1 Sie waren einst „Geniale Dilettanten . Die lose dadaistische Künstlervereinigung war Brutstätte für Avantgarde und Subkultur im Berliner Westen der 8oer-Jahre. Höhepunkt war ein Konzert im September 1981 vor über 1.000 Zuschauern im alten Tempodrom. Mit dabei neben damaligen Szenegrößen: die späteren Technohelden Westbam und Dr. Motte.
2 Zu ihren wichtigsten Einflüssen zählen Ton Steine Scherben. Deren Lied „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ war eine Art Richtschnur. Die Neubauten zerstörten konventionelle Rockmusik, sympathisierten mit der Hausbesetzerszene und waren wie die Scherben nie bei einem großen Label. Und: „Es wäre mir wahrscheinlich nie in den Sinn gekommen, deutsch zu singen, wenn es Rio Reiser nicht gegeben hätte“, sagte Blixa Bargeld nach Reisers Tod dem „Spiegel“.
3 Sie machten metallisches Schlagwerk in der Musik hoffähig. In den 8oern waren unter ihren Freunden und Bewunderern SPK, Test Dept. und der bis heute aktive Jim „Foetus“ Thirlwell. Eine Zeit lang ließen sich auch Depeche Mode von den Neubauten inspirieren, vor allem in ihrer Berliner Phase.
4 Sie haben Musik für Fernsehreklame gemacht. 1988 schrieben sie für das Jeanslabel Jordache einen 28 Sekunden langen Jingle. Er ist auf der Compilation Strategien Gegen Architektur II zu hören. Bargeld verteidigte die Entscheidung: „Die haben uns bezahlt. Das hat uns geholfen, denn wir waren arm.“
5 Sie schätzen ungewöhnliche Auftrittsorte. Wenige Wochen nach dem Fall der Berliner Mauer spielten sie in einem Elektrokohlekombinat in Lichtenberg. 1992 fuhren sie nachts in einem eigens konstruierten Gespann über die Wiener Ringstraße und gaben Töne von sich. Ende 2004 spielten sie kurz vor dem Abriss des Palasts der Republik in dessen Ruine.
6 Sie hatten und haben viele Nebenprojekte. Blixa Bargeld spielte 19 Jahre lang Gitarre bei Nick Caves Bad Seeds, Alex Hacke hieß als Solist einst Alexander von Borsig, hatte mit „Hiroshima“ einen Solo-Hit, gründete die Countryband Jever Mountain Boys und vertonte u. a. Fatih Akins Film „Gegen die Wand“. NU Unruh tritt in letzter Zeit häufiger mit der Gruppe Bombus in Erscheinung, die Schlagwerk mit Einflüssen aus der elektronischen Musik kombiniert.
Ihre schwerste Krise erlebten sie 1996. Eine Schreiblockade und das Gefühl, in einer kreativen Sackgasse zu stecken, lähmten Bargeld. Dann schrieb er „Stella Maris“ und konzipierte es als Duett mit Schauspielerin Meret Becker, ähnlich wie, „Where The Wild Roses Grow“, Nick Caves Hit mit Kylie Minogue. FM Einheit, lange Jahre eine treibende Kraft bei den Neubauten, hörte sich „Stella Maris“ an und stieg aus.
8 Sie sind über die Jahre leiser geworden. Am Anfang gab es nur frei improvisierten Krach, Konfrontation und Kakophonie. Mit der Zeit wurde der Aufbau der Kompositionen strukturierter. Heute gilt: In der Ruhe liegt die Kraft. Oder wie es die Band 2000 im Titel eines ihrer Alben ausdrückte: Silence Is Sexy.
9 Heute beliefert die Band ihre Anhänger direkt. Nach dem Verkauf des Labels Mute an den Major EMI standen die Neubauten ohne Plattenfirma da. Das weckte den alten Anti-Establishment-Geist. Sie riefen die Fans auf, sich auf ihrer Website registrieren zu lassen. Gegen Einzahlung eines Geldbetrages erhalten die Fans Musik in CD- oder DVD-Form, die nicht in die Läden geht. Das Abonnement enthält zusätzlich monatlich je eine neue Komposition („Jewel“), Live-Webcasts von Proben sowie Studioaufnahmen und Chats.
10 Sie lieben das Nachtleben. Bargeld war Anfang der 80er Barkeeper in der Schöneberger In-Bar Risiko, wo er auch Nick Cave kennenlernte. Hacke wird auf der Website des „White Trash Fast Food“ in Berlin Mitte als „Langzeitverbündeter“ geführt, gibt dort regelmäßig DJ-Auftritte und Performances. Gitarrist Jochen Arbeit legt ebenfalls auf.
11 Blixa Bargeld mag es nicht, wenn sich Journalisten nicht mit Fakten auskennen. Das soll uns nicht stören. Wir sind zuversichtlich, dass er in diesem Beitrag keinen Fehler entdeckt.
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