Wilco


"I don't care anymore", singt der Dichter Jeff Tweedy auf dem neuen Album von WILCO. "I Do care", stellt der Mensch Jeff Tweedy beim ME-Hausbesuch in Chicago fest. Interview und Fotos: Josef Winkler

Das ist unser dritter Besuch bei Jeff Tweedy anlässlich einer Wilco– Albumveröffentlichung und das erste Mal, dass wir auch mal ein anderes Mitglied der Band zu Gesicht bekommen. Gitarrist/Keyboarder Pat Sansone ist gerade noch da, als wir im „Loft“ ankommen, dem Wilco-Hauptquartier im dritten Stock eines Gewerbebaus im Norden Chicagos. Sansone lächelt, grüßt – und macht die Biege, verabschiedet von Tourmanager/Mädchen für alle Jason Tobias. Tobias, ein angenehmer blonder Mensch Mitte 30, legt gerade letzte organisatorische Handgriffe an die anstehende Spanien-Tour seiner Band. „Das Live-Equipment ist schon unterwegs“, sagt er, während wir staunend durch das „Loft“ wandern.

„Darum ist es hier auch gerade ziemlich leer.“

„Ziemlich leer“ ist sehr relativ zu nehmen. Bei unserem ersten Besuch 2002 stand hier vorne ein Flügel. Dersteht da noch, hat aber jegliche Dominanz über diesen Teil des Raumes eingebüßt, der etzt eine Box für den Drummer und einen mikroständerumwaldcten Studio floor beherbergt sowie einen behelfsmäßigen Kontrollraum mit tischtennisplattengroßem Mischpult (an der Wand eine Notizenliste mit potenziellen Albumtiteln, darunter „Tools vs. Tape“, „Sensitive Jukebox“, „Everlasting“, „Wasted On The Chddren“ und,ja,“BlossomDearie“) und eine Sitzecke mit 50erjahre-Möbeln und OOer-Jahre-XBox, während Sammlungen von Platten, Gitarren, Trommeln, Keyboards, Verstärkern, alten Radios (das Steckenpferd von Tobias), Büchern, DVDs, skurrilen Souvenirs, Postern, Bildern, Klamotten, Hüten etc. pp. die Flächen und Wände entlangfluten. Auf der anderen Seite des stockwerkgroßen Raums ein Dschungel aus Regalen voller Gitarrenkoffer, Stative, Flightcases, Landschulheim-Stockbetten für lange Sessionnächte, eine Musicbox, Schreibtische mit Globen, Fotos, Post, ein Bassdrum-Frontfell mit dem Konterfei des Kamels Alfred, Coverstar der neuen Platte, eine unaufgeräumte Werkstatt mit Lötkolben und 1001 Schächtelchen – und eine kleine Küche. In der sitzt man jetzt mit Jeff Tweedy, der gerade hereingeschneit ist. Autoschlüssel und nu-ravig rosa(!) Ray-Ban liegen in seiner Basecap, eine Coke Light zischt, Tweedy fährt sich durchs struppige Haar und ist ungefähr der entspannteste, erfreulichste Mensch der Welt. Dem 41-Jährigen, der durch tiefe Täler gegangen ist, scheint in diesen Tagen kein Dämon im Nacken zu sitzen. Das hört man der neuen Platte WILCO (THE ALBUM) an. Aber nicht zu sehr. Wow. Als ich das erste Mal hier im Loft war, zur Zeit von VANKEE HOTEL FOXTROT, war es leer im Vergleich zu jetzt.

Jeff Tweedy: Wirklich? Das war wohl kurz nachdem Jay (Bennett; 2001 geschasster Gitarrist/Keyboarder) die Band verlassen hatte. Nachdem sein Zeug abtransportiert war er hatte ein recht großes Grundstück hierdrin besetzt-, wirkte es hier eine Zeitlang leer, bis dann alle ihre Sachen von zu Hause herschleppten. Aber ich habe in den letzten sieben Jahren schon auch viel Ausrüstung angesammelt… Es lief gut mit der Band (lacht), und ich kann einfach nicht aufhören, Zeug zu kaufen. Hast du das Cimbalom da drüben gesehen? Das habe ich aus Hamburg.

