Im Gespräch mit Marky Ramone: „Man braucht Punk heute mehr denn je“
Marky Ramone gehört zu den wenigen Mitgliedern der legendären Ramones, die heute noch leben. Wir trafen ihn in den Berliner Hansa Studios und sprachen mit ihm über die Relevanz von Punk, seine Biografie und den Geschmack von Hundefutter.
Marky Ramone stieg 1978 in die legendäre US-Punk-Band The Ramones ein, wo er bis zu deren Auflösung 1996 mit einer kurzen Unterbrechung spielte. Vor kurzem ist seine Biografie „Punk Rock Blitzkrieg“ in Deutschland erschienen und müde vom Touren scheint der bald 60-Jährige auch nicht zu werden. In Berlin trafen wir ihn im Rahmen der „Converse Rubber Tracks“, einem musikalischen Förderprogramm der Turnschuhmarke. In den altehrwürdigen Hansa-Studios in Mitte schaute Marky Ramone einer chinesischen Nachwuchs-Band einen Tag lang bei deren Aufnahmen über die Schultern. Zeit für einen kleinen Plausch über die heutige Punkmusik, den Nachwuchs und den Geschmack von Hundefutter blieb auch.
Marky, du bist seit fast vier Jahrzehnten im Geschäft, bis heute gehören die Ramones, dessen einziges noch lebendes Mitglied du bist, zu den bekanntesten Bands der Welt. Was kannst du jungen Künstlern auf den Weg mitgeben?
Marky Ramone: Zunächst mal die Basics: Raucht keine Kippen, hab ich auch nie getan, das ist wirklich mies für die Gesundheit und nehmt auch keine harten Drogen! Für die Musik: Trefft andere Musiker, die dieselbe Musik mögen wie ihr und tut euch zusammen. Hört nicht nur eine Art von Musik, sondern beschäftigt euch mit so vielen Genres wie möglich: Jazz, Punk, Blues, Rock, Metal, whatever. So kommt man einfacher zu seinem eigenen Style. Spielt in Clubs, wo ihr euch live austoben könnt und übt, übt, übt! Ach und lasst Facebook, Instagram und Twitter auch mal außen vor und geht raus, trefft echte Menschen, schließt echte Freundschaften im echten Leben – bei aller Liebe für Social Media! Und wenn ihr Glück habt, kreiert ihr am Ende etwas Eigenes. Etwas, das eine besondere Färbung hat, welche die Leute auch anerkennen. Darum sollte es jungen Musikern gehen.
Wie wurdest du Teil der Converse Rubber Tracks, für die du nun einen Tag lang im Berliner Hansa Studio jungen Musikern beim Aufnehmen ihrer Songs hilfst?
Ich war schon bei zwei Projekten von Converse dabei, bei einem kleineren Konzert in Brooklyn und einem großen in Rio. Sie haben mich dann gefragt, ob ich als Mentor einen Tag mit den Pumpkins, einer Band aus China, ins legendäre Berliner Hansa Studio gehen würde, um sie bei ihrer Recording Session zu unterstützen. Ich sei nämlich ihr großes Vorbild und die Ramones ihre Idole. Ich mochte deren Sound – und hier bin ich!
„Lasst Facebook, Instagram und Twitter auch mal außen vor!“
Kanntest du Pumpkin vorher schon?
Nein, der Studiotag liegt genau zwischen meiner Buch-Tour, die ich seit Wochen in verschiedenen Teilen der Welt mache. Gerade war ich noch in London, wo ich „Punk Rock Blitzkrieg“ vorgestellt habe, jetzt bin ich in Berlin. Ich hatte also bis dato keine Gelegenheit viel von der Band zu hören. Aber der eine Song (..) überzeugte mich, diesen Termin quasi einzuschieben, bevor es bald wieder auf Tour auch durch Vietnam und die Philippinen geht.
Im Vergleich zu Pop, Elektro oder Rap, allesamt kommerziell extrem erfolgreiche Genres: Wie viel Bedeutung und Aussagekraft besitzt Punk dann überhaupt noch?
Elektronische Musik ist Computer-basiert, das ist oftmals nichts menschlich Eingespieltes und von Instrumenten Erzeugtes mehr. Ich glaube aber, dass gerade von Menschen gemachte Musik heute genau so wichtig ist, wie elektronische Musik. Was bei Elektro fehlt, ist die emotionale Note, das Gefühl, das durch Musik entsteht, die nicht aus der Konservendose stammt. Bei meinen Shows erzählten mir gerade junge Fans, dass es sie abturnt und ermüdet heute in Geschäfte zu gehen, denn die Musik dort sei eintönig und einfallslos. Punk-Musik ist eine gute Art, um auszudrücken, was man fühlt in Bezug auf die Gesellschaft, Politik, das Leben, einfach alles.
Und sie hat als Botschaftsübermittler nicht an Relevanz verloren?
Im Gegenteil! Man braucht Punk heute mehr denn je. Es gibt nach wie vor relevante Themen wie Kriege, soziale Ungerechtigkeiten, Arbeitslosigkeit, Liebeskummer, welche die Menschen beschäftigen. Der einzige Unterschied zu unserer Zeit damals ist: heute hat jeder ein Smartphone. Technologie verändert sich, doch nicht die Menschen und das, was sie bewegt. Da setzt Punk an, denn dieses Genre hinterfragt Zustände. Mal spielerisch, um den Leuten trotz ihrer Sorgen ein gutes Gefühl zurück zu geben. Mal auch kritisch. Sieh dir doch an, wie bestimmte Staaten versuchen, ihre Bürger dumm zu halten, sie von Informationen abzuschneiden, denn sie wollen mit ihren Ideen durchkommen, sich nicht von aufgeklärten Bürgern ausbremsen lassen. Punk-Musik kann zumindest die Botschaft an die Leute übermitteln, dass es sich lohnt Dinge zu hinterfragen.