„Unser Name war einzigartig“


Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte. Nur welche? Wir haben nachgefragt. Diesmal: Duran Duran

Andy Warhol

Die Band war bis zum Tod Warhols 1987 mit ihm befreundet.

Nick Rhodes: Puh. Was sollen wir da sagen. New York! Wir trafen ihn bei unserer ersten Reise in die USA.

John Taylor: Warhol hat das 21. Jahrhundert erfunden.

Rhodes: Würde Andy noch leben, die heutige Zeit wäre genau das Richtige für ihn. Das Internet. Reality-TV. Er würde sein Haus nicht mehr verlassen. Schauen Sie sich die Filme an, die er in den Siebzigern mit Joe Dallesandro gemacht hatte. Er filmte ihn beim Nichtstun. Das war Reality-TV. Wie die Models ihr Make-up auftrugen, über ihre Boyfriends redeten. Andy traute sich so vieles zu, was andere Künstler seiner Zeit nicht taten. Er produzierte das Debüt von The Velvet Underground. Und er liebte Leute, er liebte seine Kamera. Sie war immer bei ihm.

Lou Reed

Reed sagte, dass ihm die Duran-Duran-Coverversion von „Perfect Day“ gut gefiel. Bemerkenswert, wurde das Album Thank You (1995), auf dem der Song enthalten ist, von der Kritik doch verrissen.

Rhodes: Transformer lag bei jedem von uns immer wieder auf dem Plattenteller. Ein außergewöhnliches Album aus einer außergewöhnlichen Zeit – 1972. Wir waren noch Kinder, lernten Musik gerade erst kennen.

Taylor: Eine Platte wie ein Lehrbuch. Rhodes: Bei einem Konzert 1987 in New York kam er zu uns auf die Bühne. Nach „Sweet Jane“ fing das Publikum an „Buh“ zu rufen Was sollte das? Ich war außer mir. Als wir die Bühne verließen, klärte man mich auf: „Du Idiot, sie haben nicht, Buh!‘ gerufen, sondern, Lou!‘!“

Kajagoogoo

Nick Rhodes produzierte 1982 das Debütalbum der Band um Sänger Limahl.

Taylor: Kajagoogoo. Wunderkinder. Die Söhne Duran Durans.

Rhodes: Ich lernte Limahl 1982 kennen, im Londoner „The Embassy Nightclub“. Limahl war kostümiert. Als silberner Engel mit Pfeil und Bogen. Eine Frühfassung ihres Songs „Too Shy“ existierte damals schon, Limahl drückte mir das Demo in die Hand. Ich nahm die Band unter meine Fittiche und produzierte das Stück neu. Ich dachte mir: Wer so aussieht wie er, der muss auch was zu sagen haben.

Taylor: Damit hatten Kajagoogoo eher eine Nummer eins in den UK-Charts als wir. Unser erster Nummer-eins-Hit „Is There Something I Should Know?“ erschien erst 1983.

William S. Burroughs roman „THe Wild Boys“

Duran Duran benannten ihren Song „The Wild Boys“ danach. Das dazugehörige „Mad Max“-mäßige Musikvideo kostete eine Million Dollar, für damalige Verhältnisse ein riesiges Budget.

Taylor: Bill. The „Wild Boy“.

Rhodes: John, du hast mir mal eine signierte Ausgabe des Buchs geschenkt, bis heute steht es an seinem Platz im Regal.

Taylor: Als wir den gleichnamigen Song schrieben, gingen wir erstmals nach einem anderen Arbeitsprinzip vor: Das Visuelle kam zuerst. Wir wussten, wie der Song aussehen sollte, bevor wir ihn komponierten. Unser Regisseur Russell Mulcahy sah das „Wild Boys“-Video als Arbeitsgrundlage für seine Verfilmung des Romans. Wir schrieben den Song also als Soundtrack-Beitrag. Leider wurde der Film nie gedreht. Aber als Teaser für einen Hollywood-Streifen kann ich nur sagen: was für ein fantastisches Video.

Rhodes:: Ich besitze ein Kunstwerk von Burroughs. Ein Stück Holz, aus dem ein Nagel ragt. Das Wort „Reality“ ist über das Holz gesprayt. Das Holz ist zersplittert. Burroughs schoss mit seinem Gewehr darauf.

Nile Rodgers

Der Chic-Musiker produzierte die Duran-Duran-Platte Notorious (1986) und entwickelte einen Funk-Sound für die Band.

