Warum Chris Cornells Bond-Song „You Know My Name“ so wichtig war
2006 war die 007-Reihe künstlerisch am Ende. Der nun verstorbene Chris Cornell trug seinen Teil dazu bei, dass „Casino Royale“ ein fast perfekter Neuanfang wurde.
Wenn nach den größten Bond-Songs aller Zeiten gefragt wird, dann werden oft die immer gleichen Titel genannt: „GoldenEye“ von Tina Turner, „Diamonds Are Forever“ von Shirley Bassey und „Skyfall“ von Adele sind immer weit oben in Ranglisten und in der Gunst der Fans. Tolle Songs, keine Frage. Allerdings hatte eine Adele 2012 den Luxus, die Filmreihe auf einem neuen Höhepunkt des Bond-Hypes zu besingen. Chris Cornell, der am 17. Mai 2017 gestorben ist, hatte 2006 eine ungleich schwerere Aufgabe zu erledigen. So war sein „You Know My Name“ zwar bei weitem nicht der beste, aber einer der wichtigsten Bond-Songs.
Nachdem 2002 der letzte 007 mit Pierce Brosnan erschien, lag die Agentenreihe qualitativ am Boden. Zu verspielt und Gadget-geil war „Stirb an einem anderen Tag“, Brosnans unsichtbares Auto sprach genauso für schlechten Geschmack wie der Titelsong „Die Another Day“ von Madonna. 007 brauchte einen Neustart, zuvor musste aber eine neue Ausrichtung für die Reihe gefunden werden.
„You Know My Name“
Die Antwort hieß Daniel Craig. Vor Dienstantritt als Pfeife und Blondie beschimpft, bewies er bereits in seiner ersten Szene als James Bond, dass er für eine neue Härte in der zuletzt so kitschigen Agentenwelt steht. In den ersten fünf Minuten seinen Debüts „Casino Royale“ rannte er durch eine Wand und erschoss einen Bombenleger mit einer Kaltblütigkeit, die man von einem Pierce Brosnan in vier Filmen nicht gesehen hat. Ein neuer Bond war geboren, und Cornells Soundtrack musste genau diese Botschaft in die Welt tragen, bevor der Film überhaupt startete.
Garbage, Madonna, Turner, Crow, Knight. Die fünf Bond-Songs vor Cornell wurden in bester Tradition der Reihe von erfolgreichen Frauen eingesungen. Es erschien den Produzenten logisch, dass der Richtungswechsel von 007 musikalisch von einem Mann eingeleitet werden muss. Von keiner Ballade, sondern einem energiegeladenen Rocksong. Einem Stück, das viele Konventionen der Reihe und deren Songs außer acht lässt, den Kern aber dennoch beibehält. Dazu erinnerte der Name „You Know My Name“ damals daran, dass James Bond verdammt nochmal der einzige wahre Filmagent ist und niemand an Ethan Hunt denkt, wenn über Spionage, Paranoia und Verrat gesungen wird.
Den Song hat Cornell behalten
„If you take a life, do you know what you’ll give?“, ist die Frage, mit der Cornell seinen Bond-Song begann. Und sie sollte sich durch alle bisherigen 007-Auftritt Craigs ziehen. Denn der oft als Kneipenschläger verlachte Agent ist zugleich derjenige, dem die Autoren und Regisseure die meisten seelischen Narben zugestehen. Cornell schrie es vor dem Kinostart schon heraus: Dieser Bond ist ein rauer Einzelgänger, selbst wenn es ihm nicht gefällt. Und das machte die Neuinterpretation Craigs schon vor dem Kinogang interessant.
Kommerziell war „You Know My Name“ kein Megahit wie „Skyfall“ oder „GoldenEye“. Und hätte er gewollt, hätte Cornell bestimmt einen Song schreiben können, der näher zu den bisherigen Gepflogenheiten der Reihe gepasst hätte. Aber Cornell wollte das nicht, er ging lieber musikalisch nach vorn und widmete 007 einen maskulinen Song, zu dem man im Zweifelsfall auch moshen und schreien kann. Und einen, der am Ende nicht einmal auf dem Soundtrack des Films landete, weil Cornell ihn für sich beanspruchte und auf seiner Solo-Platte CARRY ON veröffentlichte. Eine egoistische Aktion, die eines 00-Agenten würdig wäre.