Nick, Paul, Bob und der Doppler-Effekt


Lange Zeit schien es so, als könne nichts und niemand die allmächtigen Franz Ferdinand stoppen. Doch dann stoppten sich die Schotten selbst. Über drei Jahre ließen sie sich für ihr neues Album Zeit. Jetzt ist es da, heißt tonight: Franz Ferdinand und fordert die Welt zum Weitertanzen auf.

Man hatte es ja eigentlich anders kommen sehen. Man hatte befürchtet, Franz Ferdinand würden uns diesmal nach Afrika entführen. Wegen Afrobeat und so, ist ja derzeit schwer angesagt, und auf dem „African Express“-Festival in Liverpool im März spielten sie vollkommen neue, schwarzkontinental angehauchte Songs. „Die Leute scheinengenugzu haben von britischer Musik. Afrobeat ist einfach DAS Ding momentan. Und uns sagt das total zu“, behauptete damals noch ein enthusiasmierter Nick McCarthy und kündigte an:

„Unsere neuen Songs haben alle so ein afrikanisches Feeling, das zieht sich durch das ganze Album.“ Aber nichts da!

Gehofft hatten wir überdies, Alex Kapranos würde uns an diesem sonnigen Nachmittag in Berlin vielleicht verraten, wie er seiner Freundin Eleanor Friedberger von den Fiery Furnaces morgens in die Schuhe hilft. Wegen „Eleanor Put Your Boots On“, der großen, großen Weiterentwicklung in Richtung Paul McCartney auf der Franzens letztem Album. Keine Chance! Stattdessen sind wir im Physik-Unterricht gelandet.

Wenn Alex Kapranos über Christian Doppier spricht, verhaspelt er sich jedenfalls vor Aufregung und bekommt ganz rote Ohren, so begeistert ist er darüber, was der österreichische Physiker und Mathematiker 1842 erstmals vorhersagte. Demnach verändert sich die Frequenz von Wellen auf eine bestimmte Weise, wenn Quelle und Beobachter sich einander annähern oder voneinander entfernen. Im Alltag begegnet einem der sogenannten Doppler-Effekt etwa dann, wenn ein Krankenwagen mit heulendem Martinshorn heran- und vorbeibraust: Kommt der Wagen näher, klingt die Sirene höher, entfernt er sich vom Betrachter, wird der Klang tiefer wahrgenommen. Praktische Verwendung findet der Doppler-Effekt heute in vielen sinnvollen Bereichen, von der Ultraschalluntersuchung in der Medizin zur Messung der Blutstromgeschwindigkeit über die Satellitennavigation bis zum Wetter-Radar aber auch in manchen weniger sinnvollen Bereichen, beispielsweise auf tonight: franz Ferdinand, dem aktuellen und dritten Album des Quartetts aus dem schottischen Glasgow:

alex kapranos: Unser Studio ist ein altes Rathaus in Glasgow, dort gibt es sehr großzügige Räume. Wir legten einen Verstärker auf den Rücken, Nick McCarthy spielte die Gitarre – und unser Produzent Dan Carey schwang das Mikrofon durch den ganzen Raum, immer wieder auchüberden Verstärker. Es ist der Doppler-Effekt, sozusagen in einer Laborsituation hergestellt. Ich finde, es klingt ziemlich verrückt. Genau das wollten wir: wegkommen von den hohen Standards, mit denen man Platten machen muss. Weg von den Computern.

Nicht nur der Ansatz, Musik uollig anders aufzunehmen als heutzutage üblich, auch der Produzent scheint euch wichtig gewesen zu sein: Dan Carey hat schon Hot Chip, Uly Allen und CSS ueredelt…

alex: Oh, und Santogold auch, soweit ich weiß. Dan ist verrückt, wie ein kleiner Junge mit einem Chemiebaukasten. Er hat Spaß daran, Sachen aufzublasen, in die Luft zu jagen und überhaupt dafür zu sorgen, dass die Musik sich seltsam anhört. Wir haben eine Menge verrückter Sachen gemacht und kamen uns vor wie Kinder auf dem Spielplatz. faul thomson: Mit acht Jahren hat er seine erste Bombe gebaut.

alex: Mit acht Jahren? Klang wahrscheinlich auch gut, als das Ding hochgegangen ist! Nein, im Ernst: Dan Carey hat eben auch einen enormen Überblick, was Musik angeht. Ich meine, Mad Professor hat ihm das Mixen beigebracht, er arbeitete für Sly & Robbie, auch für Leute wie Lee Perry, er hat für Kylie Minogue einen Song geschrieben und produziert („Slow“; Anm.d.Red.) ebenso wie für Emiliana Torrini („Me And Annini“; Anm. d. Red.). Was uns besonders gefallen hat, war sein theoretischer musikalischer Ansatz: Wenn es mich anmacht, ist es gut! Das kommt uns sehr entgegen, weil wir’s genauso sehen.