Den Hauptteil der neuen Platte habt ihr ja gar nicht hier aufgenommen. Nein. Wir hatten das zwar vor. Aber dann flogen wir vier Pat, John (Stirrat, Bass), Glenn (Kotehe, Schlagzeug) und ich nach Neuseeland, zu Aufnahmen für eine Benefiz-Platte. Mit Leuten von Radiohead, Jonny Marr, Crowded House … Sie heißt SEVEN W0R1.DS COLLI-I)F. und kommt im Sommer raus. Der Plan war, danach zurückzukommen und hier mit der Wilco-Platte anzufangen, aber … dann war das Wetter so schön und das Studio war wunderbar – und so ungern ich das zugebe: Es war auch ganz befreiend, nicht unser ganzes Zeug zur Verfügung zu haben, sich konzentrieren zu müssen: Diese paar Instrumente haben wir hier, jetzt sehen wir mal, was wir damit zustande bringen. Befreit von den Bürden irdischen Besitzes … Ja, genau. Ernsthaft: Ich will das ganze Zeug hier verkaufen. … nicht. Nein, (vrient) Ich kann nicht.

Jason meinte aber, dass ihr wohl mal umziehen werdet. Na ja, es gibt auch wirklich Störfaktoren. Im Stock über uns steht zum Beispiel so eine Art Presse, die immer rumpelt, man hört sie auf der Platte, am Anfang des zweiten Songs. Dieses Geräusch hören wir hier ständig. Ich weiß gar nicht genau, was das ist. Die stellen da oben irgendetwas her. Du weißt gar nicht, was? Nein. Sie sind sehr heimlichtuerisch. Ich weiß auch nicht, wer „sie“ sind. Ich sehe da nie jemanden rein- oder rausgehen. Es ist ein bisschen … (grinst) Jedenfalls: Dieses Gebäude gehört nicht uns, darum haben wir bisher gezögert, hier allzu große Investitionen zu unternehmen, zum Beispiel ein richtiges Studio reinzubauen. Ihr habt euch in Auckland eingenistet. Für die Daheimgebliebenen, Gitarrist Nels Cline und Keyboarder Mikael Jorgensen, war das okay? Nun, es war ja ohnehin der Plan, wieder mit Basic Tracks und Overdubs zu arbeiten, im Gegensatz zur letzten Platte SKV BLDE SKY, wo wir alles so live wie möglich einspielen wollten. Wir haben drüber nachgedacht, die beiden einzufliegen. Aber dann hätten sie erst einen Tag oder zwei gebraucht, um sich zu akklimatisieren, bevor wir hätten anfangen können. Und wir waren einfach bereit zum Loslegen. Wenn etwas einem von den beiden nicht gefallen hätte, hätte man’s immer noch ändern können. Aber sie fanden’s super, dass wir mit diesen Basictracks heimkamen. Ein stabiles Fundament, von dem aus wir dann alle zusammen losprobieren konnten. Die neue Platte … ich war anfangs enttäuscht. Ach ja? Weil ich über zwei Jahre hinweg in SKY BLIIE SKY verknallt war, speziell die Gitarrengeschichten von dir und Nels Cline – und die fehlen auf WILCO (THE ALBUM) ja weitgehend. War es eine bewusste Entscheidung, diesen Aspekt etwas runterzudimmen? Oh. Da geht viel weniger Plaweiter aul Seite 44

Das ME-Interview

nung rein, als man denken möchte. Unsere Absicht war, die nächste Platte zu machen. Unsere Absicht war nicht, irgendetwas absichtlich zu tun oder zu vermeiden. Wir hatten nur eine Richtlinie für dieses Album: dass wir uns wieder erlauben würden, mehr Overdubs zu machen. Und ich hatte eine Penode, wo ich eher bündige, präzise Songs geschrieben habe. Die meisten Songs auf SKY BLUE SKY waren ja entweder älter, und wir haben sie zusammen in Form gebracht, oder sie kamen aus dem Nirgendwo, aus einer Jam-Situation heraus. Diesmal kam ich schon rein mit einem Haufen ziemlich fertiger Songs, die ich den anderen vorspielen konnte.

