Hotlist 2017: Mit Der Ringer auf Wärmesuche in der kalten Technologie
Unterkühlt, distanziert und trotzdem drastisch: Dieses Hamburger Quintett macht reflektierten Pop für digitalisierte Herzen.
„Glücklich“ heißt die EP, mit der die Hamburger im vergangenen Frühjahr das nächste Stück im stetig wachsenden Mosaik der neuen intelligenten deutschen Popmusik einsetzten. Dort haben Bands wie Isolation Berlin und Golf mit ihren außergewöhnlichen Debütalben bereits einen Platz gefunden. Wundern muss es deshalb nicht, dass Der Ringer in ebenjenen Gruppen Partners in Crime gefunden haben.
Mit Golf teilen sie die Liebe zum viralen Schabernack, den die Kölner in einem trashigen Remix des Ringer-Songs „Glücklich“ samt verstörend-beklopptem Begleitvideo kulminieren ließen. Mit der Iso-Bande um Tobi Bamborschke teilten sie sich nicht nur eine EP („Ich gehör nur mir allein“) und das Tour-Leben, sondern seit Neuestem auch das Label: Ihr Erstling SOFT KILL erscheint am 27. Januar bei Staatsakt. Auch hier dürfte sich wieder eine Ansammlung mutiger Digitalgesellschaftsbeobachtungen finden, die ihnen mit Songs wie „Apparat“ bereits gelungen sind: Sänger Jannik Schneider beklagt mit weltmüdem Duktus die Computerliebe im 21. Jahrhundert. Ob er aus der Rolle eines programmierten Avatars oder eines Tinder-Profilbildes spricht, bleibt wunderbar offen.Dabei gelingt es der Band, ihren distanziert wirkenden Popsongs stets eine nachtblaue Note einzuhauchen und so das Erbe der New Romantics durch den Raum wehen zu lassen. Das kann zwar sehr schnell unterkühlt wirken, doch die Lieder sind stets auf der Suche nach einer Wärme in der kalten Technologie, aus der sie sich speisen – ein fortschrittlicher wie frommer Wunsch. Der Zauber ihrer Songs liegt darin, dass man ihnen diese Rastlosigkeit abnimmt: auf der einen Seite die seelenlosen Synthesizer, auf der anderen Seite die forsche Gitarre, die im Zusammenspiel mit der Rhythmusgruppe den Hörer aus der 90er-Jahre -Videospiel-Vision einer nahen Zukunft ins Hier und Jetzt zurückholt. Die Band selbst nennt das Ganze „Soft-Punk“. Wir nennen es wahnsinnig zeitgenössische Popmusik.
Auf ihrer Homepage bieten Der Ringer nun ein Prelistening an, in dem man als Nutzer einer Webcam seine Gefühle in den Stream mit einbringen kann.