Ist Kolja Goldstein ein Hochstapler?


Kolja Goldstein erzählt in seinen Songtexten von Kokainhandel und Auftragsmorden. Aber wie authentisch sind die Lyrics wirklich?

Kaum jemand sorgte im Gangsta-Rap in den letzten Monaten für solche Schlagzeilen wie der deutsch-russische Rapper Kolja Goldstein. Seine Songs, in denen er unter anderem über Drogenhandel und Auftragsmorde rappt, werden auf YouTube millionenfach geklickt. Dabei vermitteltet der in Amsterdam lebende Rapper stets den Eindruck, dass er selbst in großer Nähe zur organisierten Kriminalität stehe und mit den ganz großen Gangsterbossen an einem Tisch säße. So kokettiert er zum Beispiel auf dem Song „A.B.C.“ mit Wissen über den Verbleib der als vermisst gemeldeten Drogenschmuggler Naima Jillal und Jan van Zantvoort. In anderen Songs deutete er an, selbst schon einige seiner Feinde aus dem Weg geräumt zu haben.

Die vermeintliche Authentizität seiner Songtexte dürfte in entscheidender Weise zu Kolja Goldsteins enormer Popularität beitragen. Aber wie authentisch sind seine Geschichten aus der niederländischen Unterwelt wirklich?

Kolja Goldstein: Mehr Schein als Sein?

Dieser Frage geht eine in der „Zeit“ veröffentlichten Recherche von Paul Schwenn und Markus Sehl nach. Dafür fragten die beiden bei deutschen Gerichten und niederländischen Staatsanwaltschaften nach und sprachen mit alten Weggefährten des Rappers. Ihr Fazit: Kolja Goldsteins Selbstinszenierung als gefürchteter Drogenboss ist wohl mehr Schein als Sein.

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So behauptete der Rapper in einem Interview, dass bei ihm einmal 864 Kilo Marihuana beschlagnahmt wurden. Der Polizei gegenüber hätte er aber dennoch geschwiegen, sodass er irgendwann wieder auf freie Füße gekommen wäre. Der Interviewer fragt: „Sie wollten dich brechen. Aber haben sie dann nicht geschafft?“. Kolja Goldstein: „Niemals!“.

Die Zeit-Recherche hat sich der Geschichte angenommen und herausgefunden, dass damals keineswegs eine solch gigantische Menge Cannabis bei dem Rapper beschlagnahmten wurde. Stattdessen ging es in dem Verfahren um Marihuana im Wert von 1975 Euro, sowie um 0,242 Kilogramm Kokain. Und: Kolja Goldstein hatte die Tat gestanden, um eine mildere Strafe zu erhalten.

Gescheiterte Cannabis-Plantage: Kein Wasser- und Stromanschluss

Der Rapper wurde noch ein zweites Mal verurteilt. Für den Aufbau einer Cannabisplantage. Allerdings scheiterte das Projekt schon recht früh – an einem Wasser- und Stromanschluss. Die fehlten nämlich auf dem Grundstück, das Goldstein mit zwei Komplizen angemietet hatte. Die Polizei bekam dennoch Wind von der Idee und verhaftete den Rapper. Dieser gestand erneut.

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Unter organisierte Kriminalität versteht man landläufig etwas anderes, als den Handel mit kleineren Betäubungsmittelmengen und gescheiterte Versuche, eine Cannabis-Plantage aufzubauen. Auch hochrangige Beamte der deutschen und niederländischen Staatsanwaltschaft sehen Kolja Goldstein kaum als Teil der organisierten Kriminalität – sondern eher als Rapper, der versucht sich ein Street-Image aufzubauen.

In der „Zeit“-Recherche geht es auch um den Lebensweg von Kolja Goldstein– hier finden die Autoren ebenfalls Indizien, dass sich der öffentlich behauptete von dem realen deutlich unterscheidet. Und auch zu einer ZDF-Doku, in der Kolja Goldstein die Reporter zu einem vermeintlichen Drogenumschlagsplatz führt, fördert der Artikel interessante Details zu Tage. Erschienen ist der Beitrag in der aktuellen „Zeit“ (27/2022) und online.