Yes – Art-Rock-Artisten


Die Neuen Wellen sind verebbt, die alte Garde badet in Champagner: Yes. die Rolling Stones. Genesis. Paul McCartney scheffeln Dollars und Deutschmarks wie selten zuvor.

Die Potentesten im Dinosaurier-Kartell sind zur Zeit Yes: Das neue Album „90125“ verkauft sich in den USA schneller als jede andere Platte in der 35jährigen Geschichte ihrer Firma Atlantic. 16 Jahre nach Gründung der Band und zwei Jahre nach ihrer Auflosung sind die Art-Rock-Artisten wieder die große Nummer im Rock ’n‘ Roll-Zirkus. 1 Wir haben einige Alben gemacht, die die Leute nicht besonders mochten. TOPOGRAPHIC OCEANS „etwa“, erzählt Squire: „Wäre das nicht passiert, hätten wir vermutlich fünf Nummer-1 -Alben hintereinander gehabt. Dann aber wäre die Band schnell am Ende gewesen, ausgebrannt. Die Karriere von Yes verlief immer auf und ab. wie das Leben überhaupt. Deshalb sind wir heute da. wo wir sind.“

Chris Squire ist jetzt 35 Jahre alt. Sänger Jon Anderson 39. Squire braucht ein wenig Zeit, um auszurechnen, daß er 19 war. als alles anfing. Damals fiel von seinem Scheitel ein Vorhang langer Haare – und Yes repräsentierten britischen underground im Londoner „Marquee-Club“. im Hamburger „Star-Club“ und im schmuddeligen Dortmunder „Fantasio“.

Heute wirkt er wie ein schrotiger Fleischermeister, geht vermutlich alle zwei Wochen zum Friseur und ist ein zugänglicher Gesprächspartner. Allerdings raucht er Dunhill, und damit wären wir wieder im Dunstkreis von Ruhm und Schweizer Konten.

Yes sind allerdings ein positives Beispiel dafür, daß der Status einer kommerziellen Supergruppe die Musik nicht zwangsläufig verwässert. Die erste Seite ihres neuen Albums ist exzellent: man achte einmal darauf, wie ökonomisch hier gespielt wird, wie dicht und trocken diese Band Hardrock bringt, wie straff sie komplexe Musikstrukturen aufbaut. Auf ihren 12 zuvor erschienenen Live- und Studio-Alben, besonders denen mit dem bombastischen Rick Wakeman, findet sich wenig Vergleichbares Mehr noch: Mit dem Titel „Changes“. der avantgardistische minimal art mit eingängigem Police- und Dire Straits-Sound sowie Schwermetall-Riffs vereint, hat die kultivierteste aller Art-Rock-Bands ihr Meisterwerk geschaffen.

Yes sind und waren immer ein Fall für den gehobenen Geschmack. Die britische „Sunday Times“ bemerkte bereits vor zehn Jahren, daß Yes eine „immens verfeinerte Musik“ spielten, die „streckenweise zerbrechlich und überaus wohlklingend sein kann, dann aber wieder wirkt, als erklängen gleichzeitig mehrere Symphonieorchester, eine Batterie Artillerie und Dantesche Höllenschreie“.

Das war der Stoff, aus dem Gymnasiasten-Träume sind. Und wenn dann noch Rick Wakeman in Konzerten sein silbernglitzerndes Priestergewand anzog, die Keyboard-Burg unter Strom setzte und Strawinskys „Feuervogel“ intonierte, dann fielen sensible Seelen verzückt in Hypnose.

Yes waren eine umstrittene Band, ausgenommen vielleicht die allerersten Jahre, in denen sich das anspruchsvolle artifizielle Konzept aus einem Gemenge gegensätzlicher Untergrund-Sounds noch nicht herausgeschält hatte. Auf dem ’69 veröffentlichten Debüt-Album YES tauchen psychedelische Sounds nach Art der Byrds auf. dazu ein leichter Pink Floyd-Verschnitt und lyrische Sequenzen wie bei Caravan; der Chorgesang und die Melodieführung stammen gelegentlich aus dem Hause Lennon/McCartrrey, und an den Keyboards wird georgelt wie bei den Nice.

