Wild In The Streets


Beiß nur rein in den dicken Apfel – ins vollste Menschenleben: New York. So scharf kontrastreich und so hart aneinander gedrängt gibt es das nicht noch mal. New York: Kern der Welt. Riskier mal’n Blick da rein. Immer billiger werdende Flüge machen’s ja möglich.

Wenig empfehlenswert sind Pauschalgruppenreisen. Da wird man glatt schon mal um einen ganzen Tag geprellt, in Hotels mit schlechtem Service verfrachtet und muß mittags sein Zimmer räumen, obwohl der Rückflug erst spät nachts losgeht. Den optimalen Flug mußt du daher selber rausfinden, beim Reisebüro. Auf der Nordatlantik-Route ist dauernd was in der Mache, und Öl schlägt auch auf die Preise.

Nachts über New- York einzuschweben – mein Gott, ist das ein Erlebnis, immer wieder aufs Neue. Das Lichtermeer verheißt himmlisch-irdische Erlebnisse. Vom Kennedy-Airport fährt ein Bus ins Herz von New York, nach Manhattan (4 Dollar), neuerdings auch ein direkter Zug.

Mit der Subway kommt man für einen „Token“ (Spezialmünze für die U-Bahn, 50 Cents wert, gleich mehrere kaufen) schon ganz schön weit, man muß nur gewieft Umsteigemöglichkeiten zwischen den drei Gesellschaften austüfteln. Sonntags gibt es preiswerte Rückfahrregelungen. Spätnachts besser nicht U-Bahn fahren. Wo Taxis sowieso spottbillig sind. Doch paß auf, sonst nimmt dir einer, „Sony, fella“, das Zehnfache ab oder rechnet und wechselt so lange hin und zurück, bis du meschugge bist und er bereichert.

Wer lieber zu Fuß geht: verlaufen kann man sich eigentlich nicht, höchstens im Süden der Felseninsel Manhattan, weil da die Straßen nicht numeriert sind. Stadtpläne gibt’s schon in Deutschland in manchen Reisebüros, auch der Falk-Plan ist brauchbar. Übrigens: Wer an ’ner roten Fußgängerampel auf Grün wartet, verrät sich als Greenhorn, man latscht abgebrüht rüber, wie’s der Verkehr gerade zuläßt.

Mit Hotels ist das so eine Sache. Es gibt billige, die sind dann aber auch billig. Ist nicht angenehm, mit Kakerlaken (die große Plage von New York) das Zimmer zu teilen. Eine Dusche braucht man im Sommer auf jeden Fall, denn hohe Luftfeuchtigkeit und Dreck derben dir ganz schön das Fell. Und nichts hat man am Ende gespart, wenn einem die paar Kröten, die man hat, auch noch geklaut werden. Im „William Sloane House“ (356 West 34. Straße) von der YMCA mit fast 1500 Zimmern kann man aber schon ab etwa 8 Dollar schlafen,im Royal Manhattan Hotel des Student Centre (700 Achte Ave.) ab 6 Dollar.

Ich würde immer wieder ins Chelsea gehen (der ME bereitet eine Story über dieses – trotz Sid Vicious – liebenswerte Hotel für Poeten und Musiker vor). Die Nacht von 12 Dollar aufwärts, zu mehreren kann man eine ganze Suite mieten, mit Küche. Hauptsache aber, man lebt unter duften Typen. Bei Vorauszahlung für sechs Tage gibt’s (überall) den siebten als Rabatt gratis.

Eine Art Verkehrsbüro, das New York Convention & Visitors Bureau, liegt am Times Square, Nr. 90 East an der 42. Straße (East heißt immer östlich vom Broadway, West natürlich westlich). Da kriegt man auch auf postalische Bestellung von Übersee den „Hotel Folder“ (Hotelnachweis), den „Shopping Guide“, den „Restaurant Folder“ und andere nützliche Papiere. Adresse: New York City, N.Y. 10017.

Zum Futtern hat man die Wahl unter rund 20 000 Restaurants aller Geschmacksrichtungen. Günstig ist es nachmittags, zwischen Lunch (12 bis 14 Uhr) und Dinner (18 bis 21 Uhr) essen zu gehen. Dann braucht man nicht Schlange zu stehen, und viele Restaurants haben zu eben dieser Zeit niedrigere Preise, auch Chinesen.

Trinkgelder sind in den Rechnungen nie enthalten. Man gibt gut 15 Prozent nicht kleinlich sein (die Leute leben davon)! In vielen Restaurants zahlt man die Rechnung vorne an der Kasse und läßt das Trinkgeld auf dem Tisch.

Die „Village Voice“ muß man sofort besorgen, sie erscheint jeden Mittwoch (50 Cents). Der füllige Anzeigenteil flüstert, wo’s Reggae, Blues, Folk, Rock und all das zu hören gibt. „Cue“ (1,25 Dollar) 14täglich, ist für etwas feinere Ansprüche. Aufpassen bitte auch auf die vielen Free-Concerts sommers in der ganzen Stadt.

Ob man die üblichen Wahrzeichen – Empire State Building, World Trade Center, Stature Of Liberty (diese Hure), Rockefeiler Center – und all das betrampelt, ist ’ne individuelle Entscheidung. Aufregender ist es auf jeden Fall, durch die Straßen zu flanieren. Vergiß die vielen Stockwerke, saug den Geruch der Straßen ein! Am Washington Square verfolg das skurrile Treiben, blinzel in die Sonne. Dann ein paar Schritte runter ins Village eintauchen: Restaurants mit exotischen Düften, daß die Nasenwände vibrieren; Clubs reihen sich fast aneinander, Raritäten-Kinos, Buchläden, kreative Galerien. Nun bist du schon in SoHo (abgekürzt von South Of Houston Street); das ist so eine richtige konzentrierte Künstlerkolonie geworden. Da wird noch nachts lange auf den Straßen diskutiert, und keiner tut dir was.