Genauso im Sinne uon…

alex: … verrückt, ja. Da ist zum Beispiel die Sache mit den menschlichen Knochen.

Ein Ske ett?

alex: Ja, ein Skelett.

Und?

alex: Wir haben es bei einer Auktion ersteigert, aus Jux, es stammte aus dem Nachlass eines Pathologen, also schleppten wir die Box in unser Studio. Als wir dann „Katherine Kiss Me“ aufnahmen, beschlossen wir, ein wenig damit zu spielen.

Mit menschlichen Knochen.

alex: Genau. Wir suchten nach einem möglichst trockenen Perkussion-Sound, also

klopften wir ein wenig auf den Rippenknochen herum. Oder versuchten, die Knochenhände klatschen zu lassen. Solche Sachen.

Solche Sachen kommen zustande, wenn man sich Zeit lässt. Nach ihrem phänomenalen und millionenfach verkauften Debüt franz Ferdinand von 2004 („This band will change your life“, titelte damals der berüchtigte NME) und dem etwas hastig eingespielten Nachfolger you could have it so much better ein Jahr später wollte die Band diesmal ausgeruhter ans Werk gehen. Viel ausgeruhter. Und sich dann dabei Zeit lassen. Viel. Zeit. Über drei Jahre.

Und wer viel Zeit hat, kommt manchmal auf merkwürdige Ideen. Es gehört zu den ungeschriebenen, tendenziell traurigen Gesetzen der Branche, dass das zweite, spätestens aber das dritte Album einer Newcomer-Band vom achso aufregenden, wilden oder auch einfach nur langweiligen Leben „on the road“ handelt. Kapranos zumindest ist zu schlau, um in diese Falle zu tappen – sein aufregendes, wildes und manchmal auch einfach nur langweiliges Leben auf Welttournee verarbeitete er in einem ziemlich unterhaltsamen Buch über das Essen, das ihm auf dieser Reise vorgesetzt wurde.

„Sound Bites war eine Sammlung deiner entsprechenden Kolumnen für die englische Tageszeitung „The Guardian“. Kommt da noch mehr?

alex: Oh, das hat Spaß gemacht. Weil ich ja kein Journalist bin. sondern in einer Band spiele. Das war eine interessante Perspektive auf das Essen. Aber nachdem ich Kolumnen über Essen geschrieben habe und dann eben auch ein Buch, bin ich inzwischen wohl tatsächlich so was wie ein Gastronomiekritiker geworden.

Seltsame Nebenbeschäftigung für einen Popstar.

alex: Ja, oder? Schon komisch. Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Ich plane schon, demnächst wieder mit dem Schreiben anzufangen, aber ich weiß noch nicht, wann genau und worüber. Denselben ahnungslosen Ansatz hatten wir auch bei dieser Platte, denn so muss man’s machen, um den kreativen Prozess anzustoßen – immer schön offen bleiben.

Es gab also keine Spannungen in der Band?

alex: Spannungen? Klar gab’s die, gerade auf einer so langen Tour. Einmal, in Paris war das, wollten wir uns alle gegenseitig umbringen. Stimmt’s, Paul? paul: Stimmt.

alex: Gegenfrage: Warum wollt ihr Journalisten solche Sachen eigentlich immer wissen? Wieso wollt ihr hören, dass wir uns gegenseitigumbringen wollen?

Naja, weil künstlerische Memungsuerschiedenheiten…

alex: Künstlerische Meinungsverschiedenheiten? Das ist eine der Hauptlügen, die von Bands verbreitet werden: Künstlerische Meinungsverschiedenheiten sind doch kein Grund, einander an die Gurgel gehen zu wollen! Wir sind doch keine Heavy-Metal-Band! Kreative Differenzen sind nie der Grund, wenn eine Band sich trennt. Es liegt eher an Kleinigkeiten, wenn du beispielsweise die Stimme von jemandem nicht mehr erträgst. Das ist ein bisschen wie in einer WG zu wohnen. Es ist nicht das Große, Umfassende, zum Beispiel: „Oh mein Gott, ich kann nicht glauben, dass der Typ die Konservativen gewählt hat!“ Es sind eher kleine Sachen. Bei alten Ehepaaren ist es genauso.

