„Are we dancer?“ Ist das Englisch?


Sprachdebatte: "Are we human or are we dancer?", fragen The Killers. Was sagt der Linguist?

Herr Dr. Pöhlmann, „Are we dancer“, das ist dochfalsch, oder? Ja, das ist tatsächlich grammatikalisch falsch, das Substantiv müsste wie das Pronomen im Plural stehen. Die Möglichkeit, dancer als ungrammatische Steigerungsform von dance in Anlehnung an das Adjektiv human zu betrachten, erscheint noch unsinniger. Wie konnte das passieren, Brandon Flowers sollte doch Englisch können? Es mit der Grammatik nicht so genau zu nehmen, hat durchaus Tradition in der Popmusik. Ein abschreckendes Beispiel ist etwa Paul McCartneys Zeile aus „Live And Let Die“, in der er von „the world in which we live in“ fabuliert, weil er eine Silbe mehr brauchte. Ist das zu entschuldigen? Naja, die Popmusik muss sich wohl genauso wenig an grammatikalische Regeln halten wie Literatur. Man mag sich über die doppelte Steigerung des „most loneliest day of my Zife“ bei System Of A Down ärgern – aber Ähnliches findet sich auch bei Shakespeare.

Abgesehen von der Grammatik – ergibt die Frage in „Human“ überhaupt Sinn? Da hilft vielleicht eine marxistische Interpretation weiter: Das lyrische Ich ist sich selbst innerhalb seiner Gesellschaft entfremdet und hinterfragt die eigene Menschlichkeit. Dieser Mensch entledigt sich im Text nun vieler Merkmale, die ihn in seinem Sinne als menschlich ausweisen würden: Er verabschiedet sich von grace, virtue, good, soul, romance, devotion und bleibt reduziert zurück. ,My sign is vital/ My hands are cold“ deutet an, dass er zwar biologisch gesehen noch lebt, die Hände als Symbol der autonomen Handlung allerdings betäubt sind. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen, und der Sprecher beschreibt eine Abwärtsbewegung vom Leben zu bloßer Existenz. In dieser Situation ist er noch Subjekt genug, diese Entwicklung in Frage zu stellen, und dies geschieht, indem der Widerspruch zwischen Mensch und Tänzer aufgebaut wird. Wenn Menschlichkeit autonomes Handeln ist, steht der Tänzer für Abhängigkeit – schlicht gesagt bedeutet Tanzen, sich zur Musik anderer zu bewegen, nicht zur eigenen. Wie es bei Henry David Thoreau heißt: „If a man does not keeppace with his companions, perhaps it is because he hears a different drummer.“