The Hives live in München


„Du weiß’, was zu tun!“ MUSIKEXPRESS-Leserin Martina Bähring über das Konzert der Hives in der Münchner Tonhalle - einen Abend, der an Leistungssport grenzte.

Ja, man darf nicht zu empfindlich sein, was Bierduschen, Fremdschweiß und Ellbogenhiebe angeht, wenn man sich auf ein Konzert des schwarz-weißen Schwedenexports The Hives begibt. So grenzte auch ihr Konzert in der zum Bersten gefüllten Münchener Tonhalle an Leistungssport, sowohl für die Band um Sänger (Howlin’) Pelle Almqvist, als auch für das Publikum, dass bis in die letzten Reihen kein Halten mehr kannte.Die Besucher sind im Schnitt zwischen 16 und 22 (einige von ihnen tragen Mando Diao-Fanshirts…), an den Rändern finden sich allerdings auch ein paar Oldtimer, ebenso wie ein eine Handvoll etwa 10- bis 12-jähriger, deren Eltern sich dezent in die hinteren Ecken verkriechen, als es losgeht.Den Anfang nimmt der Abend mit der weithin unbekannten Supportband Henry Fiat’s Open Sore – und wie der Name bereits vermuten lässt, erwartet das Publikum eine musikalische Erfahrung der schmerzhaften Art. Wie eine Mischung aus Liquido und Slipknot sehen sie aus in ihren Anzügen und schwarzen Masken (die vermutlich aus der SM-Klamottenkiste des Sängers stammen), wobei sie sich musikalisch wohl eher Letzteren zuordnen lassen würden. Da ist man fast froh, dass die hämmernde Bassline alles Übrige übertönt, lyrische Offenbarungen sind hier wohl weniger zu erwarten. Und nach gefühlten 20 Minuten ist der ganze Spuk auch schon vorbei.So enttäuschend der Auftakt ausfällt, so begeisternd ist das, was folgt: Vom ersten Moment an füllen die Hives die gesamte Halle mit ihrer mitreißenden Energie, da wird erstmal die geschätzte Hörerschaft in makellosem Deutsch begrüßt: „Hallo, wie geht es?“, „Du weiß’, was zu tun!“, und tatsächlich, sobald die ersten Takte erklingen ist kein Nachdenken mehr vonnöten, Arme und Beine bewegen sich ohne jegliches geistiges Zutun und nach ein paar Minuten klappt auch das Ausweichen vor fliegenden Bierbechern und unkoordiniert raumgreifenden Tanzeinlagen einiger Anwesender wie von selbst.Atempausen sind kaum möglich angesichts dieser Hitdichte: ein Querschnitt aus den über 10 Jahren Bandgeschichte, der neben Klassikern wie „Main Offender“, „Walk Idiot Walk“ und „Diabolic Scheme“, die noch jede Festivalbühne zum Beben gebracht haben, auch das Beste/Lauteste vom neuen, verhältnismäßig aufwändig produzierten Album der ehemals etwas schrammeligeren Schwedencombo enthält. Die erste Singleauskopplung vom Selbigen, „Tick Tick Boom“, wird zu einem der Höhepunkte des Abends, wobei es recht schwer fällt, bei einer derart konstanten Euphorie-Kurve noch Amplituden festzustellen. Der Sound ist perfekt, die fünf zeigen, dass sie nicht zu Unrecht einen exzellenten Live-Ruf haben und zwischendrin ist auch noch Platz für ein paar Blödeleien mit dem Publikum.Sänger Pelle ist voll in seinem Element, springt, läuft, stolziert über die Bühne und man muss bei seiner Performance fast schmunzeln, so sehr erinnern Hahnentritt und Siegerpose an einen etwas älteren Vertreter des Rock’n’Roll, der zur Zeit die Kinosäle füllt. Natürlich ist auch wieder jede Menge Ego-Attitüde im Spiel, als das Publikum zum Applaudieren für „ihre Helden“ aufgefordert wird. Egal wie vermessen man das nun finden mag: Wenn man Almqvist so auf der Bühne stehen sieht, mit von kindlicher Begeisterung erfüllten Augen, dann möchte man ihm eigentlich gar nichts abschlagen.Alles in allem wird man schließlich – nach einer liebevollen Zugabe – zufrieden und erschöpft in die Nacht entlassen und beschließt, auch an der nächsten sportlichen Großveranstaltung wieder teilzunehmen.

Martina Bähring – 10.04.2008