Und in Bands auch.

alex: Okay, beim neuen Album haben wir es tatsächlich so gehalten, dass wir uns absichtlich mehrere Monate lang nicht gesehen haben. Als wir uns dann in Glasgow wieder getroffen haben, alles zusammen in einem Raum, da waren wir wirklich froh, uns wiederzusehen. Du brauchst eben hin und wieder ein wenig Distanz, um dich daran zu erinnern, warum diese Leute deine Freunde sind, warum du dich entschieden hast, mit ihnen so viel Zeit zu verbringen in dieser… verrückten Sache, in der wir da drinstecken.

Nach ihrem Debüt schrieb die durchaus ehrwürdige „Times“: „Ihr Erfolgsgeheimnis ist so aufregend wie vertraut: Knackig arrangierte Einflüsse der späten Siebzigerjahre, von den Talking Heads bis zu Joy Division, mit einer lyrischen Sensibilität, die eher an die eines Jarvis Cocker heranreicht, sorgfältig runtergekocht auf rhythmusbetonte Gitarrenmelodien, zu denen man tanzen kann.“ Wahrlich eine verrückte Sache, zumal Kapranos damals gerne mit dem Spruch zitiert wurde, er wolle „die Mädchen zum Tanzen“ bringen. Was sie machten, war wirklich nicht „neu“, aber weitaus cleverer und feiner als alles, was die vielen, vielen artverwandten The-Bands so fabrizierten. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert, im Gegenteil: tonight: franz Ferdinand dürfte so ziemlich das Tanzbarste sein, was eine Rockband aus Glasgowjemals auf die Beine gestellt hat. Dass wir es hier mit Leuten zu tun haben, die sich allesamt auf der Kunsthochschu- -»

-» le kennengelernt haben (wenngleich Drummer Paul Thomson angeblich eher als Nackt-Modell für die zeichnenden Studenten in Erscheinung trat), ist dieser zielgerichtet stampfenden Musik jedenfalls kaum anzuhören.

nick McCarthy: Es wäre jetzt eitel, zu sagen: „Oh, wir kommen von der Kunsthochschule und sind deswegen so künstlerisch veranlagt.“ Es war eher Zufall, dass wir uns dort getroffen haben und hätte auch überall sonst gewesen sein können. Wer dir mit glänzenden Augen von dieser Schule erzählt, der gibt an.

bob hahdy: Ich meine, Fran Healy von Travis war auf derselben Schule. paul: Und wir alle HASSEN Travis. alex: Es ist doch so, dass man Musik nicht intellektuell überfrachten darf. Sie ist etwas Unmittelbares, etwas, auf das du reagieren musst, weil es dich glücklich macht …

Apropos „glücklich . Das Cover zeigt eine Prügelszene …

alex: Genau, das sollte es auch. Ich liebe die Ästhetik: Die Leute sehen aus wie komische Fische in tiefschwarzer See. Außerdem, hey, war ich neulich in einem Plattenladen in London und dachte: Hey, was soll der Quatsch, das gibt’s doch nicht, die Indie-Cover sehen heute alle gleich aus, alles total folkige, total verrückte, bunte Collagenscheiße – schade, denn jeder läuft heute diesem Trend nach. Laaaaangweilig!

paul: Alles ist heute folkig! Sogar die Mobilfunkwerbung setzt inzwischen auf diesen Stil, wie diese Eiswerbung: Du siehst nur totaaal verrückte Leute in psychedelischen … ich weiß nicht, Devendra-Banhart-Situationen.

alex: Genau, Devendra Banhart trägt die Schuld! Und dieser Look ist eine Lüge!

Im Gegensatz zu eurem Couer-Artwork?

alex: Zumindest reflektiert es auf wesentlich authentischere Weise, was gerade um uns herum passiert.

paul: Das Foto ist nach Mitternacht aufgenommen worden, vor einem Pub in Glasgow. Das ist es, was schottische Bands abends so machen…

alex: Es sieht aber auch völlig anders aus als unsere ersten zwei Alben, die sich ja eher am futuristischen Look der russischen Konstruktivisten orientiert haben. Das passte auch gut zur Musik, aber diesmal ist alles anders, eben auch die Musik.

