Wir haben Macken


Du hast da eine interessante Tätowierung auf Dei- nem linken Unterarm…

Ja, sie ist ganz neu und stellt ein indianisches Symbol für Stärke dar. Ich hab‘ übrigens noch zwei andere, eine am Rücken, die bis hinunter zum Po führt, ebenfalls ein Symbol. Und dann habe ich noch eine Tätowierung, die ich dir aber leider nicht zeigen und über die ich dir auch nichts erzählen kann.

Warum nitcht?

(kichert) Sie ist an einer Stelle meines Körpers, den ich nur ganz wenigen Menschen zeige. Und diese Menschen sollen dann eine kleine Überraschung erleben…

Wie kamst Du denn darauf, Dich tätowieren zu lassen?

Das war für mich ein sehr ritueller Akt, ein Befreiungsschlag, mit dem ich mich von all dem Schmerz erlöste, der sich bei mir in den letzten Jahren angesammelt hatte. Ich ließ mich tätowieren – mir also äußeren Schmerz zufügen -, um den inneren Schmerz zu überwinden. Da Tattoos bekanntermaßen für die Ewigkeit sind, werde ich ein Leben lang daran erinnert werden, daß ich Schmerz empfand – und ihn überwunden habe. Ein sehr erhebendes Gefühl!

Von welchem Schmerz sprichst Du konkret?

Ich möchte jetzt nicht ins Detail gehen, aber in den 31 Jahren meiner Existenz hat sich eine Menge Dreck in meiner Seele angesammelt. Die verkorkste Beziehung zu meinem despotischen Vater, eine frühe Hochzeit mit einem Drogenabhängigen, die nach wenigen Monaten annulliert wurde, das Bild, das die Leute in der Öffentlichkeit von mir haben…

Welches BIM haben die Leute denn Deiner Ansicht nach von Dir?

Sie glauben, daß wir Jacksons eine total durchgeknallte Familie sind, völlig weltfremd eben. Ich meine: Natürlich war es hart, in dieser… Dynastie (lacht)… groß zu werden. Der frühe Ruhm, das ständige In-der-Öffentlichkeit-Stehen, die Rivalität untereinander-so was belastet die jugendliche Seele. Und daß unser Vater so ehrgeizig war, hat die Sache auch nicht eben erleichtert. Doch letztendlich haben wir Geschwister allesamt Erfolg. Wir verdienen gutes Geld, sind sehr solidarisch untereinander und finanziell unabhängig. Ich denke nicht, daß wir verrückter sind als die meisten anderen Familien. Wir haben Macken, klar, aber so ist das Leben nun mal eingerichtet. Und es ist doch gan2 spannend, daß jeder Mensch eine andere Macke hat, oder nicht? Nur weil wir Musik machen, im öffentlichen Leben stehen und viele Platten verkaufen, darf man uns dafür nicht verteufeln. Wir sind völlig anders, als die Medien uns die ganze Zeit über darstellen. Und bestimmt nicht so einseitig und simpel konstruiert.

Du bist im Gespräch genauso offensiv wie in den Texten Deiner aktuellen CD, auf der Du eine starke, selbstbewußte Frau darstellst. Siehst du Dich als diese Frau?

Ich nähere mich dieser Frau an, denn ich lerne gerade, wer ich bin. Ich habe also einen Weg eingeschlagen, und diesen Weg gehe ich konstant weiter. Inzwischen weiß ich nämlich immerhin, was ich will. Ich verfolge ein Ziel: Ich möchte eine unabhängige Person sein, möglichst unbelastet von der Vergangenheit. Eine Menge dieser Erfahrungen findest Du in den Texten von meinem neuen Album „The Velvet Rope“. Auch wenn mir das vermutlich mal wieder niemand abnimmt – wer sich mit diesen Texten beschäftigt, weiß danach eine Menge über die Janet Jackson von heute. Die Lieder handeln von Tod, Geschlechterverwirrung, Schmerz und Selbstfindung…

…und zu einem nicht unwesentlichen Teil auch von Sex und dem damit verbundenen Spaß.

Na klar, denn Sex ist große Klasse! Eine der wenigen wirklichen Freuden, die diese Welt zu bieten hat. Ich wollte diesmal so direkt wie möglich über dieses Thema singen, ohne daß ich plump oder vulgär klinge. Deshalb sind die Texte diesmal viel direkter als auf dem letzten Album. Ich bin mal gespannt auf die Reaktionen der Leute.

In Europa wirst Du damit möglicherweise nur ein Achselzucken ernten…

Bei euch ist diese Form von Outing keine große Sache. Ihr habt Sex im Fernsehen oder in der Werbung, ihr geht sehr locker damit um. Aber hier in Amerika ist Erotik immer noch ein Tabu – besonders die weibliche Sexualität,