New York ist unglaublich schillernd. Weil nämlich alle Einwanderergruppen ihre kulturellen Spuren hinterließen. In sommerlichen Mittagspausen herrscht ein reges Leben mit Laienpredigern und anderen Weltverbesserern in der Wall Street. Sonntag morgens, während die City tot ist (auch sehenswert!), ist’s noch bunter im Central Park (dort nie bei Dunkelheit durchgehen!).

China Town in New York ist nicht so groß und interessant wie der gleichnamige Stadtteil in San Francisco. Bei Führungen darf man sich nicht bluffen lassen. Garantiert wird man in einen buddhistischen Tempel gelotst (oft nur Hinterzimmer mit Alibifunktion), dessen Ausgang durch einen Andenkenladen führt. Ansonsten aber ist China Town für Touristen clean und ungefährlich.

Empfehlenswert ist auf jeden Fall eine Rundfahrt durch Harlem von Penny Sightseeing mit Schwarzen als Guide, die auch (drei Stunden lang, 5 Dollar) harte Wahrheiten erzählen (303 West, 41. Straße). Gefährlich ist es natürlich hier und da, oder besser: kribbelig – aber das muß man selber abschätzen. Geh da nicht hin als Zoobesucher, menschliche Underdogs sind doch keine Affen! „Nice vibes“ sind ’n guter Schutz. Weißt du, wenn ein Hund spürt, daß du Angst vor ihm hast, beißt er. Genauso ist es mit Menschen – aller Hautfarben.

Braucht man mal ’n Hut, wie er gerade in ist, Boots oder Jeans – das Kaufhaus „Macy’s“ muß nicht sein. Auf der 14. Straße drängen sich gut sortierte Läden bis weit auf die Gehwege. In der UNO gibt’s etliche Zigarettenmarken; Tabak und Blättchen vereinzelt im Village. Brot und Bier kann man in Tante-Emma-Läden („Delicatessen“ und „Grocery ) häufig noch nachts kaufen; Ladenschlußzeiten werden locker gehandhabt – dies ist ein freies Land.

Ein angenehmer Buchladen ist der „New Morning Book Store“ an der Spring Street, Nummer 169. Platten findest du entweder bei Sam Goody, von dem man auch importieren kann (51 West 51. Str. und 666 Third Ave.) und in der SoHo Music Gallery (26 Wooster Street). Natürlich gibt’s mehrere, aber weiter lauf ich einfach nie.

Jazzklubs gibt’s wohl an die fünf Dutzend. Von den kommerziellen ist mir „Sweet Basil“ (88 Seventh Avenue South) der liebste; nette Leute, erstklassige Musik und fabelhaftes Essen (der „Chefs Salad“

mit bio-sauberen Zutaten). Über die Jazzline 421-3592 kann man telefonisch Veranstaltungen up to the hour hören. Nicht vergessen: die Lofts, zum Beispiel das lässige Studio WIS (151, 21. Straße) und das gemütliche Jazzmania (14 East 23. Straße).

Für Rockgläubige ist „Max’s Kansas City“ (Park Ave./17. Straße) die erste Adresse. Reinschauen sollte man auch ins CBGB’s (315 Bowery), ins Bottom Line (15 West 4. Straße) oder Palladium (14. Straße westlich der 3. Avenue). Viele bekannte Bands und Interpreten kommen in diese Clubs, von den Dire Straits über die Clash bis zu Peter Tosh.

Eines der vielen Museen muß man ganz einfach gesehen haben, die sind in New York längst nicht so langweilig und verstaubt wie hier. Picassos „Guernica“ in voller Breite und live im Museum Of Modern Arts zu sehen, da bleibt einem schon der Mund offen stehen. Zwar noch in New York, aber fast eine halbe Tagesreise entfernt (Subway, Ferry, Train, Taxi) vom Zentrum, liegt auf Staten Island (338 Lighthouse Ave.) das einzige (echte) tibetanische Museum der westlichen Welt. Sehr friedlich ist es da, in dörflicher Nachbarschaft, auch Myriaden von Mücken. Man muß das halt alles mal selber entdecken.

Ein paar Tips noch zum Schluß. Hör Radio in New York – es gibt etwa 35 Sender (!) für Rock, Reggae, Jazz, Disco, News und was weiß ich nicht alles. Nicht zu große Geldscheine oder Travellerschecks nehmen, da kann’s beim Wechseln Schwierigkeiten geben. Und aufpassen: Die Dollars sehen alle gleich grün und gleich groß aus. Geld und Wertsachen in den Safe vom Hotel legen, das kostet nichts. Keine Angst haben vor dem Zeitschock. Einfach den nach dem Hinflug um sechs (im Sommer fünf) Stunden verlängerten Tag oder die Nacht voll durchziehen. Das Zusammenklappen kommt erst nach der Rückreise, in West-Ost-Richtung. Dann kann die Umstellung für den Körper bis zu drei Tagen dauern. Im Betrieb schuften oder Schule oder Uni gleich voll genießen kann man sofort anschließend nicht. Am besten erst mal richtig ausschlafen. Was sich auch in New York mal für eine Nacht lohnt, um die Gedanken zu ordnen.