2:54
Rummsendes Shoegazing - als wäre PJ Harvey bei den Melvins eingestiegen
Wer über die Melvins schreibt, wird stets erwähnen, wie einflussreich diese Band war. Tool, Mastodon, Isis – klar, all die klugen Post-Metaller, Nirvana, Soundgarden, Green River – auch klar, die komplette Seattle-Sause – alle irre inspiriert von den Metalpunks aus Montesano. Alles klar. Aber auch alles eher 90er-Bands und alles Männer. Daher doch eingrenzbarer Einfluss. Die wirkliche Dimension des Einflusses der Band um „King Buzzo“ Osborne zeigt sich jetzt, mit dem Londoner Schwesternduo 2:54, das sich nach seiner Lieblingsstelle im Melvins-Song „A History Of Bad Men“ benannt hat. Der Song erschien erst 2006 auf dem 15. Studioalbum der Melvins, (A) Senile Animal, – welche Band beeinflusst mit ihrem 15. Studioalbum auch nur irgendjemanden? Und das Besondere an dieser besonderen Stelle: sie ist alles andere als besonders. Osborne plärrt über ein schleppendes Monsterriff, alles wie gehabt. Aber die Schwestern, Colette und Hannah Thurlow mit Namen, schreiben der Stelle eine gewaltige hypnotische Kraft zu. „Wenn wir irgendwann auch nur in die Nähe dieser Melvins-Hypnose kommen, dann können wir uns glücklich schätzen“, sagt Hannah. 2:54 haben kein Problem mit Vergleichen, etwa wenn man ihren sphärischen Düsterrock in die Nähe von Warpaint und The XX schiebt: „Warpaint als Referenz sind ein großes Kompliment und mit The XX sind wir sogar gut befreundet.“ Aber auch die Fußstapfen, die der R’n’B im Klang von 2:54 hinterlassen hat, umgehen die beiden nicht: „Als Teenager kam ich sofort mit harter Musik in Berührung: System of a Down, Slayer“, sagt Colette, „aber welches Mädchen kam schon an TLC vorbei? Ich nicht!“ Nach Touren im Vorprogramm von Yuck, Melissa auf der Maur und Wild Beasts, nach Kritikerlob von Pitchfork bis „NME“ erscheint jetzt das Debütalbum der Band.
Albumkritik S. 86
* Zur Livebesetzung der Band gehören Schlagzeuger Alex Robins und Bassist Joel Porter. „Die gehören zur Band, das sind keine Austauschmusiker“, sagt Hannah Thurlow.
* Seit Weihnachten kümmern sich die Thurlow-Schwestern hauptberuflich um 2:54. Zuvor arbeitete Colette als Empfangsdame und Hannah in einem Fotostudio.
* Vor 2:54 spielten die beiden in der Punkband Vulgarians. „Hannah spielte Überlichtgeschwindigkeitssoli während ich einfach schrie“, sagt Colette.