Taylor: Nile kämpft in diesen Tagen gegen den Krebs. Er geht damit sehr offen um, schreibt auf Twitter darüber. Was waren wir gesegnet in den Achtzigern mit unseren Produzenten. Zuerst Colin Thurston (u.a. auch Talk Talk, Kajagoogoo), dann Alex Sadkin (u.a. Bob Marley, Grace Jones), schließlich Nile Rodgers (Diana Ross, Madonna, David Bowie usw.). Er produzierte damals den Song „Original Sin“ von INXS. Wir hörten das Stück während unserer Australienreise – „Original Sin“ war der Hot Track dieser Zeit. Nile remixte dann „The Reflex“ für uns und verwendete dabei ein Synclavier. Fucking crazy! Er stellte den Song auf den Kopf. Getroffen haben wir ihn dann zum ersten Mal backstage in New York, wir tourten mit Blondie. Meine Art Bass zu spielen ist inspiriert von Chic, in Interviews erzählten wir immer wieder: „Duran Duran haben zwei Bands als Vorbilder: The Sex Pistols und Chic“.

Jane Fonda als Barbarella

Die Band benannte sich nach einer Figur des Roger-Vadim-Films „Barbarella“ von 1968 – dem bösen Wissenschaftler Durand-Durand.

Rhodes: Ah! Barbarella Psychedella!

Taylor: Wie heißt der Mann auf dem Bild mit den Engelsflügeln, Nick?

Rhodes: Pygar.

Taylor: Well done!

Rhodes: Sie sieht toll aus, oder? Wie kann einem dieses Foto nicht gefallen. Ein Engel, der Jane Fonda trägt. Die wiederum sehr schicke Stiefel trägt. Der Film „Barbarella“ ist wirklich außergewöhnlich. Er hat eine Aura. Er ist zeitlos. John und ich schauten uns damals den Film an, da hatte unsere Band noch nicht ihren Namen. Eine Figur im Film heißt Durand-Durand. John blickte zu mir rüber und fragte: Wie wäre das? Aus Durand-Durand wurde Duran Duran. Was für ein smarter Name. Denn die meisten Bandnamen werden sofort mit bestimmten Bildern verknüpft. Iron Maiden? Klar, da denkt man sofort an Metal. Duran Duran fällt nicht automatisch in eine Schublade. Der Name war einzigartig. Einem fantastischen, bizarren Kultfilm entnommen. Ich finde, Duran Duran tut uns gut. Und „Barbarella“ schaue ich mir immer noch alle paar Jahre an, der Film ist auch gut gealtert.

Christy Turlington

Das Topmodel der Neunziger zierte das Backcover von Notorious.

Rhodes: Christy spielte auch im Video zur Single „Notorious“ mit. Sie war um die 18 Jahre alt beim Shooting. Wenn ich das sagen darf, auf diesem Foto sieht sie etwas komisch aus.

Taylor: Absolutely!

Rhodes: Aber sie war reizend.

Taylor: Sie war das It-Girl ihrer Zeit.

Rhodes: Die Ära der Supermodels, mit Cindy Crawford und Naomi Campbell, setzte wenig später ein. Wir waren also von Anfang an dabei. Und Christy sowieso …

Als Kind dachte ich übrigens tatsächlich, dass die Songs der Platte alle für diese Christy geschrieben worden seien …

Rhodes: Wirklich? Oh je, was sind Sie für ein Romantiker!

Taylor: Es gibt tatsächlich einen Song über sie. Hmm, wie hieß der noch? „Pretty“ … irgendwas mit „Pretty“. Der Song ist von U2 und auf dem Zooropa-Album.

So viele Liebeslieder sind auf der Platte nicht. Meinen Sie „Babyface“?

Taylor: Ja, genau! Was wissen Sie noch?

Was Songs über Supermodels angeht: Prince schrieb „Cindy C.“ für Cindy Crawford.

Rhodes: Was?!

Taylor: Ja. Er sagt die Wahrheit.

A-ha

In den Charts war das Trio A-ha ab 1985 ihre größte Konkurrenz, die Norweger lösten Duran Duran sogar als Teenie-Idole ihrer Zeit ab.

Rhodes: Ich habe nicht nur kaum Erinnerungen an sie, sie waren auch damals kein Thema für mich. Aber ich erinnere mich gut an ihren Manager, Terry Slater. Wissen Sie, wenn man Teil einer sehr erfolgreichen Sache ist, eben wie unserer Band, dann gibt es immer Leute, die davon etwas abhaben wollen. Einen Catch-In. Und Terry, nun …

Taylor: … er wollte seinen Catch-In.

Rhodes: Das ist ihm gelungen, oder?

Duran Duran werden ihr aktuelles Album All You Need Is Now auch noch live in Deutschland präsentieren – und zwar am 18. Juli in Leipzig/Parkbühne und am 19. Juli in München, Tonhalle. Auch für das verlegte Konzert bei der Electronic Beats Classics Show in Berlin wird dieser Tage noch ein Ersatztermin vermeldet werden