In den ausgehenden Sechzigern lag das alles in der Luft, und Yes atmeten tief durch, bis sie genug Atmosphäre zusammen hatten, um in ihrem Art-Rock-Laboratorium die spezifische Essenz zu destillieren.

Aber soweit sind wir noch nicht. Anderson schwebte damals etwas vor, das“.irgendwo zwischen den Nice und den Fifth Dimension“ lag. Die Nice waren die Truppe mit dem ek-. statisch wütenden Keith Emerson an der Orgel – und die Fifth Dimension kamen aus den USA und waren eine vorweggenommene Luxusausgabe von Boney M.

Andersons schöne Stimme ging auf der Debüt-LP im Gebräu der Instrumente unter; auf der nächsten LP im Jahre 70. TIME AND A WORD, war sie mehr in den Vordergrund gemischt: Yes besaßen ihr erstes unveränderliches Kennzeichen.

TIME AND A WORD fiel konzeptionell geschlossener aus, obwohl die Band noch immer zu viele Ideen breitwalzt: Schicksalsschwer schlingert zu Beginn die Abtastnadel durch die Rillen, ein halbes Streichorchester sumpft vor sich hin, zerrend schräge Gitarren-Läufe aus dem Untergrund tauchen auf. der Organist fällt in einen angejazzten Galopp . . . irgendwann wurde einem klar, vorum es hier ging: Ein paar Besessene arbeiteten an der großen Kultur-Synthese, die – Freude schöner Götterfunken – den Pop aus den flotten Limousinen und Highschool-Klassenzimmern herausholen sollte, in denen Chuck Berry ihn abgesetzt hatte.

Das war natürlich kein Alleingang von Yes, sondern lag spätestens seit ’67 in der Luft, als die Pop-Szene mit Marihuana und LSD ihren Flower-Power-Sommer feierte. George Harrison fiel in einen hinduistischen Meditations-Schlaf. Procol Harum beklaute die Klassik. Hendrix jaulte mit seiner Lautsprecherbox um die Wette, die Pink Floyd küßte der interstellare Sonnenwind – und die deutsche Elektronik-Avantgarde wusch den Blues so rein, bis nur noch ein paar frierende Sinus-Schwingungen übrigblieben. Zweieinhalb-Minuten-Songs mit Refrain wollte niemand mehr komponieren: en vogue war, die Form zu sprengen, oder zumindest so zu tun. Bei Yes merkte man, daß sie große Spannungsbögen auf dem Reißbrett hatten, um ihren musikalischen Gemischtwarenladen in den Griff zu bekommen. Und daß der „Marquee-Club“, das Mekka des Londoner Undergrounds, sie als Hausband verpflichtete, ließ Großes ahnen.

Anderson und Squire spielten die ersten zwei Alben mit Peter Banks (git), Tony Kaye (org) und Bill Bruford (dr) ein. Bruford. Banks. Kaye und manchmal auch Squire hatten noch im Hinterkopf, daß Pop aus der Gosse kam und mit Schmutz und Sex und all diesem schönen Zeugs zu tun hatte, während Anderson, der (zu)viele Platten von Sibelius, Chopin und Ravel gehört hatte, den Klassizismus forcierte.

Auch in seinen Texten rang er mit Gott und sich selbst um das Schöne, Gute, Wahre:“.As long as we see / there ’s only us who can change it ‚ only us to rearrange it / at the start of a new kmd of day.“ (Aus „Then“ auf TIME AND A WORD).

