5 Fragen An Patrick Watson


Der Kanadier - Kopf der nach ihm benannten Band - über einen Abend mit James Brown, Bäume als Musikinstrumente, Bach und die Beatles sowie Zukunftsperspektiven im Badewannenhandel.

1.

Stimmt es, dass du deine erste Show in Europa überhaupt im Vorprogramm von ausgerechnet James Brown gespielt hast?

Ja, das war in Frankreich, vor vier oder fünf Jahren, und es war ziemlich lustig. Zuerst hatte ich richtig Angst, ich saß völlig allein an meinem Klavier, vor 7.000 Leuten. Aber ich dachte mir einfach: Das ist schon in Ordnung so, ich bin auf jeden Fall in einer besseren Position als irgendeine öde Soul- oder Funkband. Das letzte, was du im Vorprogramm von James Brown spielen solltest, ist Soul oder Funk, denke ich. Da kannst du nur verlieren. Das Publikum fand es übrigens super. Und James Brown offenbar auch – selber konnte ich ihn nicht fragen, weil ich ihn nicht getroffen habe, aber im Sommer darauf spielte ich mit der kompletten Band gleich noch ein paar Support-Slots bei ihm.

2.

Wann hast du dich dafür entschieden, von deiner Musik leben zu wollen?

Schon als ich sieben oder acht war, lief bei mir immer irgendein Song im Hintergrund – mein Bruder hörte viel Supertramp und Tears For Fears, der Vater meines besten Freundes war Jazzfan. Immer wenn ich da übernachtete, hörten wir die ganze Nacht lang Platten. Als Musiker begriff ich mich erst in dem Moment, in dem ich mich dafür entschied, mein Leben danach auszurichten, also als Teenager. Und selbst da war das weniger eine bewusste Entscheidung als ein ganz normaler Prozess. Und ich habe während der Aufnahmen zu unserem neuen Album W00DEN ARMS wieder gemerkt, dass ich mit dieser Entscheidung sehr richtig lag. Ein toller Aspekt an der ganzen Sache ist: schöne Orte finden. Wenn ich etwa in Berlin aufnehmen würde, würde ich mir irgendeine verlassene alte Halle suchen. Normale Studios funktionieren für uns nicht so gut, es müssen Orte sein, die uns inspirieren, weil wir ja auch mit vielen verschiedenen Dingen arbeiten, die du auf einem Album sonst nicht unbedingt hörst – auf WÜODEN ARMS kommt zum Beispiel ein Baum vor. Was wie knisterndes Vinyl klingt, ist ein Baum, den wir ei nfach kräftig geschüttelt haben!

3.

Welche Band war für deine persönliche musikalische Sozialisation am wichtigsten?

Das ist schwierig zu beantworten und hängt auch immer davon ab, welchen Phase meiner bisherigen Laufbahn du nimmst. Ganz am Anfang wollte ich zum Beispiel gar nicht unbedingt singen. Ich dachte eher daran, Soundtracks zu machen oder visuelle Sachen. Dann wurde da plötzlich Björk für mich wichtig — weil sie ihre Stimme eher wie ein Instrument verwendet. Und sie hat so viele klassische Einflüsse und ist insgesamt einfach so herrlich weit draußen – aber es ist trotzdem Pop. Aber eigentlich schlägt mein Herz auch für Creedence Cleerwater Revival und Crosby, Stills, Nash & Young! Am aller wichtigsten waren für mich allerdings sicher die Beatles. Hör dir einfach mal „Day In A Life“ an, und du kapierst, warum sie so einflussreich sind. Es ist Popmusik. Aber es ist experimenteller und abenteuerlustiger als 95 Prozent aller Popsongs, die je aufgenommen wurden. Die arbeiteten da mit Sachen wie rückwärts laufenden Orchesterspuren, was damals extrem außergewöhnlich war und vermutlich auch heute wäre. In Sachen Arrangement passiert so extrem viel bei den Beatles – seltsam, dass über diesen Aspekt ihrer Musik gar nicht so viel gesprochen wird. Und als Songwriter kann man von ihnen extrem viel lernen, weil sie facettenreicher und raffinierter arbeiteten als alle anderen Bands der Zeit. Jeder Song klingt anders, hat eine Art eigene Persönlichkeit. Wenn du was über klassische Musik lernen möchtest, dann fang mit Johann Sebastian Bach an. Wenn du was über Popmusik lernen möchtestnimm die Beatles.

4.

Wie lange hast du gebraucht, um ein guter Songwriter zu werden?

Ich glaube, bis ich 20 war, habe ich keine guten Songs geschrieben, weil ich einfach nicht genug gute Lieder gehört hatte, nicht genug Referenzen hatte. Jazz und Klassik haben mich bis dahin mehr interessiert als Songwriting. Ich glaube, dass ich das tatsächliche Handwerk erst seit unserem letzten Album CLOSüTO PARA-UISK beherrsche. Mein Vater, übrigens ein Pilot, hatte eine gute Theorie: Musiker, sagte er, seien wie Satelliten. Sie würden irgendwie kreisen und immer irgendwas empfangen und weitergeben. Das gefällt mir. Ich glaube nicht, dass dir als Songwriter oder Musiker die Musik gehört. Es ist eher so, dass du dir Melodien für eine gewisse Zeit ausleihst. Bescheiden zu bleiben, sich selbst nicht zu überschätzen – das ist der beste Blickwinkel, den man auf Musik haben kann.

5.

Wenn’s mit der Musik letztlich nicht klappen sollte was ist jobtechnisch dein Plan B? Was kannst du so?

Hm, ich war mal tatsächlich Tellerwäscher. Ein guter Job für einen Musiker, weil du damit säuberlich zwischen den verschiedenen Bereichen deines Lebens trennen kannst. In meinem Fall war’s doppelt praktisch, weil das Restaurant, in dem ich arbeitete, direkt in meinem Block lag. Ich stand also zwei Minuten vor Schichtbeginn auf, stolperte im Schlafanzug in die Küche und rief:

„Okay, ich wäre dann so weit!“

Aber mein allererster Job war eigentlich noch besser. Da hab ich Badewannen verkauft.

www.patrickwatson.net