When the going gets tough, the tough get going: The Promise Ring trotzen widrigen Umständen und wagen den Neuanfang.
Wenn sich eine Band mal eben aus dem Stand neu erfindet, hat das meist gute Gründe. Auch The Promise Ring hatten einen triftigen Anlass, sich von ihrem feschen, gleichwohl latent durchschnittlichen Emocore zu verabschieden, der ihnen drei Alben lang als Zuhause diente. „Wenn dich die eigene Musik langiueilt und dir selbst neu geschriebene Songs kaum mehr etwas geben, solltest du darüber nachdenken, ob das alles noch Sinn macht“, sagt Hauptsongwriter Davey van Bohlen. Wohl wahr.
Sinn macht hingegen das hier: Dem Vierer aus Milwaukee ist mit seinem vierten Album „Wood/Water“ der ganz große Gefühls-Wurf gelungen, die wohl schönste Emopop-Platte des noch jungen Jahres – beherzte Traurigkeit, große Melodien und vorsichtige Experimentierfreude. Der „Core“-Anteil wurde kurzerhand komplett aus dem Studio geschmissen, behalten nur, was Herzen zum Bersten bringt. „Wir sind aus dem Alter raus, in dem alles voll nach Dorne gehen muss“, so van Bohlen. „Mit den Jahren lernst du, dass du nicht unbedingt eine Wand einreißen musst, um aufzufallen. Ein schönes Bild an der Wand kann unter Umständen vielmehr Eindruck machen.“ Unter Umständen, ja. Und die waren The Promise Ring zwischenzeitlich nicht eben gewogen. Nachdem Van Bohlen im Jahr 2000 monatelang unter exorbitanten Kopfschmerzen und massiven Gleichgewichtsstörungen gelitten hatte, fand man in seinem Kopf einen faustgroßen Tumor. Es folgten sechs schwierige Operationen und ungezählte Stunden in muffeligen Krankenhaus-Mehrbettzimmern. In den Perioden, in denen van Bohlen nicht mit offener Schädeldecke auf dem OP-Tisch lag oder sich erholte, entstand „Wood/Water“. Irgendwann brachte Gitarrist Jason Gnewikow, ein ausgewiesener Britpop-Fan, dann noch Stephen Street ins Spiel – den Mann, der schon den Smiths, Blur und den Psychedelic Fürs die nötige Portion Schönklang beigebürstet hat. Also vergrub man sich für sechs Wochen in Streets Studiokomplex im britischen Farnham, fernab jeglicher Zivilisation, und brachte „Wood/Water“ in den Kasten. „Diese Platte ist wie unser Debüt-Album“, sagt Davey van Bohlen, „alles, was davor war, spielt irgendwie keine Rolle mehr.“
Auch er selbst ist rundum erneuert und genesen. Demnächst will er heiraten, bald darauf Vater werden – ein neuer Mensch, eine neue Band.
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