Trubel im Paradies
Vom schleichenden Tod des Reggae war schon im ME/ Sounds 1/87 ausführlich die Rede hier kommt ein weiterer Beweis für die wachsende Kompromißbereitschaft jamaikanischer Star-Musiker. Auch wenn sich Jimmy Cliff nach wie vor gern als Revoluzzer sieht: Sein "Ernesf im »CLUB PARA-DISE' hat mit dem "Ivan" aus »The Härder They Come" nicht mehr viel gemeinsam. Die Zeiten haben sich gründlich geändert, seit dem Jahre 1972.
Club Paradise“ ist eine Tropen-Klamotte des Amerikaners Harald Ramis (das war der „Ghostbuster“ mit der Brille). Wem der Inhalt des Palmen-Sonne-Sandstrand-Spektakels irgendwie bekannt vorkommt, der hat vermutlich im letzten Jahr den englischen Film „Wasser“ (Regie: Dick Clement) gesehen, in dem es prinzipiell um dasselbe geht: Ausverkauf eines verträumt-exotischen Inselchens an Tourismus und Großkapital. Nur heißt die „Wasser“-Insel „Cascara“ und die „Paradise“-Insel „St. Nicholas“ — einmal mimt Michael Caine den britischen Gouverneur, einmal Peter O’Toole. Und: „Club Paradise“ entspricht bereits den neuen Drogen-Regeln, die Familie Reagan jüngst für Hollywood aufgestellt hat. Während Michael Caine die Karibik nur bedröhnt ertragen kann, taucht Ganja in Ramis‘ Film allenfals als anonymer Sack auf. der von einem bekloppt-paranoiden New Yorker Single durch den Urwald geschleppt wird.
Doch zuerst geht’s um Ernest Reed (Jimmy Cliff). Der ist Bandleader. Freizeit-Guerilla und betreibt auf St. Nicholas den Club Paradise, eine billige Bar plus Touristen-Bungalows. Marke Kakerlake trifft Rucksack. Dorthin verschlägt es den Chicagoer Frührentner-Feuerwehrmann Jack Moniker („Mork vom Ork“ Robin Williams), der sich erst in Phillipa Lloyd (Twiggy) verknallt, dann mit den St. Nikoläusen anfreundet und schließlich seine gesamte Altersversorgung in den Club investieren will.
Ernest hat die Dollars bitter nötig. Premierminister Solomon Gundy (die letzte Rolle des 52jährig verstorbenen Adolph Caesar) hat ihn wegen Steuerschulden am Wickel und will ihm gemeinsam mit Hotelbesitzer Voit Zerbe den Club abkaufen, um danach die ganze Insel an einen investitionsgeilen Scheich verschachern zu können.
Mit Monikers Mäusen wird der Club auf Vordermann gebracht und die Werbetrommel gerührt. Die prompt einsetzende Touristenwelle entpuppt sich als das übliche Dutzend zivilisationskranker Nordamerikaner, die im weiteren Verlauf des Streifens für die Abteilung Spaß verantwortlich zeichnen. Cliff & Co. kümmern sich derweil um die „politische“ Action und prügeln sich mit den Truppen des Premierministers herum.
Am Ende siegt natürlich das Gute, ausgerechnet der britische Generalgouverneur wiegelt das Volk gegen seinen Premier auf. Ernest Reed behält seinen Club und St. Nicholas wird nicht zum Neckermann-Strand.
Robin Williams bringt die Sprüche, Jimmy Cliff die Musik: mit Robbie Shakespeare, Sly Dunbar und ähnlichen Größen spielt er wohltemperierten Reggae — und mit Costello und seinen Attractions sogar eine annehmbare Flott-Pop-Nummer. Noch hörenswerter sind einige am Soundtrack beteiligte und hierzulande weitgehend unbekannte Truppen wie Well Pleased And Satisfied oder die Blue Riddim Band.
Die Musik wird den Roots-Reggae-Fans weniger weh tun als Szenen wie die, in der sich Ernest Reed von seinem neuen amerikanischen Teilhaber überzeugen läßt, völlig schwachsinnige Bühnen-Klamotten zu tragen und Harry Belafonte-Evergreens zu trällern. Dafür hilft ihm der frühere Spritzenmann nachher mit dem Feuerwehrschlauch. Regierungssoldaten zu vertreiben.
Friede. Freude, Eierkuchen, solange der Klügere nachgibt. Drum wird ihm der Dümmere früher oder später doch noch die Insel zubetonieren. aber das ist ein anderer Film…