In der Zwischenwelt


R.E.M.

Murmur – Deluxe Edition

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Reckoning – Deluxe Edition

****1/2*

Fables Of The Reconstruction – 25th Anniversary Edition

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Capitol/EMI

(Alternative) Rock: Vom Nischenprodukt zur Konsensband. Die wundersame Entwicklung einer Band in drei Schritten.

Eine Band muss nicht zwangsläufig Neuland betreten, um sich zu etablieren. Prophet zu sein wirkt eher hinderlich, wie die Beispiele The Velvet Underground, The Stooges und NEU! verdeutlichen. Das Publikum favorisiert mehrheitlich Künstler, die glaubhaft Tradition mit Innovation verbinden. R.E.M., Inbegriff der Alternative-Rock-Kultur, zählte von Anfang an zu jener Kategorie. Mit Leidenschaft, Enthusiasmus und Hingabe entwickelte sich die Band aus Athens, Georgia, binnen weniger Jahre zu einer der wichtigsten Protagonisten der in den 80ern mächtigen Gegenkulturbewegung. Als das Quartett mit den weltweiten Millionensellern OUT OF TIME und AUTOMATIC FOR THE PEOPLE selbst zum Mega-Act avancierte, blieben künstlerischer Anspruch und Unabhängigkeit unangetastet. Wie sehr R.E.M. die Grundregeln schon in ihrer Frühzeit verinnerlicht hatten, zeigt sich an den drei ersten Alben, die in Neuauflage digital optimiert und jeweils durch eine CD mit Bonustracks ergänzt wurden.

Im Januar 1980 trafen sich Sänger Michael Stipe und Gitarrist Peter Buck in einem Plattenladen in Athens, Georgia, wo Buck als Verkäufer arbeitete. Die beiden gerieten ins Fachsimpeln, freundeten sich an und beschlossen, gemeinsam Musik zu machen. Schon am 5. April absolvierte die inzwischen mit zwei weiteren Studenten der University of Georgia, Bassist Mike Mills und Schlagzeuger Bill Berry, zwar komplettierte, aber noch namenlose Band ihr Live-Debüt bei der Geburtstagsparty eines Freundes. Eine erste Single namens „Radio Free Europe“ erschien knapp ein Jahr später auf dem lokalen Indie-Label Hib-Tone. Konstantem Touren und der konsequenten Unterstützung durch das landesweite Netz der College-Radios folgte der Aufstieg in die nächst höhere Liga: Miles Copeland, Bruder des Police-Schlagzeugers Stewart Copeland, signte R.E.M. für sein Indie-Label I.R.S. und veröffentlichte im August 1982 die EP „Chronic Town“. Nur ein halbes Jahr später stand das erste Album MURMUR in den Läden, das in der „Deluxe Edition“ den kompletten Konzertmitschnitt aus dem Club Larry’s Hideaway in Toronto und Tracks der EP enthält.

200.000 Exemplare des Debüts,, dessen Produktion alles andere als einfach verlief, verkauften sich bis Ende des Jahres. Produzent Stephen Hague, der auf Empfehlung von I.R.S. kam, musste auf Drängen der Band sein Amt nach kurzer Zeit niederlegen, weil er es gewagt hatte, ungefragt auf „Catapult“ Keyboards einzubauen. In entspannterer Atmosphäre wurden die Sessions mit Don Dixon und Mitch Easter fortgesetzt. Eine Neueinspielung von „Radio Free Europe“, aber auch die Fan-Favoriten „Talk About The Passion“ und „Perfect Circle“ entstanden bis Ende Februar 1983. Garniert wurde das eigenwillige Klangbild mit hohem Wiedererkennungswert von Peter Bucks an The Byrds erinnerndes Gitarren-Jangle und Mike Mills kernigem Rickenbacker-Bass. Keine Gitarrensoli, keines der üblichen Rock-Klischees, vor allem aber das Nein zum Synthesizer machten R.E.M. zur Bedingung, um „unserer Musik eine gewisse Zeitlosigkeit zu verpassen“ (Stipe).

Zeit zum Ausruhen blieb keine. Im Dezember 1983 ging es an die Produktion des zweiten Albums RECKONING – abermals mit Easter und Dixon an den Reglern. Vor allem Gitarrist Peter Buck entwickelte ungeahnten Ehrgeiz, als er, wie er später zugab, „ein wenig größenwahnsinnig“ ein Doppelalbum vorschlug. Doch wurde der Plan aufgegeben, weil I.R.S. auf einer Einzel-LP bestand. Schwierigkeiten bei den zehn Songs machte vor allem Michael Stipe, dessen durch viele Gigs beeinträchtigte Stimme öfter ausfiel. Im allgemeinen Kreativhoch konzipierte Stipe den von Regisseur James Herbert betreuten Dokumentarfilm „Left Of Reckoning“, der die Songs „Harborcoat“, „7 Chinese Bros.“, „So. Central Rain (I’m Sorry)“, „Pretty Persuasion“, „Time After Time (AnnElise)“ und „Second Guessing“ visuell verarbeitete.

Schon bei der Vorproduktion von FABLES OF THE RECONSTRUCTION – oder RECONSTRUCTION OF THE FABLES, wie der dritte Longplayer in Umkehrung des Titels auf der B-Seite der Vinyl-Ausgabe genannt wird -, standen die Zeichen auf Veränderung. Als Produzenten wählten R.E.M. eine Studio-Koryphäe: Joe Boyd, ein Amerikaner mit Wohnsitz London. In den Swinging Sixties verhalf Boyd Brit-Folk-Nachwuchs wie Fairport Convention, The Incredible String Band, Nick Drake und Tyrannosaurus Rex, aber auch Pink Floyd zum Karrierestart. Psychedelic-Folk als Etikettierung eignete sich auch für den in den Londoner Livingston Studios entstanden „neuen“ Stil von R.E.M. Wie sehr Boyds Exzentrik und Arbeitsweise die Grundstimmung der Musik modifizierte, veranschaulichen „The Athens Demos“ und das bislang unveröffentlichte „Throw Those Trolls Away“ – noch ohne den Feinschliff des Produzenten. Als Paradebeispiel für die Veränderung sei der Opener „Feeling Gravitys Pull“ angeführt, ein von Bucks chromatischer Gitarrenfigur und einem Streichquartett umflorter Song. Nur wenige Jahre später wechselten R.E.M. von den kleinen Clubs in die großen Konzertarenen über.

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Name: R.E.M.

Ursprünglicher Name: Twisted Kites, Cans Of Piss, Negro Wives

Genre: Alternative Rock, College Rock

Gegründet: 1980

Aktuelle Besetzung: Michael Stipe (Vocals), Peter Buck (Gitarre), Mike Mills (Bass)

Ehemaliges Mitglied: Bill Berry (Schlagzeuger bis 1997)

Inspiriert von: The Byrds, The Velvet Underground, Big Star, Television, The Soft Boys, Patti Smith