11 Fakten über Stax


1 Jim Stewart, weißer Bankangestellter und erfolgloser Countrygeiger aus Memphis, und seine Schwester Estelle Axton nahmen erfolglos in ihrer Garage Hillbilly-Bands auf. Als sie i960 im ehemaligen Capitol-Kino ein Studio einrichteten, hatten sie von Rhythm’n’Blues keine Ahnung. Erster Künstler war der lokale DJ Rufus Thomas: 1960 erschien seine Single „Cause I Love You“ (Vertriebsnummer Satellite 102). Auf der Platte spielte der 16-jährige Booker T. Jones Baritonsax, Rufus‘ Sohn Marvell saß am Piano, Tochter Carla sang mit. Es wurde Stax‘ erster Hit.

2 Jim Stewarts stures Festhalten am Sound der ersten Stax-Hits trieb Musiker wie Booker T. Jones, Marvell Thomas und Isaac Hayes oft in die Verzweiflung: „Wir spielten einen Akkord“ , erinnert sich Hayes, „und Jim sagte: ‚Ich will das nicht hören! ‚Jims Ohren vertrugen nur die simpelsten Akkordfolgen. Er hielt sie für Hitgaranten und hasste die Mollakkorde, die Marvell und ich immer wieder einschmuggelten.“

3 926 East McLemore Avenue: Wer in Memphis noch vor wenigen Jahren der Adresse folgte, die auf der Coverrückseite von Soulhits wie „Dock Of The Bay“, „Knock On Wood“, „Theme of Shaft“ eingraviert ist, fand nicht das mythische Soulsville-Leuchtschild über dem zum Studio umfunktionierten ehemaligen Kino – sondern einen Ort der Hoffnungslosigkeit: Wo einst Otis Redding, Sam & Dave, die Staple Singers und Isaac Hayes Soulgeschichte machten, gähnte eine müllübersäte Brache. Eine örtliche Kirchengemeinde hatte nach der Schließung der Stax-Studios 1976 das Gebäude – die Heimstatt der „Musik des Teufels“ – aufgekauft und abreißen lassen.

4 Seit 2003 lockt am selben Ort die wiederhergestellte historische Stax-Fassade Soultouristen an: Das dazugehörige „Stax Museum Of American Soul Music“ zeigt unter anderem Booker T.s Orgel, Eddie Floyds Bühnenstiefel und Isaac Hayes‘ „Black Moses“-Kostüm.

5 Um einen Song auf seine Popularität hin zu testen, spielten Stewart und Axton ihn gleich nach der Aufnahme dem jugendlichen Publikum im angeschlossenen Plattenladen laut vor.

6 Als Eddie Floyd und Steve Cropper ihre Komposition „634-5789“ dem Sänger Wilson Pickett präsentierten, kam es zum Eklat: Pickett nannte den Song „ein Stück Scheiße“, der Streit eskalierte im Studio zum Boxkampf. „Das war die normale Art, mit Pickett zu kommunizieren“, sagte Floyd später. „634-5789“ aber wurde zu einem der größten Stax-Hits.

7 Der im März 1966 erschienene Soul-Klassiker „Hold On I’m Coming“ ist ein Produkt des Zufalls: Als David Porter während einer Probe zu lange auf dem Studio-WC blieb, rief der ungeduldige Isaac Hayes nach ihm. Der entgegnete von der Klobrille aus: „Hold On I’m Coming!“ Endlich hatte Hayes einen Songtitel. Der Text war in fünf Minuten geschrieben.

8 Bei Stax war es üblich, mehrere Songs pro Tag aufzunehmen. Typischerweise arbeitete die Rhythmussektion das Gerippe aus, während die Bläser sich was zum Essen besorgten. Endlich nahmen alle zusammen den Song live auf- mit dem,Gedächtnis als einziger Stütze: Jeder Musiker merkte sich seinen Part und das Arrangement, solange das Band lief. Dann kam die nächste Nummer dran. So blieb auch Wayne Jacksons verpatzter Trompeteneinsatz nach dem zweiten Refrain von „Hold On I’m Coming“ unkorrigiert: Wichtiger als die Noten war das Gefühl.

9 Anfang der 70er-Jahre wollte Stax sich nicht mehr auf Soul beschränken und machte vier Alben mitdem schwarzen Countrysänger (und R’n’B-Songwriter: auf sein Konto ging u. a. Otis Reddings „Keep Your Arms Around Me“) OB McClinton. Um das weiße Country-Publikum nicht zu verprellen, zeigte das Cover des 1972er Debüts OB McClinton Country den Sänger nur aus der Distanz und von hinten vor der Nashville-Skyline.

10 Nach dem Mord an Martin Luther King ein paar Ecken vom Stax-Studio entfernt endete auch die Politik der offenen Tür bei dem Label. Zwielichtige Pistolenmänner im Dienst des neuen Managements zwangen Steve Cropper mit gezückter Knarre zu einer Session, woraufhin er die Hausband verließ. Weiße Banken zogen Kredite zurück; eigene Misswirtschaft trieb das Label schließlich in den Ruin. Am 26. Januar 1977 kamen sämtliche Masterbänder unter den Hammer.

11 Das seit einem Vierteljahrhundert brachliegende Traditionslabel – es gehört inzwischen dem R’n’B-Superstar Justin Timberlake – soll 2007 wieder in Betrieb gehen. Unter anderem Isaac Hayes und Angie Stone haben bereits Verträge unterschrieben.

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