Hirnflimmern

Warum Freddie Mercury die Quersumme aus Heavy Metal und Disney ist


Ihr mögt Zufälle und The Band? Dann lest diese Kolumne von Josef Winkler mit vielen Star-Namedrops.

Digital Natives, bitte mal schnell die VR-Brillen aus und aufgemerkt! Ich brauch jetzt hier eine Expertise, ob das noch Algorithmus ist oder schon Zufall. Ich bin ja Fan von crazy Koinzidenzen, und freilich muss man sich als solcher an die analoge Rest-Realität halten, im durchrithmisierten digitalen Alltag ist ja das alte Klugscheißer-Diktum „Es gibt keine Zufälle!“ wahr geworden. Jedenfalls ist es KEIN Zufall, McFly, wenn du gerade Meerschweinchenfotos gegoogelt hast, und zehn Minuten später werden dir im Onlinekaufhaus Meerschweinchen-Bildbände angeboten.

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Vor einiger Zeit googelte ich mal aus, hüstel, Recherchegründen was über Heavy Metal, zeitnah hatten die Kinder aus, hüstel, nachlässig kulturellen Erziehungsgründen einen Disneyfilm gestreamt. Prompt kommt eine Mail von eBay mit der schönen Zeile: „Sie mögen Heavy Metal und Disney? Sehen Sie sich diese beliebten Fundstücke an!“ Unter den beliebten Fundstücken eine DVD mit Freddie Mercury in schwarzen Lederklamotten auf dem Cover – offenbar das, was die KI als Quersumme aus Heavy Metal und Disney errechnet hatte.

Von wegen Algorithmus vs. Zufall

Jedenfalls, von wegen Algorithmus vs. Zufall: Im August starb 80-jährige Robbie Robertson, von dem ich schon als junger Leser aus dem ME lernte, dass der spitze ist, lange bevor ich zum ersten mal MUSIC FROM BIG PINK hörte. Mich an meinen Erziehungsauftrag erinnernd, rief ich die Kinder zu mir in den Schein der YouTube-Maschine, und wir schauten ein paar Clips aus dem The-Band-Konzertfilm „The Last Waltz“, auch den Schluss, als die Namen dieser ganzen haarigen Männer eingeblendet werden: Robbie Robertson, Rick Danko, Richard Manuel, Levon Helm, Garth Hudson.

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Dann klickt der Junior auf einen in der Seitenleiste ebenfalls offerierten Clip einer Nullerjahre-Liveaufnahme von „Comfortably Numb“ mit David Gilmour und David Bowie, und wir biegen thematisch-musikalisch abrupt in eine völlig andere Gasse ab. Gilmour fängt an, sein berühmtes Solo zu spielen, ich sage: „Bei dem Solo stand er damals bei ,The Wall‘ oben auf der Mauer, die die da auf der Bühne gebaut haben.“

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Jetzt wollen die Kinder die Mauer sehen, ich suche „The Wall 1990 Berlin“ (ohne Gilmour, aber mit gut sichtbarem Pappwürfelwall), und dann fällt mir ein, dass damals bei der Allstar-Sause am Brandenburger Tor ja auch Sinéad O’Connor dabei war, nach deren Tod wir zuletzt auch eine Gedenkrunde auf YouTube gedreht hatten, und ich suche den Clip: Sinéad O’Connor steht mit Knopf im Ohr auf der Wall-Baustelle und singt „Mother“, dann Schnitt auf den Akkordeonspieler und die Backgroundsänger, was sind das für ältere Herren?

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In der Info steht’s: Es sind Rick Danko, Levon Helm und Garth Hudson von The Band. Und jetzt weiß ich auch nicht … Ist das ein altmodischer Zufall, den ich in meine Sammlung tun darf? Oder kann der Algorithmus so was? Ich habe den Eindruck, er müsste dazu mein Hirn mit vernetzt haben. Aber ich bleibe jetzt mal cool, bis mir das jemand näher erklärt.

Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 10/2023.