Cutting Crew


In dem dunklen Bau mit seinen Balkonen, seinem Plüsch und Schmutz wird sonst Theater gespielt. An diesem Abend wird jedoch nicht deklamiert, sondern musiziert. Das Konzert — übertragen vom „World Service“ der BBC, wird angekündigt von deren Conferencier Richard Skinner. In typisch britischer DJ-Manier schwelgt er in Superlativen: „outstanding musical abilities“, Applaus, „good songs“, Applaus, „excellent Performance“, Applaus.

Ein freundlicheres Willkommen konnten sich die vier Debütanten kaum wünschen. Für sie galt es — so verriet Sänger Nick van Eede —. den Ruf des „One-Hit-Wonders“ durch den einer soliden Pop-Rock-Combo zu ersetzen. „Die Mädchen in den ersten fünf Reihen zu überzeugen“, so der blonde Frontmann, „ist kein Kunststück. Wenn nachher über mich die Alleren im Publikum mit dem Kopfnicken, dann bin ich zufrieden. „

Wenn Newcomer wie das englisch-kanadische Quartett gleich mit einem Riesenhit wie „(I Just) Died In Your Arms“ debütieren, wird der Kampf um die musikalische Glaubwürdigkeit zur Üherlebensfrage. Nick van Eede, in frühen Jahren Solo-Entertainer zur Akustik-Gitarre. ist zuversichtlich: „Schließlich trat ich früher als Vorprogramm zu Slade in riesigen Arenen auf.“

Man merkt, daß van Eede Bühnenerfahrung hat. Keine Spur von Mikrofonoder Schwellenangst. Er will überzeugen, gewinnen, siegen. Während der ersten drei Songs („Any Color“, „Don’t Look Back“, „Life In A Dangerous Time“) herrscht trotzdem noch Nervosität: mehr Pflicht als Kür für Leadgitarrist Kevin Scott MacMichael. Nick, Bassist Colin Farley. Schlagzeuger Martin Beedle und den Miet-Keyboarder John Cook.

Mit Ausnahme des Kokain-Songs „A Mirror & A Blade“ besteht das Programm aus dem Material der ersten Cuttina Crew-LP BROADCAST. die die Vier live überzeugend umzusetzen wissen. MacMichael, van Eedes Kreativpartner, ist ein überaus talentierter, wenn auch nicht ungewöhnlicher Gitarrist. Es fehlt ihm an Eigenarten, an Unverwechselbarem, an der kalkulierten Schmutzigkeit des echten Rockers. Dafür hat er, salopp gesagt, „alles drauf: Riff-Reihungen, durchdachte Soli, songdienliche Begleitrhythmik, alle Effekte und Tricks modernen Gitarrenspiels. Taktgeber und Bassist leisten solide Basisarbeit und schaffen das Fundament für den sich verausgabenden Sänger.

Cutting Crew — stilistisch irgendwo zwischen Amerika und England angesiedelt, versehen mit einem ausgeprägten Hang für hübsche Refrains und eingängige Melodien — bestehen die Feuertaufe. Im Astoria wird getanzt und geträumt, geklatscht und geschmust. Als sie sich noch einmal mit ihrem Ohrwurm verabschieden, greift der Mann vor mir seine Freundin fester um die Taille —– und nickt wissend.

Will kein „One-Hit-Wonder“

bleiben: Nick van Eede