5 Fragen an Chris Cunningham


1 Niemand wird deine Videos je vergessen können: die flirtenden Roboter in Björks „All Is Full Of Love“, die böse HipHop-Videoparodie zu Aphex Twins “ Window-Ucker“. Die schaurige Visage in „Come To Daddy“. Warum jetzt „Rubber Johnny“, ein Kurzvideo mit Photobuch??

Es begann mit einem 30 Sekunden langen TV-Reklamefilm Für ein Aphex-Album. Am Anfang des Stücks kam eine komische Stimme und sagte „Aphex“. Ich wollte der Stimme einen Körper geben. Nun hatte ich seit der Schulzeit ganze Bücher mit dieser kleinen Comicfigur gefüllt. Die war perfekt. Ich drehte im Dunkeln, mit Nachtsicht. Das gefiel mir so gut, daß ich nachher einfach so noch ein paar Szenen drehte. Und plötzlich hatte ich den Anfang für ein richtiges Kurzvideo.

2 Im Film stehen ein kleiner Hund und ein Derwisch im Rollstuhl im Mittelpunkt. Im Buch bist es du und deine Körperöffnungen. Wie hängt das zusammen??

Elvis heißt er. Gehört einer Freundin in Schweden. Wir drehten in ihrem Keller. Elvis hat gezittert vor Angst, er tat mir richtig leid. Dabei ist ihm absolut nichts Böses passiert. Film, Photos und Zeichnungen – eine multimediale Serie von Variationen zum Thema meines kleinen Männchens. Die verzerrten Photos zeigen vielleicht, wie das Männchen geboren wird. Der Film ist vielleicht die Dokumentation eines seiner Träume.

3 Man hört, eine italienische Druckerei habe sich geweigert, das Buch herzustellen. Stimmt das??

Stimmt. Gerade war der Papst gestorben. Möglich, daß man in Trauerstimmung kein Arschloch sehen will. Am Anfang habe ich nur gelacht darüber. Dann kam das schlechte Gewissen. Ich zeigte das Buch einem Freund, und der hat gesagt: „Nein danke, so was will ich nicht sehen. „Fair enough. Vielleicht ist es ja wirklich nicht recht, wenn einer, der ohne böse Absichten seiner Arbeit nachgeht, etwas ansehen muß, was er nicht sehen will. Selber finde ich die Bilder nur lustig, ebenso wie den Titel: „Rubber Johnny“ ist ja Volksmund für Kondom. Dabei hat der Film absolut nichts mit Kondomen zu tun. Eben.

4 Die Stimmung von „Rubber Johnny erinnert an „Eraserhead“, aber auch an den Maler H. R. Ciger. Waren das Einflüsse? „Eraserhead“ – na ja, mag sein. Giger habe ich schon als Kind geliebt. Er hatte sicher einen geistigen Einfluß auf „Rubber Johnny“. Als ich mein erstes Giger-Buch sah, freakte ich aus. Es war, wie wenn man als Kind Pornographie sieht – etwas, das zu einer unverständlichen, fremden Welt gehört.

5 Kehrst du nun zu deinem Brotjob als Videomacher für Popstars zurück?

Brotjob?! Richtig kassiert habe ich nur für ein einziges Video: Madonnas „Frozen“. Ich fing mit den Clips an, weil ich das als einen Schritt Richtung Kinofilm sah. Jetzt, wo ich tatsächlich an einem Kinofilm arbeite, ist mir ein anderes Projekt noch wichtiger geworden. Die Videos waren Kollaborationen. Da ist man Diener, muß sich den Vorstellungen anderer beugen. In Zukunft bin ich Künstler. Folge nur noch meiner eigenen Idee. Als nächstes mache ich ein Buch mit Film, Photos und Musik. Alles selber gemacht. Auch die Musik, Gitarre, Schlagzeug, Baß.

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