Es ist wahrscheinlich normal: Wenn man etwas total liebt, will man mehr davon. Ich hatte wohl ein ähnliches Problem wie die Leute, die auf SKY BLUE SKY „das Experimentelle“ vermissten. Ja. Man „weiß ja immer erst, was die Leute von der letzten Platte halten, wenn man die neue rausgebracht hat. (lacht) Du hättest mal hören sollen, was damals (2001) über YANKEE HOTEL FOXTROT gesagt und geschrieben wurde. Oder davor SÜMMERTEETH. Oder ganz früher, bei Uncle Tupelo (Tweedys erster Band; Antn.) … Im Grunde war es bei jeder Platte so: Die Leute, die sie am meisten Heben, sind die, die dann am ehesten enttäuscht sind von der nächsten. Das ist unvermeidlich. Glücklicherweise verstehen die meisten Leute … die meisten zurechnungsfähigen Leute (lacht), dass wir nicht darauf aus sind, sie persönlich anzugreifen. Aber es gibt tatsächlich auch die, die sich so derart mit einer Sache identifizieren, die sie gut finden, dass sie einem dann zum Vorwurf machen, man habe etwas, in das sie emotional investiert haben, einfach genommen und verändert^. Es ist unglaublich, mit was für einer Feindseligkeit man da konfrontiert werden kann. Diese Leute kommen nicht damit klar, dass sie keine Kontrolle über die Veränderungen haben. Das macht sie wütend. Und dann gehen sie auf Messageboards und … üben dort Kontrolle aus. (lacht) Liest du Messageboards?

Meine Frau zeigt mir manchmal Sachen. Und ich finde das auch sehr, sehr faszinierend, aber ich versuche, mich dem nicht allzu viel auszusetzen.

Welche sind für dich zentrale Songs der Platte?

Hm … (rumpelndes Geräusch von oben) Gehört? Das ist es. Jetzt haben sie angefangen. Also: Ich schätze mal „Deeper Down“ und „Everlasting Everything“ haben am ehesten etwas, das man philosophisches Konzept nennen könnte. Vor allem „Everlasting Everything“. Da geht’s um Vergänglichkeit.

Das scheint ja …

… eine Obsession von mir zu sein? Haha! Sieht so aus.

Wo kam denn die Idee zu „Wilco (The Song)“ her? Ich hatte Zeilen gesammelt, die klangen wie aus einem Informercial aus dem Werbefernsehen, auf die Art “ Ihr Weiß ist nicht weiß genug?…“ Und dazu suchte ich dazu den auflösenden Refrain, quasi den Werbeclaim. „Letgo, we’ll loveyou“… oder „someone will loveyou“. Aber das klang alles irgendwie schlockig. Wenn ich den Song mit den Jungs spielte, sang ich die Zeile „Wilco will loveyou“, als Gag. Das kam aber gut, und irgendwann dachte ich mir: Dann ist das eben der Refrain, dann ist es eben ein Infomercial für die Band! Gleichzeitig ging dieser Blödsinn mit Joe The Plumber los, bei den Wahlen, das wurde ein Running Gag: Mit Wilco The Band, Jeff The Guitar Player. Und dann gab’s eben irgendwann auch „Wilco The Song“.

Ich als Fan verstehe den Song als Verbundenheitsgeste.

Es gab die Idee, das dann noch breiter anzulegen, den Song nicht nur von uns handeln zu lassen. Mit anderen Namen.

(singt) “ Nick Löwe will love you“, „] „Lo…“, „Devo…“ Ein paar andere Leute erwähnen, vielleicht als Gäste einladen … Daraus wurde nichts, aber ob nun Wilco oder jemand anders: Ich finde die ganze Idee sehr … herzlich. Und es ist eine Realität in meinem Leben: Platten und Songs haben mich oft getröstet in Zeiten, als das nur noch sehr wenige andere Dinge vermochten. Das klingt ein bisschen over the top, aber es ist wahr.

Da ist eine Textzeile, die schon dabei ist, so etwas wie eine Catchphrase des Albums zu werden – ein Kollege hatte sie bereits auf einem Post-it-Zettel an seinem Bildschirm kleben -, bei der ich mich fragte: Ist das die Art von Slogan, die Jeff Tweedy kommunizieren will? Ich meine die Zeile „I don’t care anymore“ in „You Never Know“. (lacht) Ja, ich sehe, dass diese Zeile für sich genommen eine Art Apathie befürwortet, die ich nicht empfehlen möchte. Im Kontext des Songs bedeutet sie: Ich werde mich nicht mehr aufreiben wegen Dingen, über die ich keine Kontrolle habe.

Buddhismus?

