About Group über Humor in der Musik


Eine Allstar-Band möchten About Group, die jetzt ihr zweites Album Start And Complete veröffentlichten, nicht sein. John Coxon, Alexis Taylor und Co. machen Freejazz-Groove-Pop-Experiment-Grenzgänger-Musik. Das ist vollkommen ernst gemeint.

Herr Taylor, es heißt, für die neue Platte hätten Sie sich einfach einen Tag lang in den Abbey Road Studios eingeschlossen und Ihre Kollegen Songs einspielen lassen, die sie vorher noch nie gehört hatten. Das klingt nach einem großen Spaß.

Taylor: Ich habe kürzlich einen furchtbaren Bericht über uns gelesen. Da stand in etwa: Ich, der Typ von Hot Chip, hole sich diese coolen Improvisier-Talente, um mal richtig die Kontrolle zu bekommen. Das ist aber Unsinn. Wenn irgendjemand sich nur ein bisschen mit der Diskografie von John auseinandergesetzt hat, Betty Boo, Spring Heel Jack und Spiritualized kennt, weiß er doch, dass das hier kein Spaß-Projekt ist.

Coxon: Die Leute scheinen eigenartige Ansichten über Improvisation zu haben. Sie denken, es sei minderwertige Musik. Deswegen gehen sie davon aus, dass wir die About Group aus Langeweile machen würden. Um uns auszutoben. Aus Fun.

Ich dachte an magische Momente. An Blicke, die sich treffen, wenn etwas besonders schön klingt. Ein Lächeln.

Coxon: Man muss zuhören, das passiert unbewusst. Aber ein Lächeln, das man austauscht. Ach, hören Sie doch auf. Musiker, die auf der Bühne oder im Studio auf so eine plumpe Art kommunizieren, sind doch das Letzte.

Inwiefern?

Coxon: Das macht mich krank. Dieses Angrinsen, das ist doch widerlich. Das riecht doch nach ekelhaftem Progressive Rock. Das ist Verbrüderung, Kameraderie. Bruce Springsteen macht so etwas. Wissen Sie, wenn ich mit Spiritualized spiele, beobachte ich manchmal kurz Jason Pierce. Ich bewundere ihn sehr. Aber im Prinzip spielen wir mit ihm. Er spielt nicht mit uns, deshalb findet an sich wenig Konversation statt. Und wenn er sich so bewegt, oder wenn ich seine Füße sehe, seine Füße in diesen alten Converse-Schuhen, wie die so den Rhythmus halten, nein, das ist furchtbar. Das hasse ich. Das will ich nicht sehen.

Aber warum?

Coxon: Ich möchte nicht denken: ach, wie nett. Ich möchte nicht, das Musik und Spaß irgendwie kombiniert werden. Ich möchte kein Gelächter, ich möchte keine Ironie, ich möchte keine bedeutungsschwangeren Blicke. Ich will, dass meine Musik wunderschön und verdammt noch mal kraftvoll ist.

Taylor: (leise) Ich verstehe John schon. Aber ich mag Humor. Vielleicht nicht direkt in der Musik, aber schon in Verbindung damit. Ich lache, wenn jemand eine schöne oder eine völlig absurde Ansage macht. Und ich mag diese Kombination aus traurigen Songs und Humor, die man manchmal bei Songwritern sieht. Will Oldham ist einer, der das gut kann. Aber ich mag keine offensichtlich witzigen Bands. Künstler, die ihren Humor vor sich her tragen und damit scheitern. Frank Zappa. Ekelhaft.

Coxon: Ich hasse Frank Zappa.

Herr Taylor, es herrscht die allgemeine Annahme, dass Sie ihren Kleidungsstil, das ganze Auftreten der Band Hot Chip, mit einer gewissen Ironie zelebrierten.

Taylor: Ein Kollege von Ihnen fragte vorhin: „Sie sind aber schon Nerds, oder?“ Ich denke mir da immer: Na und? Als ich das letzte Mal Will Oldham sah, trug er eine Schlafanzughose und Flip-Flops. Natürlich musste ich schmunzeln. Weil er eine Type ist. Der Narr. Das hat eine lange Tradition in der Unterhaltung und kann Ernsthaftigkeit aufbrechen, das war schon bei Shakespeare und seinem „King Lear“ so. Vielleicht war das einer unserer Ansatzpunkte. Aber manchmal denke ich mir: Wenn ich einen bunten Haarreif trage oder pinke Chinos von Ralph Lauren, dann trage ich das eben. Und ich fühle mich angegriffen, wenn jemand mich deshalb doof anmacht oder laut loslacht. Was hilft es den Menschen, mich über meinen Haarreif zu definieren?

Haben Sie selbst eine Erklärung?

Taylor: Ich bin nicht der Größte. Und wenn Sie im Pub stehen, um Sie herum nur so richtige Kerle, dann ruft das bei denen vermutlich irgendeine Reaktion hervor. Neulich waren John und ich in einem Pub in London. Wir trugen beide die gleichen Brillen. Die Leute tuschelten, hielten uns vermutlich für einen Comedy-Act.

Herr Coxon, gibt es irgendwelche Musik, die sie lustig finden? Oder etwas Musikverwandtes?

Coxon: Es gibt einen Clip zu einem Animal-Collective-Song. So ein Comic-Video. Das ist recht witzig. Dabei hasse ich eigentlich Musikvideos. Musikvideos sind doch wirklich Blödsinn.

Albumkritik ME 0611

Die Band About Group gründete sich 2009 mit Alexis Taylor, John Coxon, Charles Hayward, Pat Thomas. Alle Mitglieder spielen auch in anderen Bands, wie This Heat, Hot Chip oder Spiritualized. In der neuen Konstellation spielen sie Improvisationsmusik mit Song-Struktur-Anleihen und Elektro-Elementen. Die Songs schreibt Alexis Taylor. Bisher spielte die Band auf dem Glastonbury Festival oder im Vorprogramm von Gang Gang Dance. Ihre zwei Alben erschienen auf Domino Records.