Zum Dresdner „Tatort“: Verlogen ist die Haselnuss

Kaum wird die blühende deutsche Schlagerszene im deutschesten aller TV-Formate, dem „Tatort“, aufs Korn genommen, melden sich mit Heino und Marianne und Michael die alten Recken und kritisieren den Drehbuchautor und die Produktion. Wie heuchlerisch. Ein Kommentar.
Der neue MDR-„Tatort“ sorgte schon vor seiner Ausstrahlung am Sonntagabend für einigen Gesprächsstoff: das erste weibliche Ermittlerduo, mit Jella Haase eine der stärksten deutschen Nachwuchsschauspielerinnen in einer Nebenrolle, angesiedelt im dieser Tage hitzigen Dresden – und dann geht es um einen Mord im guten altdeutschen Schlager-Milieu.

Der MDR schien nach seiner Pleite mit dem jungen Erfurt-„Tatort“-Team die immense Fallhöhe seiner neuen Produktion mit altbekannten Themen abfedern zu wollen und konterkarierte somit sein eigenes Anspruchsdenken. Wer trotz des, zugegeben, platten Plots einschaltete, sah ein schlagfertiges Duo, bestehend aus Kommissarin Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Kommissarin Henni Sieland (Alwara Höfels), das es mit dem alteingesessenen, sexistischen Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach) aufzunehmen wusste. Ein Ausgangsszenario, gemacht für Geschlechterwitze und dem Abarbeiten an Klischees, natürlich, aber die Frequenz der chauvinistischen Sprüche in „Auf einen Schlag“ war einfach zu hoch. Besser gelang dem „Tatort“ der humoristische Blick in die quicklebendige deutsche Schlagerszene, die durch den Tod von „Toni“, einem Teil des Schunkelduos „Toni & Tina“, in ihrem Fundament erschüttert wurde. Mord in der beschaulichen, friedlichen Volksmusikwelt. Wie sollte man das bloß dem Achim-Mentzel-Gedächtnispublikum verkaufen?
Heino kritisiert den „Tatort“ – und damit seine eigene Masche
Genau dort liegt die Krux, die der Dresdner „Tatort“ punktgenau anspricht: Schlager ist keine altruistische Veranstaltung, die „Big Player“ dieses Geschäfts wissen einfach, wie sie ihre Fans wie eine Weihnachtsgans ausnehmen können. Genau in diesen #Aufschrei, der durch deutsche Seniorenheime und Wohnstuben hätte gehen sollen (schließlich wird die Gaudi-Truppe voxxclub auch noch zu Mördern!), diktiert Heino der „Bild“-Zeitung diese Zeilen ins Aufnahmegerät: „Das Drehbuch kann nur ein Mann geschrieben haben, der von banalen Vorurteilen gegenüber Volksmusik geprägt ist und sich nie wirklich mit uns beschäftigt hat“, sagte der 77-Jährige und legte nach: „Dieser ‚Tatort‘ war überflüssig und verhöhnt nicht nur meine Kollegen, sondern auch unsere vielen Fans.“
Der „Tatort: Auf einen Schlag“ kann täglich ab 20 Uhr in der ARD Mediathek gestreamt werden.