Mag sein. Und ich habe nicht über sehr viele Dinge Kontrolle. Ich habe Kontrolle über mich und wie ich auf Sachen reagiere. Ich habe mir dieses “ / don’t care anvmore“ als etwas Befreiendes gedacht: Ich schere mich nicht mehr drum, immer und überall Stellung zu beziehen. Unsere Gesellschaft ist wie besessen davon, dass jeder sich in jedem Belang für eine Ansicht entscheiden muss, und wenn die Sache noch so wenig mit seinem Leben zu tun hat. Und die Leute lassen sich da so drauf ein, dass irgendwann die

Welt nur noch aus „entweder/ oder“ besteht. Lauter klare Entscheidungen, keine Schattierungen mehr. Aber die Grundidee dieses kleinen Songs ist ja (in der Zeile „every generation tbmks it ’s the end of the world“; Anm.), dass die Menschen immer gedacht haben: Jetzt geht’s bergab, wir leben in apokalyptischen Zeiten, das Ende der Welt ist nah. Ich glaube, die Leute finden es einfach unbegreiflich, dass da etwas sein könnte jenseits von ihnen – wie kann das alles einfach weitergehen, wenn ich nicht mehr da bin? Und so verheddert sich Generation um Generation in die Idee des nahenden Endes. Und klar: Es gibt existenzielle Bedrohungen. Aber die Leute sollten großen Trost aus der Tatsache ziehen, dass jede Generation bisher den Weltuntergang hat heraufziehen sehen – und dass er bisher nicht eingetreten ist.

In dem Text taucht einfach so und sehr rätselhaft der Name „Synthesizer Patel“ auf. Ich hab gegoogelt – das ist eine Figur aus einer BBC-Comedyserie. Ist er nur wegen des Reimes in dem Lied?

Haha! Wir haben uns eine ganze Europatour lang im Bus über diese BBC-Show „Look Around You“ schlappgelacht. Und jetzt ist Synthesizer Patel in dem Song – ja, der passte da schön rein wegen des Reimes. Und ich sah mich dann auch nicht genötigt, das noch zu ändern, ausgerechnet in einem Song, in dem ich singe „I don’t eure anymore“. (lacht) Außerdem dachte ich mir tatsächlich, dass es hübsch sein könnte, wenn Leute den Namen dann googeln und darüber auf diese Serie kommen. Neue Kommunikationswege für Songwnter.

Wie kam’s zu dem schönen Duett mit Feist. „You And I“?

Wir haben Leshe bei den Grammys kennengelernt…

… wo du ja so gern abhängst.

(grient schief) Ja, genau. Wir waren da, aber ich war nicht gern da. Wir und Leslie haben uns einfach gegenseitig unserer Wertschätzung versichert. Und weil ich schon sehr lange ein Duett mit einer Frauenstimme machen wollte und Leslies Stimme eine meiner liebsten ist, haben wir später mit ihr Kontakt aufgenommen.

Bei der Session entstand auch noch ein Cover von Woody Guthries „The JoIIy Banker“, daraufspielt Feist laut Songcredits ein „garden weasel“, und ich dachte schon … aber dann hab ich’s nachgeschlagen und fand raus, dass das ein Gartenwerkzeug ist.

Ja, klingt wie ein Tamburin.

Ich fänd’s ja super, wenn Leslie Feist ein Wiesel gespielt hätte.

Ja, doch, aber wir versuchen es weitgehend zu vermeiden, Kleintiere und Nager zu spielen. PETA würde zum Boykott unserer Shows aufrufen, wenn wir tatsächlich ein Wiesel auf einer Platte spielen würden. No animals were harmed in the making of this record. Or the cover photo. (mehr über das Cover von WILCO (THEMSL’M) im nächsten Heft-Anm. d. Red.) Der eindringlichste Song des Albums ist „Bull Black Nova“, erzählt aus der Perspektive eines Protagonisten, der gerade einen Mord begangen hat.

Mir geht’s um diese Zwischenwelt zwischen Realität und der Flucht vor ihr, in der der Protagonist sich bewegt. Und den Willen, die Realität wegzudrücken. Leute in Traumasituationen haben ja diese Wahrnehmung, sie würden jeden Moment aus einem bösen Traum erwachen. Ich stellte mir jemanden vor, der eigentlich nicht gewalttätig ist und in diese Situation gerät. Die meisten Menschen haben in ihrem Leben schon einmal etwas getan, von dem sie wünschten, sie könnten es ungeschehen machen. Darum geht’s im Song.