Für diese Art gedanklicher Turnübungen wurde Anfang der siebziger Jahre das Schlagwort von der „Neuen Innerlichkeit“ geprägt. Es war die Zeit des Rückzugs in Landkommunen, wo – stimuliert von Räucherstäbchen. Hasch-Plätzchen und parfümierten Tees – Tolkien gelesen wurde. Man träumte von besseren Zeiten, nachdem die Sechziger nicht die Revolution gebracht hatten, die Bob Dylan („the times. they are a-changin“‚) als Wetterleuchten am Horizont erblickt hatte.

Die Sechziger waren ein extrovertiertes Jahrzehnt gewesen, in dem zunächst die Popkultur, dann auch die Polit-Szene um die Studentenbewegung ihre Bedürfnisse, Hoffnungen und Phantasien hinauskatapultiert hatte. Die Straßenkämpfe hatten den alten De Gaulle im Mai ’68 aus dem Thron gehoben, die Eierköpfe hatten Neil Amstrong auf den Mond befördert, Bloch hatte die konkrete Utopie beschworen, die Hippies ihren Wald- und Wiesentraum vom neuen Paradies in Woodstock inszeniert.

Spätestens da ging der Bewegung allerdings die Luft aus, und die Geschäftemacher gestalteten mit den Ingredienzen der Woodstock-Kultur fortan die Karstadt-Boutiquen. Unter den Polit-Freaks räumten Gummiknüppel und Gewehre auf, und wer nicht Terrorist werden wollte, kaufte sich eine Htfi-Anlage und pflegte sein Innenleben.

Und die Musik? Fast alle psychedelischen Zauberlehrlinge hatten sich zu erhabenen Virtuosen entwickelt und betrieben Kunst um ihrer selbst willen. Was sie spielten, hieß jetzt „progressive Rockmusik“; den Underground hatten sie hochnäsig zugenagelt. Der Narzißmus brach aus, und die Musiker verloren sich in brillanten Etüden auf ihren Instrumenten, während die Zuhörer sich und der Welt per Akklamation bestätigten, daß sie kulturellen Sternstunden beiwohnten.

So sah es aus nach 1970, und die Krönung der Ereignisse war der Einstieg von Rick Wakeman bei Yes. Das passierte 1971, nachdem die Band ihre dritte LP – THE YES ALBUM veröffentlicht hatte, erstmals mit Steve Howe an der Gitarre.

Peter Banks war die feine Kunstmusik suspekt geworden; aus dem gleichen Grunde verabschiedete sich kurz darauf Tony Kaye. Die üblichen zwischenmenschlichen Gruppenprobleme spielten auch eine Rolle. Kaye erzählte dem „Melody Maker“, nach Gründung der Band seien alle glücklich und kreativ gewesen. Inzwischen würden Jon. Chris und Steve alle Stücke allein komponieren, und er selbst sei nur noch bei Konzerten und Studioaufnahmen vonnöten.

Das YES ALBUM brachte der Gruppe in Großbritannien den Durchbruch. Zum ersten Mal hatte sie ihre Zutaten spannend arrangiert und instrumental ein hohes Maß an Perfektion erreicht. Die Engländer waren begeistert und kauften die Platte an die Spitze der Hitparde. Auch in Amerika tourte man. im Vorprogramm von Iron Butterfly („In-A-Gadda-Da-Vida“). die nur noch ein Schatten ihrer selbst waren.

Und dann kam Rick Wakeman, the tall. blonde giant of the keyboards, wie der „Melody Maker“ ihn anhimmelte. Vorher war er bei den Strawbs, mit denen er zwar die Vorliebe für Melodramatik teilte, in deren Folk-Rock-Rahmen er aber letztlich nicht paßte. Im Royal College of Music hatte man Wakeman die Klassik eingeimpft; seinen Einstand bei Yes feierte er auf der“ LP FRAGILE mit dem dritten Satz aus der Vierten Symphonie von Brahms. in emoll. Er ersetzte die Streicher durch das E-Piano. die Blechbläser durch die Orgel, die Flöten durch das elektrische Cembalo und den Kontrabaß durch den Synthesizer. An seinen Tastentürmen war Wakeman sein eigenes Symphonieorchester; für Yes begann die Zeit des Barock. Mit anderen Worten; Sie wurden manchmal schwülstig wie ein fetter Operntenor.

