas. Waters-Filme wie „Female Trouble“, „Polyester“ und „Hairspray“ werden meist schon vor dem Start zu Undergroundoder Kult-Werken erklärt. Ein Status, den sie zum Teil den zynischen Besetzungsentscheidungen verdanken. In „Hairspray“ ließ Waters etwa Pia Zadora als Beatnik auftreten und Debbie Harry als überdrehte Mutter. „Cry Baby“ ist Waters erste Produktion mit einem der großen Hollywood-Studios (Universal), und dort gab es anfangs gemischte Gefühle. Sicher bringt Traci Lords einen Namen mit. Aber wir wollen doch, daß ein Name für uns arbeitet, nicht gegen uns, hieß es auf der einen Seite. Wenn man sie nicht gerade Bambi spielen läßt, gibt es keine Bedenken gegen Traci, sagte sich die Gegenseite, die sich dann durchsetzte.
Als Traci Lords mit 15 Jahren in Filmen wie „New Wave Hookers“ Dinge in den Mund nahm, die Gleichaltrige nicht mal anfassen würden, tat sie es, „weil ich das Gefühl hatte, daß für mich zu Hause kein Platz war, daß mich keiner liebte“. Als sie nach Dollar- und Drogen-Rausch mit 18 Jahren endlich auch den Staatsanwalt auf sich aufmerksam gemacht hatte, wurde sie zur jüngsten Porno-Aussteigerin erklärt. Wenn es ihr jetzt gelingt, eine dauerhafte neue Karriere zu starten, dann kann Traci Lords zum dritten Mal für sich in Anspruch nehmen, Gesetze zu brechen: Den Sprung vom Porno zum seriösen Hollywood hat vor ihr noch keiner geschafft.