Frey like an eagle
Lange hat er gegrübelt, ob er die Eagels nun noch mal flattern lasse oder nicht. Heute weiß Glenn Frey, daß er solo sicherer fliegt.
Er hat ausgesorgt, der 43jährige Ex-Eagle. Im vergangenen Jahr brach er in der Musikmetropole Los Angeles alle Zelte ab und zog sich nach Aspen/Colorado zurück — ein Mekka für Wintersportler, eine Künstler-Kolonie und ein Zufluchtsort für Reiche und Superreiche aus aller Welt. Nicht von ungefähr parkt auf Aspens beschaulichem „International Airport“ eine ganze Flotte von Lear-Jets. die für gelegentliche Ausflüge in die Business-Welt bereitstehen.
Freys Mad Dog Ranch liegt in den Bergen, weit abgeschieden vom Touristen-Trubel. Hier wohnt der Musiker zusammen mit Frau und Töchterchen Taylor Marie. Einer seiner wenigen Nachbarn ist Gonzo-Journalist Hunter S. Thompson; und da in der High Society der Kleinstadt Aspen jeder jeden kennt, schaut Mr. „Angst und Schrecken in Las Vegas“ schon mal zu trunkenen Monologen im Büro von Freys Manager vorbei.
„Aspen ist eins der letzten Paradiese in den USA — ein junger Ort, an dem man gut alt werden kann“, erklärt Frey, der schon vor dem endgültigen Umzug Aspen-Fan war. Seit genau 21 Jahren: „1971 hatten wir hier mit den Eagles unsere allerersten Auftritte, weil unsere Manager schlauerweise vermeiden wollten, daß unser Live-Debüt vor den Augen der Medien in LA stattfand.“ Von seinem ersten Tantiemen-Scheck, den er 1975 für den Eagles-Hit „Best Of My Love“ kassierte, kaufte sich Frey in Aspen ein — „zum Glück konnte ich mir in Los Angeles nichts Vergleichbares leisten!“ Richtig zur Heimat wurde Aspen jedoch erst, als sich Frey auf einem Neben-Grundstück ein eigenes Studio baute, das er von seiner Feudal-Villa aus mit einem kleinen Spaziergang am privaten Gebirgsbach entlang erreichen kann.
Hier bastelte er zusammen mit Keyboard-Wizard Jay Oliver seine vierte — und bisher beste — Solo-LP „Strange Weather zusammen. Das Album läßt ahnen, wie wohl die Eagles in den yüern geklungen hätten — eingängige Ohrwürmer mit ausgeklügelten Harmoniegesängen und geschmackvollen Gitarreneinlagen. „Ich habe es wirklich genossen — endlich durfte ich mal alle Gitarren-Parts selbst spielen. Bei den Eagles war ich nämlich nur der drittbeste von vier Gitarristen, wobei der vierte einer der Roadies war“, sagt Frey, der seine instrumentalen Limitationen für einen Vorteil hält: „Ich habe als Gitarrist zum Glück nicht genug auf dem Kasten, um mir selbst im Weg zu stehen. „
Gleichzeitig hat „Strange Weather“ mehr Biß als die weichgespülten Eagles-Klassiker der 70er Jahre. In gewisser Weise ist sein jüngstes Werk für Frey eine Rückkehr zu seinen R&B-Wurzeln, denn vor den Eagles rockte er in Detroit ab, zeitweise zusammen mit Bob Seger.
„Mein Freund Bob hat die knappste Erklärung parat, warum die Eagles vor zwölf Jahren auseinanderbrachen“, erzählt Frey. „Ersagt’s in zwei Worten: Hotel California! Nach diesem Mega-Hit verspürten wir einen solchen Erfolgszwang, daß die folgende LP ein Gewaltakt wurde. Es machte einfach keinen Spaß mehr — deshalb hörten wir auf!“
Als Frey vor ein paar Jahren gegenüber dem langjährigen Eagles-Manager Irv Azoff andeutete, er könne sich eine Reunion-Tour vorstellen, kümmerte sich Azoff sofort um lukrative Deals. Etwas zu voreilig, denn die Versuche von Frey und Don Henley, gemeinsam neue Songs zu schreiben, gingen in die Hose. „Manchmal kann man einfach die Vergangenheit nicht wieder aufleben lassen. Als wir uns zum Songschreiben in Klausur begaben, hatten wir genauso schlechten Karten wie beim letzten Eagles-Album. Der Druck war zu groß.
Es ist so, wie wenn man sich mit einer Ex-Freundin zum Abendessen trifft und annimmt, mittlerweile sei genug Zeit verstrichen, und man könne versuchen, wieder von vorn zu beginnen. Aber so etwas klappt in der Realität einfach nicht!“