5 Fragen an Michael Stipe


Der R.E.M.-Sänger über Masken, Leerlauf, das neue Album, Gruppendynamik und Handyspielchen mit Kumpel Bono.

1 Für die letzte Tour hast du „Michael Incredible“, einen maskierten Bühnencharakter, geschaffen. Wer bist du hier und heute?

Einfach nur ich. Und das ist jemand ganz anderes als auf der Bühne. Da habe ich ja schon immer Make-up getragen. Ich habe mit meinem Image gespielt, seit ich in der Öffentlichkeit stehe. Und ich bin der Meinung, wenn du dir eine Show ansiehst, etwa von Björk, dann willst du sie nicht so sehen, wie sie in den Waschsalon oder in den Supermarkt geht, sondern du willst was Besonderes erleben. Deshalb habe ich mich entschieden, Anzüge von Dior zu tragen und sie mit Hemd, Krawatte und der blauen Maske zu kombinieren. Wobei ich mich natürlich bei „Bladerunner“ bedient habe. Doch gerade als wir auf Tour gingen, lief der Film „The Incredibles“ an – weshalb einige Leute meinen, ich hätte es daher.

2 Im Internet findet sich ein Blog namens www.remdublin.com mit Live-Versionen von acht neuen Songs. Eine erste Kostprobe eures 14. Studioalbums, das im April erscheint?

Es sind noch zu viele Stücke nicht gemischt, deshalb kann ich nicht sagen, was auf dem Album landet. Aber wir haben in neun Wochen in Irland und Athens aufgenommen – so schnell waren wir seit 1987 nicht mehr. Und wir haben zum ersten Mal mit einem – für uns neuen Produzenten gearbeitet, nämlich Jacknife Lee, der schon Sachen mit Bloc Party, Snow Patrol und U2 gemacht hat. Um ehrlich zu sein, waren es sogar Gespräche mit The Edge, die mich überzeugt haben, dass er der Richtige für uns ist. Ich meine, ich kann jetzt nicht in Worte fassen, welche Art von Produzent ich gesucht habe. Wahrscheinlich einfach jemanden, der es schafft, uns im Studio zu ertragen. Das ist nicht immer leicht. Mike, Peter und ich sind schwierig – sehr stur und mit einer genauen Vorstellung davon, was wir wollen. Weil sich aber keiner durchsetzen kann, ist es der Kompromiss, was REM ausmacht.

3 Was erwartet uns demnach? Ein härteres, aggressiveres Album?

Wir haben auch ein paar langsame Stücke aufgenommen, aber die meisten sind ziemlich rau und schnell. Ich denke, wir sind wieder auf dem richtigen Weg, haben die Orientierungslosigkeit überwunden, unter der wir lange litten. Besonders auf around the sun herrschte viel Leerlauf. Jeder von uns hatte eine Idee, was wir tun sollten, aber keiner hat darüber gesprochen, sonst hätten wir wohl was ganz Anderes, Besseres gemacht. Zum Glück hat die Tour dafür gesorgt, dass wir wieder kommunizieren. Und ich schätze, das Album, an dem wir jetzt arbeiten, spiegelt das wider.

4 Welche Rolle spielt U2-Sänger Bono dabei? Hat er euch ins Gewissen geredet?

Naja, wir haben Teile des letzten Sommers miteinander verbracht und uns neue Stücke vorgespielt, einfach weil wir gute Freunde sind. Es ist aber nicht so, dass er mich auf den rechten Pfad gebracht hätte. Wir haben nur ein paar Sachen besprochen und ein paar Ideen entwickelt. Wobei das Einzige, was wir zum Aufnehmen hatten, ein Mobiltelefon war. Damit haben wir unsere Stimmen festgehalten. Sehr Hightech-mäßig, (lacht)

5 Und was hört Michael Stipe privat?

Battles, aus New York. Und The National, ebenfalls von dort. Die schaue ich mir demnächst in London an, wenn wir unser Album mischen. Darauf freue ich mich, genauso wie auf Arcade Fire, die ich letztes Jahr zweimal gesehen habe. Die sind richtig gut. Außerdem mag ich The Gossip und das neue Interpol-Album. Wobei ich nicht verstehe, warum sie jeder mit Joy Division vergleicht. Ansonsten höre ich Demos von Freunden, die mich hoffen lassen, dass 2008 wieder ein besseres Jahr für Musik wird. Versteh mich nicht falsch: Es gibt immer gute Sachen, aber man muss halt richtig danach suchen. Das ist nicht leicht, wenn man so viel um die Ohren hat.

www.remhq.com