Die Auswüchse wucherten am prächtigsten auf dem live eingespielten 73er-Album YESSONGS. Auf FRAGILE und der 72 erschienenen LP CLO-SE TO THE EDGE rockten Yes noch einmal los, in „Roundabout“ und „Siberian Khatru“ etwa, aber nirgendwo schafften sie es. Wakeman abzuschütteln, der 50 Töne in fünf Sekunden spielen konnte – und es auch machte.

FRAGILE stieg in den USA bis in die Top 5 und machte Yes zur planetarischen Supergruppe. Auch CLOSE TO THE ED-GE wurde ein Hit. obwohl die erste Seite wohl eher für Musikstudenten gedacht war, die mit Block und Bleistift vor den Boxen lauerten, um Tempiwechsel, Kontrapunktik und Disharmonien zu analysieren. Yes servierten ein zähes Gemisch von komplizierten Mißklängen, doch wer das aushielt, wurde gelegentlich mit einem Zuckerstückchen belohnt, wenn Jon Anderson mit allem Schönklang, zu dem er fähig war, „close to the edge, round by the corner“

sang.

1971 begann die Zusammenarbeit mit Roger Dean, der die Yes-Cover bis 1975 unverwechselbar gestaltete und auch den geschwungenen „Yes“-Schriftzug schuf. Dean verarbeitete die „neue Innerlichkeit“ zu mystisch angehauchten Fantasy-Szenerien mit urweltlichen Landschaften, die die Vorstellung vom jungfräulichen Paradies nährten und wie Illustrationen zu Tolkiens „Herr der RinNach den ersten Konzerten, die 1972 für YESSONGS mitgeschnitten wurden, verließ Bill Bruford die Gruppe. Sein Ausstieg kam abrupt; die Gruppe erfuhr davon durch Meldungen in der englischen Musikpresse. Bruford ging zu King Crimson, weil er mit Robert Fripp zusammenarbeiten wollte. Über weitere Hintergründe schwieg sich das Yes-Imperium aus.

Auf Bruford folgte Alan White, ein renommierter Schlagzeug-Vagabund, der u. a. in John Lennons Plastic Ono Band getrommelt hatte. Man kannte ihn als bodenständigen Drummer, der auch funky spielen konnte. Die Spekulation vieler Kritiker, er würde Yes wieder auf saftigen Rock-Kurs bringen, erfüllte sich nicht. „Aus dem Rockdrummer“, schrieb Wolfgang Baudüin im „Musik Express“, wurde „allmählich ein lebendes Metronom das emotionslose Vierviertel und ein bißchen Schrägeres schlug, damit Anderson und Wakeman sich austoben durften.“

Mit YESSONGS hatten Yes 1973 den Zenit erreicht. Ihre Auftritte glichen eher Opernaufführungen denn Rockkonzerten; sie schwebten isoliert durch die Welt und spürten nichts mehr vom Alltag. Nach Konzerten blieben sie im Hotel oder fuhren in ein vegetarisches Restaurant. Marihuana wurde geraucht. Alkohol war verpönt. Meist nahmen die Musiker ihre Frauen auf Tourneen mit; aber auch wenn sie alleine reisten, gab es keine Groupies. Der einzige, der diesen trockenen Lebenswandel nicht mitmachte, war Rick Wakeman.

