Ü-30-Party für Fortgeschrittene
Die Elektro-Supergroup (Vorsicht!) MODERAT treibt auf ihrem Album die Verfeinerung der Kunstform Elektromusik voran.
Die Frage wegen der „Supergroup“ löst erst mal große Heiterkeit aus. Doch nachdem das Gegigge! wieder abgeklungen ist, die Lachtränen getrocknet sind, gibt Gernot Bronsert zu — wenn auch mit allen verfügbaren Einschränkungen: „In dem Kosmos, in dem wir uns bewegen, ja, da könnte man das vielleicht sogar wirklich Supergroup nennen?
„Das“ heilst Moderat und ist der Zusammenschluss von Modeselektor, Bronserts DJ-Duo mit Sebastian Szary, und dem Produzentenkollegen Apparat alias Sascha Ring. Und „das“ hat nun ein erstes Album veröffentlicht. Der besagte „Kosmos“ ist die elektronische Musik, in der sich alle drei Beteiligten bereits recht prominente Namen gemacht haben: Modeselcktor haben schon Remixe für Börk gefertigt und für Radiohead den Einheizer gespielt. Ring ist Mitbesitzer des stilprägcnden Berliner Elektro-Labels Shitkatapult, hat immer mal wieder mit Ellen Allien kooperiert und sollte einmal sogar Gianna Nannini die Moderne beibringen – wozu es offenbar nie kam. Tatsächlich aber sind Moderat weniger Supergroup als eher, so Sascha Ring, “ einpaar Kumpels, die mal zusammen Musik machen wollten“. Diesen Plan gab es schon seit 2002, doch bislang war es nur zu gemeinsamen Auftritten und einzelnen Aufnahmesessions gekommen. Die drei Vielbeschäftigten aus Berlin hatten Probleme, gemeinsame Zeit zu finden. Das ist nun gelungen, und es ist zu hören, findet Ring, wie sich die drei Musiker „aus ihrem ursprünglichen Kontext, aus ihrem üblichen Trott herausbewegen“.
Getroffen haben sie sich irgendwo in der Mitte. Auf ihrem schlicht MÜDKRAT betitelten Album haben weder der bisweilen ins Exzessive läppende Feier-Wille von Modeselektor noch die knispernden und knuspernden Electronica von Apparat die Oberhand gewonnen. „Musikalisch ist das schizophren“, gibt Szary zu. Aber in dieser Zwischenwelt sind wundervoll entspannte Tracks entstanden, die einen seltsam abgeklärten Blick auf den Tanzboden werfen. „Das ist eine Ü-30-Party“, befindet Gernot Bronsert. Tatsächlich ließe sich Moderat verstehen als weiteres Symptom für die Mutation der elektronischen Musik. Die hat sich schließlich von der funktionalen Club-Beschallung längst zu einer Kunstform entwickelt, die in den Zustand der fortlaufenden Verfeinerung eingetreten ist. So haben auch die drei von Moderat „einen Perfektionswahn entwickelt“, wie Bronsert meint, und mit viel Liebe zum Detail noch am allerletzten Ton gefeilt. Nicht weniger Energie wurde verwendet auf die Planung der Live-Show, mit der man demnächst auf Tournee gehen will. Dabei sind: ein Künstlerkollektiv, Video-Filme und einige Überraschungen. Moderat, ein Gesamtkunstwerk? Kann man das wenigstens so stehen lassen? „Find ich super“, sagt Szarv. Na eben. Super Gruppe.
Albumkritik S. ~9 wicir-bhitcbcontrnl.ile