Wenn wir alt sind, geh’n wa auf’n Rave
Unsere Eltern hatten die Beatles, wir haben Hip Hop, Techno und Euro Dance. Unsere Eltern hatten die Sechziger und Siebziger, wir die Neunziger. Jan Schmechtig blickt auf die nächste Oldie-Generation.
Jeder kennt so ein Szenario: Man ist auf irgendeiner familiären Geburtstagsfeier. Irgendwer vor Ort kümmert sich um die Musik. Diese Person hat entweder ein Keyboard und gibt die alten Discokracher selbst zum Besten. Oder sie ist, wenn das Geburtstagskind vernünftiger ist, eine Art DJ. Was die Musik nicht unbedingt besser macht.
Machen wir uns nichts vor: Irgendwann werden auch wir Geburtstagsfeiern schmeißen, bei denen wir einen DJ engagieren werden, der nicht mehr nur der Freund einer Freundin ist, der nebenbei Minimal und Elektrobeats auflegt, sondern Playlisten mit den besten Krachern unserer Jugend dabei hat. Außerdem kommt man als Ü-Dreißiger so langsam in das Alter, in dem man musikalisch immer mehr in Erinnerungen schwelgt.
Während man also auf der Familienfeier vor seinem Herrengedeck hockt und von den Bee Gees, Joe Cocker und Tina Turner auf den Musikgeschmack der buckligen Verwandschaft schließt, stellt man sich die Frage, was wohl auf dem eigenen 60. Geburtstag laufen wird – die durchaus annehmbaren „Oldies“ der 80er mal außen vor, denn mit Whitney Houston, George Michael und so weiter kann man durchaus leben. Konzentrieren wir uns lieber auf die wilden 90er, die musikalische Grauzone, welche die Frage in den Raum wirft: Was wird aus diesem musikalischen Jahrzehnt endgültig in das Oldie-Liedgut unserer Generation aufgenommen worden sein? Welcher Eurodance-, Techno- und Hip-Hop-Track wird es schaffen? Werden die Members of Mayday für volle Tanzflächen sorgen, wird The Notorious B.I.G. mit „Hypnotize“ für spätes Bootyshaken verantwortlich sein, oder werden wir in „Coco Jambo“-Sommererinnerungen schwelgen? Spotify-Playlisten mit dem Besten aus 50 Jahren „Bravo Hits“ werden womöglich unverzichtbarer Bestandteil auf jeder Geburtstagsfeier mit musikalischer Abenduntermalung sein. Und wer die 90er komplett aus der Oldie-Liste verbannen will, der mietet sich den dann knapp 70-jährigen Paul Kalkbrenner, der dann nochmal den „Berlin Calling“ Soundtrack auflegt. Ich würde sagen: Das Alter kann kommen.
***
Jan Schmechtig bloggt unter Horstson.de über Männermode und Musik – und in loser Regelmäßigkeit auf musikexpress.de.