Torsun Burkhardt (Egotronic): „Vor allem Jugendliche kann man mit Musik erreichen“
Zur Bundestagswahl wollten wir wissen: Was sagt die Musik über das Land aus, in dem sie entsteht? Wir haben Fragebögen an 150 deutsche Künstler verschickt. Hier die Antworten von Egotronics Torsun Burkhardt.
Zur Bundestagswahl 2017 wollten wir wissen: Wie viel sagt die Musik über das Land aus, in dem sie entsteht? Wie politisch ist deutscher Pop zwei Jahre nach „Wir schaffen das“? In einer Zeit, die geprägt ist von einer Rückkehr in nationalstaatliches Denken, von Europakrise, islamistischem Terror, Klimawandel und zunehmender gesellschaftlicher Spaltung.
Also haben wir Fragebögen an 150 deutsche Künstler und Künstlerinnen verschickt. 29 Antworten kamen zurück, eine davon von Egotronics Torsun Burkhardt.ME: Versteht Ihr Euch als Band als politisch? Schreibt Ihr politische Songs?
Egotronic/Torsun Burkhardt: Egotronic macht in erster Linie einfach nur Musik. Da ich allerdings nur über Themen singen will, die mich ernsthaft beschäftigen, geben eine ganze Menge meiner Songtexte meine politischen Positionen wieder. Ich beziehe so aktiv Stellung in politischen Debatten.
Schreibt Ihr politische Songs oder warum verzichtet Ihr darauf?
Politik war schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens und Musik ist einfach das Vehikel, durch das ich mich am besten artikulieren kann. Es lag also von Anfang an auf der Hand, das zusammenzubringen.
Können politische Inhalte in Songs tatsächlich etwas beeinflussen? Welche Wirkung können sie haben?
Ich glaube schon, dass man vor allem Jugendliche mit Musik erreichen kann. Mich zum Beispiel brachten Punk und Hardcore in die autonomen Zentren und somit in Kontakt mit antifaschistischen Gruppen und linker Politik. Das war prägend. Mit Egotronic geht es mir aber in aller erster Linie darum, dass ich mit angenehmen Leuten feiern will. Meine Texte wirken schon im Vorfeld wie ein Filter, der „besorgte Bürger“ davon abhält, uns gut zu finden und die Shows zu besuchen.
„Die aktuelle Entwicklung hat deshalb lediglich dazu geführt, dass mein Ton auf dem neuen Album um einiges schärfer wurde.“
Fühlt Ihr Euch durch die politischen Entwicklungen der letzten Zeit (Flüchtlingsentwicklung, erstarkender Nationalismus, Autokraten in politischen Führungen, Klimawandel usw.) herausgefordert, Euch künstlerisch oder als Personen, die im Licht der Öffentlichkeit stehen, politisch zu äußern?
Ich hab mich schon vorher klar positioniert, zumal vieles, was jetzt passiert, abzusehen war. Die aktuelle Entwicklung hat deshalb lediglich dazu geführt, dass mein Ton auf dem neuen Album um einiges schärfer wurde.
Status: Es ist kompliziert – der deutsche Pop und sein Verhältnis zu Politik und Gesellschaft
Eine ausführliche Analyse darüber, wie es um den deutschen Pop und sein Verhältnis zu Politik und Gesellschaft steht, findet Ihr im Essay von Torsten Groß im Musikexpress 10/2017, der am 14. September erschienen ist. Der komplette Text ist jetzt auch online nachzulesen:
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