Die Ärzte: Berlin, Mariannenplatz

Was für ein Geburtstag! Was für ein Fest! Ein runder Geburtstag, 15 oder 20 Jahre, je nach Zeitrechnung. Und ein rauschendes Fest, im Herzen von Kreuzberg, auf dem zentralen Mariannenplatz. Dort, wo zum 1. Mai traditionell Pflastersteine fliegen und Polizisten „Chaoten“ jagen – oder umgekehrt. Dort jedenfalls bedankt sich Deutschlands lustigste Punkpopband bei ihren Fans mit einem Fast-Free-Concert – schlappe sieben Euro kostet der Eintritt an diesem warmen Sommerabend, aber beschallen tun Die Ärzte dennoch halb Kreuzberg. So gesellen sich zu den zirka 35.000 zahlenden Gästen mindestens ebenso viele, die das Konzert in den Straßen und Kiez-Cafes verfolgen. Tatsächlich ist, was Gitarrist Farin Urlaub, Schlagzeuger Bela B. und Bassist Rodrigo Gonzalez so auf die Bühne bringen, ein dreistündiges Best-Of-Programm ohne Durchhänger. Besonders frenetisch werden Songs gefeiert, deren Entstehung zeitlich mit der der meisten Konzertgäste zusammenfallen dürfte – das Gros der Zuschauer ist deutlich jünger als 20 Jahre, die ältesten Weggefährten erreichen gerade runde 40 Lenze. „Jetzt kommt ein uraltes Lied. Aber das heißt nicht, dass es nicht fantastisch ist, denn es ist von uns“, ruft Farin Urlaub vor dem Stück „Grace Kelly“. Es folgen „2000 Mädchen“, „Blumen“, „Teenager-Liebe“ oder die Geschichte vom „lustigen Astronaut“. Den vollmundigen Titel „beste Band der Welt“ haben sich Die Ärzte schon Vorjahren selbst verliehen. Und diesem Abend beweisen sie mit Spielfreude und einem schier unerschöpflichen Repertoire, dass ihnen zumindest in Deutschland in Sachen Hit-Kompatibilität niemand etwas vormacht. Dazu kommt das notorische Gefrotzel zwischen Bela B. und Farin Urlaub. Nach der letzten Zugabe um Mitternacht ist plötzlich doch noch 1. Mai, erhellen brennende Plastik-Klohäuschen die Nacht, jagen Polizisten „Chaoten“. Nein, revolutionäre Pflastersteine sind keine geflogen. Es stand nur stundenlang beißender schwarzer Qualm in der Berliner Luft, Luft, Luft. www.bademeister.com