Waschbären, Hühner und Koyoten


Wenn es bei Andrew Bird um etwas zu gehen scheint, dann geht es meistens doch um etwas ganz anderes ...

Wir erreichen Andrew Bird gleich im ersten Versuch telefonisch in seiner Wohnung in Chicago. Der Mann mit der klassischen Violinen-Ausbildung, früher auch als gelegentliches Aushilfsmitglied der Squirrel Nut Zippers tätig, scheint verhältnismäßig gut gelaunt, ganz entgegen der Ankündigung seines Managements, Bird sei gegen zwölf Uhr mittags noch nicht vollends ausgeschlafen und demzufolge nur bedingt ansprechbar. Es ist zehn nach zwölf, und selbstverständlich wollen wir als erstes wissen, wie das lustige Tier (eine Art Ameisenbär in grün) auf dem Cover der neuen Platte ANDREW BIRD & THE MYSTERIOUS PRODUCTION OF EGGS heißt. „Mein Freund Jay Ryan hat sich das ausgedacht und das Tier zuerst mit Hufen gezeichnet. Bis ich ihn darauf aufmerksam machte, daß es wahrscheinlich kein Tier mit Hufen gibt, das Eier legt. Jetzt hat es so krallenartige Beine.“ Andrew Bird lacht nicht, als er das sagt, er schmunzelt auch nicht. Ein ernsthafter, höflicher Typ, eine Künstlerexistenz, die viel zu erzählen hat, aber jede Formulierung sorgfältig abwägt, sich oft verbessert und leicht verlegen wird. Mit der Zuschreibung „Singer/Songwriter“ kann er wenig anfangen, und damit hat er recht, denn schon ältere Bird-Alben wie THE SWIMMING HOUR mit der sinistren Schauermär „Fatal Flower Garden“ boten einen ungewöhnlichen Mehrwert: Das zarte Fiedeln, das berüchtigte Pfeifen, die Anleihen beim New Orleans-Jazz. „Ich werde oft gefragt, ob Jeff Buckley und Rufus Wainwright wichtige Einflüsse für mich seien, aber ich kann nur sagen, daß ich mit deren Arbeit überhaupt nicht vertraut bin. Und wahrscheinlich wäre es auch nicht gut für mich, mich damit zu beschäftigen. Ich höre lieber Instrumentalmusik oder grooveorientierte, afrikanische und südamerikanische Musik aus den 70ern.“

Bliebe noch die Frage, wer Muriel und Henrietta sind, denen Bird seine neuesten Songs mit entschuldigenden Grüßen gewidmet hat. Man vermutet: zwei Ex-Freundinnen, vom Sänger vielleicht schändlich betrogen. Man bekommt, dem Konzept der Platte gemäß: zwei Hühner. „Bevor ich nach Chicago zog, lebte ich ein paar Jahre auf einer Farm und hatte einen Hühnerstall. Im letzten Sommer hatte ich wenig Zeit und konnte mich nicht ordentlich um die Hühner kümmern. Die Waschbären und Koyoten kamen und haben Muriel und Henrietta aufgegessen.“

www.andrewbird.net