Niggers with Attitude
Sle sind die kontroversesten Hardcore-Rapper seit Public Enemy. Wobei schon der Name Böses ahnen läßt: N.W.A. steht wahlweise für "Niggers With Attitude" oder für ein radikales "No Whiteboys Allowed". Bleichgesicht Michael Reinboth hatte trotzdem keine Angst vor dem schwarzen Mann.
Sie kommen „Straighi Outta Compton“- so auch der Titel ihrer LP – einem Vorort im Süden von Los Angeles. „Compton ist ein hartes Pflaster“, meint Ice Cube trocken, „kein Ort für brave Bürger oder europäische Touristen. Hier ballern die Bewohner aus reinem Spaß auf Passanten. Die Gangs regeln das tägliche Leben. Du findest hier keine kleinen Geschäfte mehr, nur noch große Ladenketten, die sich die nötigen Sicherheitskräfte leisten können. Wenn du einer Street Gang angehörst, hast du gewissen Schutz, aber ein Außenstehender, der verheiratet ist und seine Kinder morgens zur Schule schickt, lebt gefährlich. Vor allem, wenn er rot trägt. Trage niemals rot! Niemals, denn das ist die Farbe der LA-Gang, der Bloods. „
lce Cube schreibt die meisten Texte für N.W.A., erschreckend realistische Texte über Gewalt, Nutten, Gangs und die Polizei. Stücke wie „Gangsta, Gangsta“ oder „Fuck The Police“ (ein Song, der mit krassen Worten beschreibt, wie schwarze Kids von der Polizei automatisch als Drogendealer behandelt werden) alarmierte unweigerlich die Ordnungshüter: Im prüden Mittelwesten der USA wurden ihre Auftritte gleich ganz verboten, das „Fuck The Police“-Cover mußte eingestampft werden – und selbst in Detroit durften N.W.A. das Stück nicht spielen. Natürlich spielten sie es doch – und wurden prompt abgeführt.
Klar auch, daß N.W.A. auf der „gefährlichen Liste“ der Frau des erzkonservativen Senators Tipper Gore und ihres Parents“ Music Resource Centre (PMRC) ganz oben stehen. „Anstatt daß sie die wirklichen Probleme in den Griff bekommen, reiten sie wie besessen auf uns mm. Diese Leute sind doch scheinheilig. Soll ich dir sagen, woher die ihre stinkenden Dollars haben ? Schweigegeld von der obersten Drogen-Mafia. „
Okay, Dollars kassieren N.W.A. jetzt auch. Aber legitim. Ihr Debüt erreichte Platin in den Staaten, und das sagt einiges über ihren gesellschaftspolitischen Stellenwert: Die Situation in den Ghettos ist prekär wie nie zuvor, über 60 Prozent der Arbeitslosen sind Schwarze, die sich nicht irgendeinen Schmuse-Rap eines LL Cool J vorgaukeln lassen wollen, der anschließend in noblen Hotel-Suiten eine flotte Liebesnummer abzieht.
N.W.A. reden die Sprache der Straße, und da gibt es nun mal Prostituierte und jede Menge geldgeiler Tussies, die ihre Dinger bei jeder Gelegenheit gewinnbringend einsetzen. „Wir könnten auch über nette Mädchen rappen, aber warum sollten wir? Die zickigen Schlampen sind nun mal in der Mehrzahl. Schau, wenn ich einen Rap darüber schreibe, wie ich relaxt mit meinem Benz durch LA rolle, während gleichzeitig drei Morde passieren, hat das mit der Realität herzlich wenig zu tun. Mann, man hat zwölf mal auf das Haus, in dem meine Eltern leben, geballert. Warum sollen wir solche Gewalt nicht in unserer Musik ausdrücken ?“
N.W.A.S Rapper lce Cube, MC Ren, DJ Yella und Dr. Dre, letzterer verantwortlich für die knallharten Beats, sind alle Anfang 20 und hatten früher ihre Finger im Drogengeschäft. Ähnlich wie Ice-T wissen sie, wovon sie reden. N.W.A. existieren seit 1986, gegründet vom fünften Mitglied Eazy E und Nachbar Dr. Dre, ehemals verrückter DJ der World Class Wreckin Crew. Eazy E, der eine erfolgreiche, allerdings auch durch und durch versaute Solo-LP auf seinem Drogen-finanzierten Label ,,Ruthless Records“ veröffentlichte, weilt gerade in Las Vegas, um ein paar Steuern zu sparen. „Ich denke, darüber sollten wir auch ein Rap machen“, lacht lce Cube. „Rapper machen heute ne Menge Kohle, wir sollten ihnen mal ein paar Steuertricks erzählen. Yeah, that’s the real dope, man!“