Aus Amerika berichtete Bill Bruford einer englischen Zeitung; „Wir fühlen uns wie in einer abgeschlossenen Kapsel – fünf Musiker, ein Mann für die Finanzen, ein Tourmanager, drei Leute fürs Equipment, ein Plattenproduzent, ein Journalist, ein Mann von der Plattenfirma und zwei Tonnen elektronische Ausrüstung. Die Musiker sind vollgepumpt mit Antibiotika. Die Kapsel gleicht einer Gebärmutter, und wir haben keinen Kontakt zu Amerika. Die Hülle der Kapsel können Hotelwände sein, Flugzeugwände oder eine Wand von Roadies und Managern. „

Ende 1973’brachte die Band das Album TALES FROM TO-POGRAPHIC OCEANS heraus, das uninspiriert wirkte und auf dem alte Ideen mit der bekannten instrumentalen und produktionstechnischen Potenz breitgetreten wurden. Nach den Aufnahmen stieg Rick Wakeman aus, um eine Solokarriere zu starten. Was er in den folgenden Jahren auf die Beine stellte, waren kitschige Rock-Operetten – mit Ausnahme der ersten Produktion THE SIX WIVES OF HENRY VIII. die er 73 noch während seiner Zeit bei Yes aufgenommen hatte. Die Keyboards übernahm der Schweizer Patrick Moraz, der mit den ehemaligen Nice-Mitgliedern Lee Jackson und Brian Davison in der Band’Refugee gespielt hatte.

Yes- blieben auf dem 74er Album RELAYER bei ihren überdimensionalen Arrangements und der abgehobenen Ästhetik, signalisierten aber in einigen Passagen mit erdharten Rhythmen eine mögliche Trendwende. Mit Wakeman hatte sich eine Portion Pathos verflüchtigt; Moraz war ein bescheidenerer Tastenvirtuose.

Der Erfolg wuchs weiter an: In den USA wurden Yes-Alben jetzt regelmäßig vergoldet, in Deutschland gab es Gold für YESSONGS. Dennoch brach die Krise aus. Bis 1977 kam keine weitere LP mehr heraus (mit Ausnahme von YESTER-DAYS, einem Zusammenschnitt alter Aufnahmen). Anderson, Squire, Howe und White spielten wenig interessante Soloplatten ein, Patrick Moraz trennte sich wieder von der Gruppe.

GOING FOR THE ONE wurde 77 mit der alten Besetzung präsentiert, mit Wakeman an den Keyboards. Das Cover zeigte Hochhaus-Fassaden und stammte nicht von Roger Dean. Der Titelsong war eine Hardrock-Nummer, erinnerte an Led Zeppelin, hatte gleichwohl noch bombastische Züge. Das zweite Stück war relativ schlicht und lebte vor allem von Steve Howes ruhigem Gitarrenspiel. Die B-Seite tönte pompös wie eh und je. Angesichts dergerade losbrechenden Punk-Revolte schienen Yes reif fürs Museum, aber man merkte auch, daß sie aus den alten Klischees raus wollten.

Über TORMATO schrieb der „Musik Express“ im folgenden Jahr: „Acht Songs von un-Yesiger Kürze, indes ohne besondere Würze. Selbstzitate. Songkürzel. Kompositionsfetzen, kurzzeitige Solo-Explosionen ziemlich sinnleer aneinandergereiht. „

Die Band suchte einen neuen Ansatz, gab dafür sogar eine ihrer größten Errungenschaften, die weitgreifenden Spannungsbögen. auf.

Mit DRAMA nahm sie 1980 erneut Anlauf: Chris Squire spielte einen hellen, aggressiven Baß, Andersons Stimme hatte an Festigkeit gewonnen und wirkte weniger verklärt, die Arrangements waren abwechslungsreich mit wenig Pomp. Der Gruppe fehlte jedoch der Elan, auf dieser Spur weiterzumachen. Kurz vor Abschluß der Produktion verließen Anderson und Wakeman Yes.

