Natacha Atlas
Transglobal Underground-Sängerin Natacha Atlas in Orient und Okzident
Atlas ist laut Lexikon entweder eine Sammlung von Landkarten oder ein Gebirge in Marokko oder der Bruder des Prometheus, der das Himmelsgewölbe trägt (oder – ganz nebenbei – der oberste Halswirbel der Wirbeltiere). Auf jeden Fall ist es ein vieldeutiger, bunter Begriff. „Dieser universelle Name paßt sehr gut zu mir“, sagt Natacha Atlas, die vor 30 Jahren als Tochter einer Engländerin und eines Arabers in Brüssel zu Welt kam.
Natacha hat gerade ihr erstes Solo-Album ‚Diaspora‘ veröffentlicht, auf dem sich verschiedene kulturelle und ethnische Einflüsse finden: So treffen arabische Texte auf moderne Dance-Beats britischer Prägung, denen traditionelle, arabische Instrumente wie die Oud oder indische Tablas beigemischt wurden. Aber weit gefehlt, wer nun meint, hier sei eine neue Ofra Haza am Werk. Denn: ‚Diaspora‘ schmückt sich nicht mit fremdländischen Federn, sondern bietet eine organische Form von Dance-Musik, die in Orient und Okzident gleichermaßen zuhause ist.
Frau Atlas‘ Alleingang ist die vorläufige Krönung einer reichlich verschlungenen Karriere. Die begann mit gelegentlichen Auftritten in arabischen Nachtclubs, bevor der Zufall Natacha mit den Gründern des Londoner ‚Nation‘-Labels bekannt machte. Label-Chef Aki Nawaz (Paki-Rapper bei Fun-Da-Mental) stellte sie Ex-PIL-Punk Jah Wobble vor, der sie in seine Ethno-Band The Invaders Of The Heart nahm und einige Jahre auch ihr Lebensgefährte war. Nach der Trennung von Wobble („Wir sind im Streit auseinandergegangen, aber jetzt sind wir wieder Freunde“), heuerte sie als Sängerin bei Transglobal Underground an, der wohl bekanntesten arabischen Dance-Band Englands. Noch heute ist sie festes Mitglied und betrachtet ihren Solo-Trip deshalb auch nur als Seitensprung. „Transglobal sind mehr Fun-orientiert, mein Album dagegen ist eine ernsthafte Annäherung an die arabische Musik“, sagt sie, die als Vorbild die ägyptische Sängerin Oum Kaisoum nennt: „Die Rolle der Frau ist nur solange eingeschränkt, solange du noch kein Star bist. Oum Kaisoum hat in Ägypten sogar Einfluß auf die Politik genommen!“.