Als „arty“ im Sinne von „gewollt“ wurde im angelsächsischen Raum manchmal ihr Hang zu sporadisch eingestreuten deutschen Texten („Ich heiße superfantastisch‘. Ich trinke Schampus mit Lachsfisch“) oder Titeln („Auf Achse“) empfunden, wenn auch nie böse verurteilt. Man wusste ja, dass Nick McCarthy in Bayern aufgewachsen war und zeitweise bei den Krautrockern von Embryo gespielt hat. Darüber hinaus war in den coolen Kreisen, auf die es ankam, alles Germanische ohnehin so angesagt wie das Sowjetische, das sich in der plakativen, grafisch aggressiven Covergestaltung ausdrückte – und nun verschwunden ist. Durchs Hintertürchen allerdings hat der sogenannte „soviet chic“ wieder Eingang in die Musik gefunden: in Form eines extrem urigen Gerätes namens „Polivoks“ oder auch „Polyvox“:

alex: Die Geschichte geht so, dass der Konstrukteur, ein Elektrotechniker namens Wladimir Kuzmin, in den Siebzigerjahren hinter dem Eisernen Vorhang hockte und auf West-LPs erstmals einen Moog- oder vielleicht auch Korg-Synthesizer hörte. Kuzmin hatte keine Ahnung, worum es sich da handelte. Er hatte auch noch nie einen Moog gesehen. Alles, was er tun konnte, war Fachzeitschriften durchzulesen. Jedenfalls baute er dann ein Gerät, das diesen speziellen modularen Synthesizersound ähnlich rüberbrachte, wenn auch auf technisch völlig anderem Wege. Wir haben dieses Ding antiquarisch aufgestöbert, es sieht aus wie ein Sowjetpanzer, und hatten viel Spaß damit, es in Gang zu bringen und an den vielen Knöpf chen zu drehen. Und es klingt wirklich schräg. Elektronisch, aber fett und dreckig. Ganz in der Nähe unseres Studios in Glasgow ist ein Wohnheim für Gehörlose. „Ideal!“, dachten wir, da kann ja nichts schiefgehen. Aber eines Tages klingelte die Polizei, die Gehörlosen von gegenüber hatten sich beschwert – über die Bässe.

DerOpener“Ulysses (englisch für Odysseus;Anm. d. Red.) scheint mir da schon programmatisch zu sein…

alex: So ist es. Odysseus steht für den Elan, eine Reise zu beginnen, und dafür, sich auf offener See vollkommen zu verirren. Oder auch dafür, allzu bekifft zu sein.

Mit dem gleichnamigen Roman uon James Joyce scheint mir das eher wenig zu tun zu haben.

alex: Hm. Prinzipiell nicht, höchstens in dem Sinne, dass „Ulysses“ von James Joyce ja auch an einem einzigen Tag spielt, so wie tonight: franz Ferdinand in einer einzigen Nacht spielen soll. Es ist wie eine Sammlung einzelner Momente, die das ganze Erlebnis einer solchen Nacht ausmachen. Aber ich will eigentlich gar nicht zu sehr auf James Joyce eingehen, damit wurden wir schon in der Schule ausreichend gequält. So gesehen stimmt das aber, es ist wie ein Konzeptalbum ohne Konzept. Eher mit einer Idee, die den Songs zugrunde liegt.

Wie wichtig ist die Geschichte, die in einem Song erzählt wird?

alex: Manchmal kommt das, was du die Geschichte nennst, mit der Musik. Manchmal aber auch nicht, dann muss sich die Musik nach der Geschichte richten. „Katherine Kiss Me“ beispielsweise, da waren die Lyrics vor der Musik da. Ich wollte einen Song über das Lügen schreiben, und da gibt es diese Zeile (singt) „da, dada, mmh… sometimesl say the stupidest things, da-dada, hm / Sometimes I think the stupidest THINGS.“ Da wollte ich schon mit den Worten eine bestimmte Stimmung erzeugen. Dazu gehe ich mit der Stimme runter, verpasse dem Song sozusagen eine emotionale Ausstattung. Ein Regisseur würde an dieser Stelle vielleicht die Beleuchtung einer Szene ändern, um einen ähnlichen Effekt zu erzielen. Und an dieser Stelle bringe ich dann einen Mollakkord rein, der bis dahin in dem Song nicht vorkam. Ihn an dieser Stelle zu spielen, verändert die Art und Weise, wie wir auf die Lyrics achten und was wir in ihnen hören. So was passiert nur, wenn man die Texte gleichzeitig mit der Musik schreibt.