Squire. White und Howe ließen sich auf ein Abenteuer ein: Sie engagierten als Ersatz den Sänger Trevor Hörn und den Keyboard-Spieler Geoffrey Downes. die als The Buggles mit einer Reihe von Pop-Hits Karriere gemacht hatten. Ihr Glanzstück hieß „Video Killed The Radio Star“ – und welche geheimen Fäden von dorther zur Musik von Yes führen sollten, war für die Welt ein Rätsel.

Mit den beiden Neuzugängen stellten Yes DRAMA fertig, gaben noch eine Reihe von Konzerten, bei denen Trevor Hörn eine klägliche Figur abgab dann fiel der Vorhang. Ende ’81 löste sich die Gruppe auf. Atlantic Records setzten den Schlußpunkt, indem sie die LPs TORMATO und DRAMA als einzige Yes-Platten aus dem Katalog strichen.

Zwei Jahre später gibt Chris Squire in der Zentrale von WEA-Schallplatten in Hamburg Interviews. „Ich glaube, wir sind besser im Geschäft als jemals zuvor.“ Er grinst breit wie das Sofa, auf dem er sitzt: „Es kommt nur darauf an. eine gute Platte zu machen.“

Hinter der Auferstehung von Yes steckt eine verrückte Geschichte: Chris Squire und Alan White planten eine neue Gruppe, die Cinema heißen sollte. Atlantic Records gab das Geld für die erste LP-Produktion. Trevor Rabin aus Südafrika, der in England einige Soloalben gemacht hatte, wurde als Gitarrist. Tony Kaye, der Mitstreiter aus den ersten Yes-Jahren. als Keyboard-Mann engagiert. Die Band probte sieben Monate lang und begann Ende 1982 in London mit den LP-Aufnahmen.

Als Produzenten holten sich Cinema Trevor Hörn, der nach dem Split von Yes im Studio ein neues Betätigungsfeld gefunden und seine Qualitäten u. a. mit ABC bewiesen hatte. Im Sommer ’82 war die Cinema-Platte fast fertig. Kopfzerbrechen bereitete der Gesang. Squire und Rabin hatten sich bei den lead vocals abgelöst. „Schlecht war’s nicht“, sagt Squire, „aber glücklich waren wir auch nicht.“

Ein zusätzlicher Sänger sollte das Problem lösen, und der Mann, dessen Stimme am besten zur Cinema-Musik paßte, war Jon Anderson. Squire spielte ihm bei einer Autofahrt einen Teil der Studioaufnahmen vor, Anderson sagte zu. Die LP wurde überarbeitet, der Gesang mit veränderten Texten neu aufgenommen. Am Ende klang die Cinema-Platte wie eine Yes-Platte. und dabei blieb’s. „Jetzt ist sie raus“, erklärt Chris Squire hemdsärmelig, „selling everywhere in the world. Nun machen wir Promotion, und das ganze Jahr’84 sind wir auf Tournee. „

Das Album „90125“ sei frisch und kraftvoll wie eine Debüt-LP, sage ich zu Squire. „Da ist Magie drin, nicht war?“ meint er. „Das kommt daher, daß wir Zeit hatten. Wenn man zehn Jahre on the road war, dann ist es hart, das Niveau zu halten. Wir brauchten diese Pause. Trevor Rabin und ich haben den Großteil der Musik zusammen ausgetüftelt. Wir wollten ein kommerzielles Album, trotzdem aber den Art-Rock drinbehalten.

Tony Kaye hat sich inzwischen schon wieder verabschiedet, da ihm die modernen Computer-Keyboards nicht gefallen, die bei der Produktion von „90125“ eingesetzt wurden. Als Nachfolger ist Eddie Jobson im Gespräch, der bei bekannten Bands gespielt hat, unter ande- rem bei Zappa. Chris Squire wartet jetzt auf den letzten Se- ^ gen, der Yes noch fehlt. „Wir hatten nie ein Nummer-1-Album in den USA. Drei LPs kamen bis J auf Platz zwei. I want this one to g benumberone.“