Als wir 2002 sprachen, wirkte es, als ob es still in dir brodelt über die Bush-Regierung, die gerade richtig loslegte. 2004 warst du dann offen zornig. Der neue Song „Country Disappeared“ ist jetzt eine recht niedergeschmetterte Bestandsaufnahme der USA. Ich stimme nicht allem zu und werde nicht allem zustimmen, was die Obama-Administration macht. Aber ich bin so dermaßen erleichtert, einen Präsidenten zu haben – und ich habe das Glück, den Mann ein paar Mal getroffen zu haben der eine echte Person ist, ein Mensch. Er kann in vollständigen Sätzen reden, und alle seine Ansichten und Standpunkte wirken durchdacht. Da werden verschiedene Seiten eines Sachverhaltes abgewägt und nicht einfach rein politische Antworten gesucht. Und die Leute sind an Bord – nicht nur, um ihr Stück vom Kuchen zu sichern; da ist ein Altruismus spürbar. Ich fühle mich durch all das sehr ermutigt. Ich glaube, der ganzen Welt geht es so.

Du singst über dein Land: „None of that is ever going to mean as much to me again.“

Nun: Ich singe ja nicht zwingend immer aus meiner persönlichen Sicht. Ich habe den Song nach Obamas Wahlsieg fertig gemacht. Und einige Aspekte davon treffen ja jetzt sogar noch mehr zu. Ich meine: Da sind gewisse Leute, die niemals an Bord sein werden. Was in den konservativen Medien jetzt verbreitet wird – diese Vorstellung, dass da eine „sozialistische Revolution“ läuft, dass eine Tyrannei am Entstehen ist, die den Bürgern ihre Freiheiten nehmen wird -, das grenzt ja an Hochverrat. Hör mal: Wir haben eine demokratisch gewählte Regierung.

Aber glauben diese Leute, was sie da von sich geben?

Einige sind wohl tatsächlich dumm genug, in den meisten Fällen ist da aber einfach ein unglaublicher, diabolischer Zynismus am Werk. Das ist eine kleine destruktive Gruppe, die missgünstig und voller Hass ist. Nur: Die, denen sie den Quatsch verkaufen, sind traurige, unglückliche Menschen – und die haben dann etwas, worauf sie sich einschießen können. Aber ich glaube ja, das sind die Todeszuckungen einer ganzen Denkkultur, die am Ende ist. Die die Erderwärmung verleugnet, die sagt, dass Amerika sich auf der Welt aufführen kann, wie es will… Das hat keine Zukunft, das hat sich doch schon vor der Wahl gezeigt… (atmet durch) Du siehst: / DO care. „Sometimes I don’t care as much“, wäre wirklich die treffendere Zeile gewesen. Aber die läuft nicht so schön. Haha!

Diese Urheberrechtsklage, die Ex-Bandkollege Jay Bennett jetzt auf dich abgeschossen hat – was ist da dran?

Nun. (überlegt) Die meisten Forderungen sind so ohne jede Grundlage, dass es viel darüber sagt, wie albern die restlichen sind. Zum Beispiel, dass behauptet wird, ich hätte einen Film produziert – wo es drei Sekunden dauert, einen Blick auf das DVD-Cover (von Sam Jones‘ Wilco-Doku „I Am Trying To Break YourHeart“, 2002, in der Bennett auftaucht, woraus er Geldforderungen ableitet; Anm.) zu werfen und festzustellen, dass ich den nicht produziert habe. Das ist in etwa das Niveau dieser Klage. Ich kann im Moment nicht mehr dazu sagen, außer, dass es mich traurig macht. Und dass es mir leid tut für Jav*.

Traurig soll das hier nicht enden, drum reden wir noch kurz über deinen Sohn Spencer – der bereits in deinen Fußstapfen steht und in einer Band spielt. Eine gute Band?

Ja, würde ich schon sagen. Sie finden gerade ihre Stimme, entdecken, was sie wollen. Sie haben einen aufblühenden Songwnter, und Spencer ist ein fantastischer Drummer. Auch wenn er nicht mein Sohn wäre, würde ich einen 13-Jährigen bewundern, der kann, was er kann.

Suchen sie deinen Rat?

Eher nicht, haha!

* Kurz vor Drucklegung dieser Ausgabe erreichte uns die Nachricht, dass Jay Bennett in den Morgenstunden des 24. Mai in Urbana. Illinois gestorben ist. Mehr im nächsten Heft.