DerText kann also aiseine Art zusätzliches Instrument betrachtet werden? alex: Ja, aber absolut! Lyrics sind wichtig, insofern sie Teil des Songwritings sind, nicht der Performance. Oft sind die Texte aber auch schon vor der Musik da. Es gibt eine Technik, derer wir uns bei den Aufnahmen für diese Platte bedienten, wenn wir einen Song hatten, der stellenweise keine Lyrics hatte, nur Musik: Dann stellten wir uns im Kreis auf und riefen, was uns gerade so in den Sinn kam; natürlich zu einem bestimmten Leitmotiv…

Zum Beispiel?

alex: Zum Beispiel: Wie fühle ich mich, wenn ich im Ausland bin? Eine andere Methode war, sich zu diesem Leitmotiv ein paar Notizen zu machen, auf ein paar DIN-A4-BÖgen, ein reiner Bewusstseinsstrom, wovon natürlich das meiste totaler Quatsch war, hin und wieder aber auch Ansätze zum Vorschein kamen, von denen wir alle sagten: „Wow, das ist brillant!“

Es gibt da einen Song, „What She Came For , der scheint mir vor allem dauon zu handeln, in Interviews dumme Fragen gestellt zu bekommen: „Where does that name come from /Why do you wear the clothes you wear/Doyou feel the pressure?“

alex: Na, so was! Du hast es erfasst! Bravo! Ich gratuliere! Dafür bekommst du den Franz-Ferdinand-Sonderpreis, denn du bist der erste Journalist, dem das aufgefallen ist! paul: Man glaubt es ja kaum, aber das sind Fragen, die fast ALLE stellen… alex: Ja, neulich erst dieser Moderator von Radio 1 in England, wie war sein Name? Egal: Der Typ hat uns allen Ernstes jede einzelne dieser beschissenen Fragen gestellt, ein echter Volltrottel. Aber davon handelt dieser Song ja auch: Von Leuten, die den Raum betreten und ihn dann mit ihrer selbstsicheren Ausstrahlung völlig dominieren. Aber auch von Leuten, die mit solchen Sprüchen in einem viel zu lauten Club versuchen, einen Flirt zu beginnen: „Hey, warum trägst du die Sachen, die du da trägst?“ und solches Zeug.

Privat scheint ihr euch für Mode ja nicht sooo zu interessieren, ihr seid eigentlich gewöhnlich bis nachlässig gekleidet.

paul: Danke für das Kompliment!

alex: Dabei habe ich neulich noch in einer Kritik gelesen, wir wären „fashion victims“.

Wie Franz Ferdinand, der Thronfolger.

alex: Wieso?

Nachdem er in Sarajewo von den Kugeln des Attentäters getroffen worden war, ist er langsam verblutet. Vermutlich hätte man ihn einfach retten können, aber die Sanitäter wussten erst nicht, wie man ihn aus der Uniform rausbekommt. Als sie dann merkten, dass der Thronfolger in die Uniform eingenäht gewesen ist, trauten sie sich zuerst nicht, das gute Stück einfach aufzuschneiden…

alex: Wow. Das wusste ich nicht. Ja, DAS ist ein „fashion victim“. Wie überhaupt vor allem das Militär voller „fashion victims“ ist. Schau dir nur mal General Custer an! Seine gelben Handschuhe, seine ausgefallenen Klamotten, seine gespreizte Art. Wenn man sich anschaut, wie er sich bei der Schlacht am Little Big Hörn verhalten hat. Es war Eitelkeit, pure Eitelkeit, die ihn in sein Verderben geführt hat.

paul: Das erinnert mich an einen Freund von mir, der kürzlich einen Motorradunfall hatte. Es war eigentlich keine schlimme Sache, aber als die Notärzte ihm die Hosen aufschnitten, da brach er in Tränen aus. Nicht, weil es weh getan hätte. Sondern weil es Designerjeans waren.

www.franzferdinand.co.uk

ALBUMKRITIK SEITE 76