ABC – Düsseldorf, Philipshalle


Der weite Vorhang öffnet sich, sechs Streicher spielen eine minutenlange Ouvertüre. Dann endlich erscheinen die übrigen Musiker in tadellos sitzenden schwarzen Anzügen auf der Bühne, die in ihrem Aufbau stark an Relikte altgriechischer Tempelbauten erinnert. Sänger Martin Fry badet sichtlich im freundlichen Empfang, bevor er mit dezentem Beckenschwung in den ersten ABC-Song hineintanzt.

Doch der Sound ist derart baßlastig, daß außer dem Bassisten und dem permanent auf seinen Baßdrums hämmernden Schlagzeuger kaum jemand detailliert zu hören ist Die Gitarrensoli erkennt man nur daran, daß Mark White hell angestrahlt wird; Martin Fry’s Chancen, sich gegen die Übermacht von Rhythmus durchzusetzen, sind annähernd Null. Wirklich gut herüber kommen in dem gerade 75minütigen Auftritt der insgesamt 16 Mitwirkenden allenfalls die Titel „Tears Are Not Enough“ und „Look Of Love“. Doch selbst hier wird vom Publikum höchstens sporadisch applaudiert, von einer ausgelassenen Tanzstimmung kann bei der doch ziemlich sterilen Show keine Rede sein.

Überraschend ist lediglich der mittlere Teil des Konzerts, in dem man endlich mehr von Fry’s (anscheinend mit technischen Tricks aufgepäppelter?) Stimme vernehmen kann Zu einer jazzig angehauchten Piano-Begleitung singt er zwei Titel, u.a. „Poison Arrow“ in einer stark veränderten Version, was ihm einige Teile des zwischen Begeisterung und Enttäuschung schwankenden Publikums offensichtlich übel nehmen.

Aber dann! Im dritten Teil der Show präsentieren sich ABC in goldglänzenden Gewändern – das Spektakel ist komplett! Trotz dünner Stimme kann sich Marty Fry so in den Mittelpunkt des Interesses schieben: Er legt eine Show auf die Bretter, die man einfach nicht ernst nehmen kann. Immer in Bewegung, gefährdet nur durch die Tanzschritte seines Saxophonisten Stephen Singleton, gleitet er wie ein schmachtender Nachwuchs-Gigolo über die Bühne so weit es sein Anzug zuläßt Klar, daß von soviel Schönheit jedes Kameraobjektiv geblendet worden wäre, weshalb die Ordner vor dem Konzert sämtliche Fotografen zurückwiesen. Vielleicht wollten ABC aber auch nur verhindern, daß ein verschwitzter Martin Fry mit verlaufener Schminke publik würde.

Zur knapp 15minütigen Zugabe präsentiert Fry dann sein pechschwarzes, mit Goldstickerei verziertes Hemd und – weil das Repertoire anscheinend erschöpft ist den bereits beim erstenmal überzeugenden „Look Of Love“. Trotz inzwischen stürmischen Beifalls gibt es über eine zweite Zugabe keine Diskussion, grelles Neonlicht beendet abrupt diese 26 Mark teure musikalische Modenschau.