Yes


Monatelang steckten Yes im schweizerischen Montreux , um ihr neues Album aufzunehmen: " Going For The One" , benannt nach einem alten Son g von Jon Anderson. Als ein Teil der LP bereits produziert war, wechselte die Band ihren Keyboard-Spieler aus: Patrick Moraz ging, und der frühere Yes-Tastenmagier Rick Wakeman kehrte zurück — ganz wie der verlorene Sohn aus der Bibel. Über Wake- mans Heimkehr, über das neue Album und über Trends in der aktuellen Popmusik sprach ME-Mitarbeiter Alan Bangs mit Yes-Bassist Chris Squire .

ME: Rick Wakeman ist wieder zu Yes zurückgekehrt. Wer hat beschlossen, daß er zurückkommen soll?

CS: Nun, Rick war immer als der Keyboard-Spieler von Yes bekannt, und ich denke, es ist besser für ihn, wieder bei uns zu sein, genauso wie es besser für uns ist, daß er wieder da ist. Es war eine gemeinsame Entscheidung. Wir haben denselben Manager, und wir fragten ihn einfach, „Möchtest du zurückkommen?“, und er sagte „ja“. Es war wirklich nicht mehr als das. Es war eine ganz einfache Sache, obwohl wir eigentlich die Aufnahmen mit Patrick (Moraz) angefangen hatten. Aber mit dem lief es nicht ganz so wie es sollte. Obwohl Patrick schon seit Jahren mit uns spielt, ist es das erste Album, das wir mit ihm als vollwertigem Yes-Mitglied machen wollten. Es fehlte einfach die Kommunikation zwischen Gitarre und Keyboards, und das muß einfach stimmen, genauso wie das Zusammenspiel von Baß und Schlagzeug stimmen muß. Und so ist Patrick gegangen und hat die Aufnahmen zu seinem eigenen Album in Genf beendet. Rick ist zurückgekommen und spielt dieselben alten Sachen. Ich meine, wir haben die Lieder auf diesem Album wirklich gemeinsam komponiert, alle haben daran mitgearbeitet, und ich denke, es sind alles schöne Lieder.

ME: Vor gar nicht langer Zeit haben alle Mitglieder der Gruppe Solo-Alben veröffentlicht. Welche Auswirkung hat dies auf die Gruppe gehabt?

CS: Es hat jeden bereichert, in dem Sinne, daß jeder alle Aspekte der Entstehung eines Albums kennengelernt hat. Für mich war es so, daß mir dabei wirklich alles bewußt wurde: das Schreiben, das Produzieren, wer mitspielen sollte, und eine Menge Sachen, die untergehen, wenn du in einer Gruppe spielst. Aber nachdem ich das gelernt hatte, war es sehr schön, wieder mit der Gruppe zusammenzukommen, und es war eine gemeinsame Erfahrung, wieder zusammenzusein mit dem breiteren Bewußtsein, daß wir durch unsere Soloprojekte erlangt hatten. ¿ ME: Warum habt ihr das neue Cover von Hipnosis gestalten lassen, statt wie immer von Roger Dean? (Hipnosis ist eine Grafik-Agentur, die von zwei Männern namens Po und Storm betreut wird. Sie ist hauptsächlich durch ihre Arbeit ßr Pink Floyd bekannt geworden).

itCS: Wir haben zuerst an Roger gedacht und wir wollten, daß er dieses Cover in einer neueren, frischen Art gestaltet. So wie wir versuchten, für Yes eine neue Art zu finden. Aber er war zu beschäftigt. Und dann kam eben Hipnosis. Ich denke, daß Roger gar nicht daran interessiert war, soviel Zeit für Yes zu opfern. Wir wünschten eine Veränderung, und Hipnosis brachte sie. ¿ ME: Die Gruppe hat ganze sieben Monate in Montreux verbracht, und das will wohl heißen, daß ihr viel Zeit im Studio verbracht habt. Wie gingen die Aufnahmearbeiten ßr dieses Album vor sich?

CS: Wir haben viel Zeit für die Proben verbraucht, und wir haben eine Menge Material aufgenommen, das nicht auf diesem Album sein wird. Und dann haben wir ungefähr auf der Hälfte der Zeit den Keyboard-Spieler gewechselt. Als Rick zurückkam, haben wir einen großen Teil der Musik neu überdacht und neu aufgenommen. In der Tat haben wir den „Mastertrack“ erst ganz am Ende aufgenommen, nach 6 oder 7 Monaten. Die meiste Zeit ging dafür drauf, sich wieder kennenzulernen, für Gespräche über die Gruppe, über unsere Musik, mit dem Ziel, das Beste aus uns für unsere Musik im Jahre 1977 herauszuholen. Und ich glaube, es ist uns gelungen. * ME: Wie habt ihr auf die sogenannten „New Wave“-Gruppen reagiert, die versucht haben, Yes schlecht zu machen und euch als etabliert abgetan haben, eureMusik zukompliziert fanden und euch vorwarfen, daß die Leute keinen Bezug zu euch und eurer Musik haben können, wie es früher bei der Rock-Musik war?

CS: Als ich neulich in New York war, ging ich auch zu CBGBs (ein bekannter Punk-Club), und nichts hatte sich verändert. Weißt du, Musik ist ein Erlebnis. Und was immer diese Gruppen schaffen, wir schaffen’s besser, weil wir’s schon viel länger machen. Und obwohl jede Generation gerne irgendetwas hat, womit sie sich identifizieren kann — die traditionellste Reaktion ist doch, alles zu diffamieren, was vorher gelaufen ist. Es passiert immer wieder, und alles, was ich dazu sagen kann, ist, daß Frank Sinatra jetzt ziemlich alt ist, und daß diese Leute alle Coca-Cola verkaufen, seit ich zum ersten Mal in einem schmutzigen Club in New York gespielt habe. Damals tat ich nichts anderes, als das, was sie jetzt tun. So verändern sich die Dinge doch nicht so sehr.

ME: Und wo holt Yes die Inspiration her?

CS: Nun, Jon holt furchtbar viel aus dem Klassischen, und was mich betrifft, so versuche ich meine Umwelt mit offenen Augen zu sehen. Warum sonst wäre ich wohl in den CBGB’s-Club gegangen?Es war ganz interessant, The Damned zu sehen, und obwohl es an diesem Abend nicht gerade der große Durchbruch war, so schienen sie doch ihr Publikum zu beeindrucken. Ich bin sicher, daß da noch einiges passieren wird. Und um das jetzt mit uns in Verbindung zu bringen, so meine ich, wenn du dich erstmal mit Musik eingelassen hast und dein Leben sich um Musik dreht, dann merkst du, daß du Inspiration überall findest, wo du hinschaust.