Trentemøller im Interview: „Musik ist für mich Therapie, besser als Alkohol und Drogen“
Am 16. September erschien FIXION – das neue Album von Trentemøller. Es ist gewohnt düster und geheimnisvoll. Wir traffen Anders Trentemøller zum Interview, um mit ihm über die Platte, neue Arbeitsprozesse, sein eigenes Label und die Kooperation mit Jehnny Beth von Savages zu sprechen.
Mittlerweile besitzt du sogar dein eigenes Label „In My Room“. Bedeutet das große Verantwortung für dich?
Um ehrlich zu sein, eigentlich nicht. Das einzige, was ich bis jetzt, neben meinen eigenen Releases, veröffentlich habe, sind Songs von Dorit Chrysler und Tom And His Computer. Das Label ist mehr meine eigene Plattform auf der ich machen kann, was ich will, ohne, dass mir jemand sagt, wie ich meine Musik machen soll. Vor allem bei großen Labels ist Bevormundung ein Problem. Ich wollte einfach kompletten künstlerischen Freiraum, deshalb habe ich mein eigenes Label gegründet. Allerdings bin ich ein richtig schlechter Geschäftsmann, also lasse ich die PR und Büroarbeit von jemand anderem regeln. Manchmal nehme ich Künstler unter Vertrag, aber nur wenn ich das Gefühl habe, dass sie gute Musik produzieren. Es ist alles sehr von meinem Bauchgefühl abhängig.
Der Nachteil eines eigenen Labels ist, dass man weniger Feedback bekommt, viele Künstler brauchen das, eine Art festes Gerüst, an dem man sich entlang hangeln kann. Auch ich brauche natürlich Feedback, aber meistens spiele ich nur für Freunde oder meine Freundin. Die sind zum Glück immer ehrlich. Ich war glücklicherweise noch nie in der Situation, meine Musik abändern zu müssen, nur weil sie sich dann besser verkaufen würde. Da würde ich mich lieber dazu entschließen, weniger zu verdienen, dafür aber meinen Sound zu spielen. Immerhin bin ich derjenige, der hinterher auch alle Interviews gibt und live auf der Bühne steht, es ist sehr wichtig für mich, voll hinter meiner Musik zu stehen. Ich brauche meine Freiheit und mache dabei keine Kompromisse.
Du hast auch viele Remixes veröffentlicht. Wie ist es, wenn du damit anfängst einen Song neu zusammenzustellen? Hörst du einen Song und mixt ihn, oder hast du eine Idee und suchst dir dann den passenden Track?
Das ist witzig, denn eigentlich hatte ich nie geplant, Remixes zu machen. Ich hatte großes Glück, dass die Künstler oder das Label auf mich zugegangen sind, und danach gefragt haben. Wenn es ein Track war, den ich selbst gern gehört habe oder von einem Künstler den ich selbst bewundere, wie beispielsweise Depeche Mode, habe ich zugestimmt. Es war auch sehr interessant für mich, zu sehen, wie ein Song aufgebaut ist. Wenn man einen Remix produziert, bekommt man jeden Teil des Lieds einzeln, die Drums, die Gitarre, die Stimme, den Hintergrundgesang – der nicht immer gut ist. Man merkt, dass auch bei Bands wie Depeche Mode, die einzelnen Teile nicht immer gut klingen, aber wenn man sie zusammenfügt klingt es wie die Band. Remixes waren für mich ein großer Lernprozess. Vor drei oder vier Monaten habe ich aber damit aufgehört, Songs zu mixen, da ich das Gefühl hatte, es würde zu viel von meiner Zeit verschlingen. Teilweise habe ich für Mixes mehr Zeit aufgewendet als für meine eigene Musik, also habe ich mich mehr auf meine eigenen Produktionen konzentriert.
Für „River in Me“ hast du dich mit Jehnny Beth, der Sängerin von Savages, zusammengetan. Wie passt dein melancholischer Flair zu ihrem Punk- und Indie-Stil?
Das hat gut funktioniert. Ich denke, dass „River in Me“ viel von ihrem Punk-Temperament mitbringt. Jehnny und ich haben viele gleiche Interessen und hören die gleiche Art von Musik. Es war schön, wieder einen Track zu produzieren, der diese Art von Energie besitzt. Es hat mich an einige meiner früheren Arbeiten erinnert. Es gibt zwei Songs auf dem neuen Album, die diesen Punk-Electro-Stil weiterführen, aber auch eine melancholische Seite. Es war für uns beide interessant, den Savages-Gesang mit meinem Stil zu vermischen und so etwas neues zu schaffen. Dadurch hört es sich nicht wie ein Feature an, sondern wie eine Zusammenarbeit. Jehnny hatte großen Spaß daran, sich mit ihrer Stimme an meine Musik anzupassen und mit einer anderen Grundlage zu experimentieren. Wir haben die beiden Tracks innerhalb von zwei Tagen in meinem Studio produziert, es ging also sehr schnell und wir wollten, dass die Energie davon in den Songs eingefangen wird.
Wie suchst du dir die Sängerinnen und Sänger aus, mit denen du zusammenarbeitest?
Wenn ich einen Song schreibe, habe ich meistens keinen bestimmten Künstler im Kopf, außer bei „River in Me“, dafür war gleich zu Beginn Jehnny Beth vorgesehen. Bei FIXION war es mir wichtig, nur eine oder zwei Sängerinnen zu haben, bei meinem letzten Album LOST, waren fünf oder noch mehr. Sie sollten den Zuhörer mit ihrer Stimme durch das Album leiten. So ist es persönlicher, als mit vielen verschiedenen. Auf der einen Seite haben wir Jehnny Beth von Savages und auf der anderen Marie Fisker. Sie hören sich zwar ähnlich an, aber auch nicht zu sehr. Ich denke, das ist es, was es interessant macht. Beide besitzen eine komplett unterschiedliche Dynamik, aber ich habe es genossen, mit ihnen zusammenzuarbeiten und ich denke, dass sie auf dem Album gut zusammenpassen werden.